Kneipen-Wirte reagieren entsetzt auf neue Lockdown-Beschlüsse der Regierung
Tobias Epping und Ragnar Fleischmann können es nicht fassen. Die beiden Bonner Kneipiers haben am Mittwochabend gemeinsam die Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach der Abstimmung mit allen Ministerpräsidenten zu neuen Corona-Maßnahmen verfolgt und so quasi aus erster Hand die schlechte Botschaft erfahren: Sie müssen ab dem 2. November ihre Lokale schließen.
Bund und Länder wollen mit dieser und zahlreichen weiteren Maßnahmen versuchen, die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Sie schränken mit ihren Beschlüssen im November das öffentliche Leben und private Treffen drastisch ein, Restaurants, Theater, Kinos und Fitnessstudios werden geschlossen.
Epping überzeugt diese Argumentation jedoch nicht. „Es wird eine Katastrophe sein, nicht nur für uns wirtschaftlich, sondern die Menschen haben nicht mehr den Respekt und die Angst, gerade die jungen Menschen, das habe ich jetzt schon mitbekommen“, sagt der Kneipen-Besitzer, der nach dem ersten Lockdown viel Geld in die Hand genommen hatte, um durch weitreichende Hygienemaßnahmen den Besuch seines Lokals für die Gäste so sicher wie möglich zu machen.
Vor zwei Wochen war bereits von den Behörden die Anzahl der Gäste von Gruppenfeiern auf zehn begrenzt und eine Sperrstunde ab 22 Uhr eingeführt worden. Daraufhin hätten viele Gäste ihre geplanten Geburtstagsfeiern storniert.
„Leute, die hier mit zehn Leuten, also mit der Maximal-Anzahl, feiern wollten, haben es aufgrund der Sperrstunde, die ja jetzt auch relevant ist, gecancelled, feiern zu Hause mit 20 Leuten in der WG-Küche, wo keine Lüftung ist. Man sieht hier, durch den ganzen Laden zieht sich die Lüftung, überall Hygienekonzepte, überall die Abstandsregelung. In der WG-Küche nichts dergleichen, und es kann mir keiner erzählen, dass die Leute wirklich den Regelungen nachkommen. Sie werden noch und nöcher gebrochen“, fürchtet Epping.
Wie lange er sein Geschäft unter den gegebenen Bedingungen noch halten kann, ist fraglich. „Man muss abwarten, ob staatliche Hilfen kommen, man muss gucken, wie viel man auf die Seite gepackt hat, wer da wie lange noch die Mieten zahlen kann, man muss mit den Verpächtern reden“, beschreibt er die Aufgaben, die jetzt vor ihm und seinen Kollegen liegen. „Ich glaube, sehr oft wird es nicht reichen, um auch nur einen Monat zu überbrücken oder zwei Monate ohne staatliche Hilfen. Viele Kollegen wird das auf jeden Fall die Existenz rauben. Mir vielleicht auch.“
„Purer Aktionismus von Seiten der Regierung“
Auch sein Kollege Ragnar Fleischmann, Besitzer der Kneipe „Nyx“ ist verärgert.
Ich ärgere mich total, dass es keine nachhaltige Politik darstellt. Es ist purer Aktionismus von Seiten der Regierung, der Ministerpräsidenten“, sagt er.
„Wir machen jetzt, wir ziehen diesen Lockdown durch, um Weihnachten feiern zu können, und nach Weihnachten werden die Zahlen halt wieder nach oben gehen, und dann werden wir über den nächsten Lockdown reden müssen.“
Nach den Beschlüssen von Bund und Ländern soll auch auf private Reisen selbst zu Verwandten verzichtet werden. Hotels und Ferienunterkünfte dürfen keine Touristen aufnehmen. Die Bevölkerung soll bis Ende November Kontakte außerhalb des eigenen Haushalts „auf ein absolut nötiges Minimum“ reduzieren. Private Feiern mit Angehörigen von mehr als zwei Hausständen seien „inakzeptabel“. Schulen und Kindergärten bleiben dagegen geöffnet, ebenso der Einzelhandel. Begleitet werden soll dies von massiven finanziellen Hilfen für die betroffenen Branchen. (reuters)
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