Je niedriger die Zinsen, desto mehr Firmen können aufgekauft werden

Niedrige Zinsen sind wie ein Subventionsprogramm für aggressive Käufer von Unternehmen. Der Schaden für die Wirtschaft ist enorm.
Nicht mehr möglich den Betrieb aufrechtzuerhalten: „Wir schliessen. Alles muss raus.“
Die Zahl der Unternehmenspleiten steigt.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 13. August 2023

In der heutigen Welt spielt Geld für Unternehmensaufkäufer fast keine Rolle. Es entsteht durch eine nahezu unerschöpfliche Kreditvergabe. Dieses Überangebot lässt die Zinsen unter das natürliche Niveau fallen, das sich bei einem Marktzins einstellen würde.

Unternehmen expandieren heutzutage also nicht mit ersparten oder erwirtschafteten Mitteln, sondern mit billigem Geld in Form von fast zinslosem Kredit.

Erst durch diese Art der Expansion ist der heute anzutreffende Konzernzentralismus extrem begünstigt worden. Ein natürlicher Marktzins erlaubt hingegen nur wirtschaftlich nachhaltiges Wachstum.

Niedrige Zinsen schaffen neue Begehrlichkeiten

Die Zinsen befinden sich historisch gesehen immer noch nahe der Tiefststände. Nehmen wir die zehnjährige Bundesanleihe als Maßstab, so gilt festzuhalten, dass der Zins für dieses Papier 1981 über elf Prozent betrug.

Seitdem und mit zunehmender Dynamik ging es bergab. Heute wird die besagte Anleihe mit 2,47 Prozent verzinst. Zwischenzeitlich gab es sogar Negativzinsen.

Die rückläufige Zinsentwicklung war nichts anderes als ein Subventionsprogramm für aggressive Käufer von Unternehmen und generell für Unternehmen mit hoher Fremdkapitalquote. Niedrige Zinsen schaffen Anreize, durch Kreditaufnahme andere Unternehmen und Konkurrenten aufzukaufen, um mehr Marktanteile zu generieren.

Niedrige Zinsen implizieren geringe Kapitalkosten. Je niedriger der Zins ist, desto mehr Unternehmen können aufgrund der dann tieferen Ertragsgrenze erworben werden. Es rechnet sich bei historisch niedrigen Zinsen folglich deutlich mehr, nur minimal profitable oder gar defizitäre Unternehmen aufzukaufen, um damit an Marktmacht zu gewinnen.

Die Politik der Zukäufe auf breiter Front wird eher von großen Unternehmen und Konzernen durchgeführt. In der Folge sehen wir eine zunehmende Zentralisierung der Wirtschaft und eine Tendenz zu Großunternehmen.

Geldverschlechterung als Tilgungsersatzmittel

Die aggressiven Unternehmenskäufer haben zudem die Gewissheit, dass sie mit dem Unternehmen einen Substanzwert (Sachwert) gekauft und sich in Nominalwerten verschuldet haben. Die fortlaufende Geldverschlechterung (Inflation gleich Ausdehnung der Geldmenge) hilft beim Tilgen dieser Schulden.

Bezogen auf den Euro-Raum wurde die Geldmenge von 1999 bis Ende 2022 von 4.667 Milliarden Euro auf über 16.000 Milliarden Euro ausgedehnt. Ein Euro von 1999 hat rein quantitativ betrachtet lediglich noch den Tauschwert von 29 Cent.

Geldverschlechterung durch Inflationierung der Geldmenge als Tilgungsersatzmittel stellt die erste Subventionssäule für die Großkonzerne dar. Die künstlich herabgesetzten Zinsen sind als zweite Subventionssäule zu sehen.

Geldsozialismus erschwert die Kalkulation

Aus der steigenden Geldmenge (Inflation) resultieren dann im Laufe der Zeit auch immer höhere Preise in den verschiedenen Märkten für Vorprodukte, Importwaren, einzukaufende Dienstleistungen und so weiter. Dieser Umstand erschwert die Kalkulation für alle Unternehmen und betrifft besonders die Unternehmen ohne Preisdurchsetzungsmacht.

Große Unternehmen setzen sowohl gegenüber kleineren Unternehmen als auch Verbrauchern höhere Preise recht rigoros durch.

Kleine und mittelständische Unternehmen hingegen befinden sich in einer anderen Wettbewerbssituation und pflegen oft engere persönliche Beziehungen mit ihren Kunden. Dieser emotionale Faktor erschwert zusätzlich die Durchsetzung höherer Preise.

Im weiteren Verlauf und bei großer Preisdynamik leidet die Marge der mittelständischen Unternehmen. Sie sind in ihrer Existenz bedroht und dann unter Umständen zum Verkauf oder zur Kooperation gezwungen. Selbstverständlich treffen auch permanent steigende Kosten für den Bürokratieerfüllungsaufwand die kleinen Unternehmen aufgrund niedrigerer Skaleneffekte überproportional. Eine nicht gelöste Nachfolgeregelung führt zudem bei immer mehr Familienunternehmen zum Verkauf des Betriebes.

Hohe Aggressivität der Hedgefonds schadet der Volkswirtschaft

Besonders schädlich sind die Übernahmegeschäfte durch Hedgefonds. Sie agieren sehr aggressiv, also mit extrem hohen Fremdkapitalquoten, und neigen auch dazu, die Unternehmen schnell durchzuhandeln, um zügig Gewinne zu realisieren. Bei diesen auch als Heuschrecken bekannten Finanzinstitutionen geraten die Übernahmekandidaten sehr schnell in extrem dynamische Hände.

Kurzfristiges Handeln, schnelle Geschäfte und Profitorientiertheit kennzeichnen die Aktionsweise professioneller Akquisitionsgesellschaften. Das ist auf breiter Front extrem schädlich für eine Volkswirtschaft und die Versorgungssicherheit leidet.

Welche Folgen resultieren aus diesen Entwicklungen?

Die Zentralisierung der Volkswirtschaft hin zu immer mehr großen Unternehmen häuft Klumpenrisiken an. Die Wirtschaft ist nicht mehr breit diversifiziert.

Es bilden sich Oligopole und möglicherweise in manchen Regionen sogar Monopole. Der Wettbewerbsdruck sinkt. Das führt mitunter zu Qualitätsverlusten und höheren Preisen. Signifikante Schuldenstände implizieren hohe Risiken für die gesamte Volkswirtschaft.

Die Wirtschaft verliert an Dynamik und Innovationskraft. Es kommt zu Wohlstandsverlusten. Gerade bei Familienunternehmen wird über mehrere Generationen gehandelt und gedacht. Diese langfristige Denkweise weicht einer kurzfristigen, bonitätsorientierten.

Den meisten mittelständischen Unternehmern sind die Auswirkungen des Geldsystems und der künstlich niedrigen Zinsen nicht bewusst. Der Zins funktioniert wie ein Kompass. Wenn er künstlich niedrig gehalten wird, befindet sich die Wirtschaft in der Orientierungslosigkeit. Ressourcen und Kapital werden fehlgeleitet.

Je länger sich diese Vorgänge vollziehen, desto mehr Schaden wird angerichtet – und desto mehr mittelständische Betriebe werden vom Markt verschwinden.

Über den Autor

Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann und Diplom-Wirtschaftsinformatiker. Er ist Vorstandsmitglied der Atlas Initiative, Mitglied der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft und begleitet aktiv einige andere freiheitliche Projekte wie das Free Economic Forum und den YouTube-Kanal „Der ökonomische IQ“. Im November 2021 veröffentlichte er das Buch Geldzeitenwende: Vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“.

Der Artikel erschien zuerst auf der Website Freiheitsfunken.info unter dem Titel: „Mittelstand in Bedrängnis“.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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