„Klingt brutal und ist es auch“: KI ersetzt Stellen bei „Bild“ – Regionalausgaben schließen
Einen radikalen Kahlschlag hat die Chefredaktion der „Bild“ ihren Mitarbeitern angekündigt. In einer E-Mail an die Belegschaft der Kernmarke des Axel-Springer-Konzerns ist die Rede von einem radikalen Umbau. So soll es künftig nur noch zwölf statt 18 Regionalausgaben geben. Zudem will man wesentliche Funktionen, die mit der Produktion der Printausgaben verbunden sind, künftig an KI übertragen.
In dem Schreiben, das in der Folge mehreren Medien zugegangen ist, heißt es unter anderem:
Wir trennen uns von Produkten, Projekten und Prozessen, die wirtschaftlich nie wieder erfolgreich werden können.“
Layout von „Bild“ künftig von KI übernommen
Auch Führungsebenen sollen von der „Verschlankung“ nicht ausgespart bleiben. Genaue Details muss Springer noch mit dem Betriebsrat von „Bild“ klären. Man bemühe sich, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, heißt es in dem Schreiben. Das „Handelsblatt“ geht jedoch auf der Grundlage eigener Recherchen von einem Stellenabbau in dreistelliger Höhe aus.
Es sollen im Grunde alle Funktionen wegfallen, die „aus der Papierwelt kommen“. Das Layouten der gedruckten Zeitung, die perspektivisch als Auslaufmodell gilt, soll künftig die KI übernehmen. Funktionen wie Redaktionsleiter, Blattmacher, Korrektoren, Sekretariate und Foto-Redakteure werde es „so wie heute nicht mehr geben“. Man trenne sich von Kollegen, deren Fähigkeiten sich durch KI ersetzen ließen. Dazu gehöre auch das Aufbereiten von Videos und Podcasts.
„Bild“-Chefredakteurin Marion Horn schreibt: „Das klingt brutal und das ist es auch.“ Sie ist seit dem Komplettumbau der Führungsspitze im März Vorsitzende der Chefredaktion des Blattes und der „Bild am Sonntag“. Der frühere „Focus“-Chefredakteur Robert Schneider assistiert ihr. Bereits 2024 soll die Umstrukturierung abgeschlossen sein.
Verlag arbeitet bereits an „Freiwilligenprogramm“
Derzeit, so das „Handelsblatt“, erziele das Blatt erst weniger als 20 Prozent seines Umsatzes mit digitalen Inhalten. Die neuen Verantwortlichen hätten keine Erfahrung im Digitalgeschäft. Allerdings sollen die jetzigen Maßnahmen Konzernchef Mathias Döpfner helfen, bei „Bild“ und „Welt“ bis 2025 rund 100 Millionen Euro einzusparen.
Döpfner hatte erklärt, dieses Ziel „durch Umsatzsteigerungen, aber auch durch Kostenreduzierungen“ erreichen zu wollen. Nun strebe man ein „Freiwilligenprogramm“ in Zusammenwirken mit dem Betriebsrat an, um den Stellenabbau in Gang zu bringen.
Zudem werde man im Zuge einer „wirtschaftlichen Optimierung der Flächen“ auch Standorte einsparen. Ein Drittel der bestehenden Regionalbüros werde nur noch bis zum Jahresende bestehen. Eine Bestandsgarantie gebe es lediglich für die Lokalredaktionen in Hamburg, Leipzig, Essen, Frankfurt/Main und München. Beschäftigte werden zudem künftig vermehrt aus dem Homeoffice arbeiten.
Döpfner sieht Zukunft für „Bild“ und „Welt“ nur in „digital only“
„Bild“ und „Welt“ zählten bereits seit Längerem zu den Sorgenkindern des Verlags. Die Umsätze gingen stetig zurück – als gewinnbringend erwiesen sich zuletzt redaktionsferne Projekte wie die Plattformen für Jobs und Immobilien.
Der „Deutsche Journalisten-Verband“ (DJV) wirft Döpfner dennoch vor, dieser wolle „die Milchkuh des Konzerns schlachten“. DJV-Chef Frank Überall hält dies für „nicht nur unsozial gegenüber den Beschäftigten, sondern wirtschaftlich extrem dumm“. Er fordert den Konzern dazu auf, Betroffenen alternative Arbeitsplätze anzubieten.
Der Axel-Springer-Verlag will seine Leitmedien hingegen auf „digital only“ umstellen. Künftig möchte man Beiträge primär für das Onlineformat aufbereiten und erst daraus das Printformat bestücken. Mittelfristig soll die Printausgabe der Vergangenheit angehören. Es soll mehr Berichte aus den Länderparlamenten geben, die Sportberichterstattung soll unangetastet bleiben. Zudem will man neue Ressorts für „Wirtschaft & Finanzen“ und „Wissenschaft & Forschung“ gründen.
Reuters und Gannett wollen KI „nur unter menschlicher Aufsicht“ integrieren
Seit dem Triumphzug des KI-Bots „ChatGPT“ hat die Debatte um die Zukunft von Medien im Zeitalter Künstlicher Intelligenz wieder an Schärfe gewonnen. Die US-Verlagsgruppe Gannett und die Nachrichtenagentur „Reuters“ wollen einen anderen Weg gehen als Axel Springer.
Wie die englischsprachige Epoch Times berichtet, wollen beide zwar KI in ihre Produktion von Beiträgen einbeziehen, allerdings „nur unter menschlicher Aufsicht“. „Reuters“ zitiert Renn Turiano, Senior Vice President und Head of Product bei Gannett, mit der Aussage:
Der Wunsch, schnell zu sein, war für einige der anderen Nachrichtenplattformen ein Fehler. Diesen machen wir nicht.“
Barry Diller, Mitgründer der „Fox Broadcasting Company“, sagt hingegen eine „enorme Zerstörung“ innerhalb der Nachrichtenredaktionen durch KI voraus. Auf dem Sir Harry Evans Global Summit on Investigative Journalism verglich Diller deren Auswirkungen mit dem Effekt von Online-Nachrichten auf die traditionelle Medienbranche.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion