IWF befürchtet Zunahme sozialer Spannungen als Folge der weltwirtschaftlichen Lage

Der Internationale Währungsfonds glaubt nicht mehr an eine weltweite Rezession. Wirtschaftsinstitute erwarten eine Verbesserung der Situation allerdings erst 2024.
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Die wirtschaftlichen Prognosen für Deutschland sind düster.Foto: iStock/tang90246
Von 13. Januar 2023

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, befürchtet angesichts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage eine weitere Zunahme sozialer Spannungen weltweit. Schon jetzt seien deutliche Spannungen aus unterschiedlichen Gründen in Brasilien, Peru, Bolivien, Kolumbien und Großbritannien sichtbar, sagte Georgieva am Donnerstag, 12. Januar, in Washington (Ortszeit) gegenüber Agenturen. Wenn sich die derzeitige wirtschaftliche Lage auf die Arbeitsmärkte auswirke, könnten weitere Spannungen hinzukommen.

Spielraum für Entlastungen wird kleiner

Doch auch wenn die Weltwirtschaft sich 2023 schlechter entwickle als vom IWF zuletzt im Oktober prognostiziert, erweise sich der Arbeitsmarkt bislang als widerstandsfähig, führte die IWF-Chefin aus. Dies liege auch daran, dass die Regierungen schnell reagiert und den Menschen angesichts steigender Lebensmittel- und Energiepreise finanziell unter die Arme gegriffen hätten. Der Spielraum für solche Entlastungen verkleinere sich allerdings, warnte Georgieva.

Gefahr wachsender Schuldenlast

Die IWF-Chefin verwies zudem erneut auf die Gefahr, dass die Schuldenlast vieler Länder angesichts steigender Zinsen dramatisch wachse. Der Währungsfonds warnt bereits seit Monaten, dass etwa 60 Prozent der Schwellen- und Entwicklungsländer Gefahr laufen, in eine ernste Schuldenkrise zu stürzen.

Deswegen müsse bereits im Februar ein hochkarätiges Treffen zur Umschuldung stattfinden. Dabei sein müssten Vertreter der Hauptkreditgeber und der Privatwirtschaft, forderte Georgieva. Von einer weltweiten Rezession geht der IWF derzeit nicht aus.

Positive Impulse verspricht sich Georgieva unter anderem von China. Nachdem die Kommunistische Partei Chinas (KPC) unlängst ihre strikte Null-COVID-Politik aufgegeben habe, könne China zum weltweiten Wirtschaftswachstum beitragen.

Prognose korrigiert

Damit korrigiert der IWF offenbar seine Prognose vom Oktober 2022. „Das Schlimmste kommt noch. Und für viele Menschen wird sich das Jahr 2023 wie eine Rezession anfühlen“, sagte vor gerade einmal drei Monaten der IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas bei der Vorstellung der IWF-Konjunkturprognose in Washington.

Düster seien auch die Aussichten für Deutschland, berichtete Epoch Times. Die Wachstumsvorhersage senkte der IWF auf 2,7 Prozent und warnte vor einer globalen Rezession.

Es sei die schwächste Prognose seit rund 20 Jahren – mit Ausnahme der Vorhersagen während der Pandemie und der Weltfinanzkrise. Entscheidend sei nun, ob mit strenger Geldpolitik die Inflation zurückgehe. Allerdings könnten die hohen Zinsen eine Schuldenkrise in einkommensschwachen Ländern auslösen. Eine übermäßige strenge Geldpolitik berge auch das Risiko, die Weltwirtschaft in eine „unnötig harte Rezession zu stürzen“, so Gourinchas.

Rückgang der Wirtschaftsleistung

Für Deutschland prognostizierte der IWF im Oktober 2022 für 2023 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute hatten bereits vorhergesagt, dass Europas größte Volkswirtschaft in eine Rezession steuere.

Mehr als ein Drittel der Weltwirtschaft werde 2023 schrumpfen. In den drei größten Volkswirtschaften – den USA, der Europäischen Union und China – werde das Wachstum stagnieren. Die Energiekrise in Europa sei dabei „kein vorübergehender Schock“, warnte Gourinchas.

Die geopolitische Neuordnung der Energieversorgung vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine sei „umfassend und dauerhaft“. Der IWF-Chefökonom prophezeite: „Der Winter 2022 wird eine Herausforderung sein, aber der Winter 2023 wird wahrscheinlich noch schlimmer sein.“

Wohlstandsverluste über längeren Zeitraum

Finster sind auch die Vorhersagen führender Wirtschaftsinstitute, schrieb die „Westdeutsche Zeitung“ Ende September 2022. Sie sagen ebenfalls eine Rezession voraus – mit herben Wohlstandsverlusten über einen längeren Zeitraum.

„Die Hauptbelastung findet derzeit bei den privaten Haushalten statt, die einen massiven Kaufkraftverlust hinnehmen müssen. Und der wird sich im Laufe des nächsten Jahres noch verstärken“, sagte Torsten Schmidt vom Leibniz-Institut Wirtschaftsforschung bei der Vorlage des Herbstgutachtens führender Wirtschaftsforscher.

Die meisten Unternehmen dagegen könnten die Energiepreisschocks noch recht gut verkraften, da die Auftragsbücher gut gefüllt seien. Erst für 2024 sei mit einer nachlassenden Spannung auf den Energiemärkten zu rechnen. Dann werde sich auch die Wirtschaft erholen.

Politisch motivierte Unruhen

Politische Hintergründe haben die Unruhen in Peru und Brasilien: Seit der Verhaftung des peruanischen Präsidenten Pedro Castillo am 7. Dezember 2022 hat es laut „Tagesschau“ 39 Todesopfer bei Ausschreitungen gegeben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem linksgerichteten Castillo einen Putschversuch und Korruption vor.

In Brasilien haben vor knapp einer Woche Anhänger des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro in der Hauptstadt Brasília das Regierungsviertel gestürmt. Laut „Tagesschau“ nahm die Polizei 200 Menschen fest. Seit Bolsonaro bei der Stichwahl ums Präsidentenamt am 30. Oktober 2022 seinem Herausforderer, dem früheren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva unterlegen war, kommt es in vielen Städten des Landes zu Protesten.

 



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