IW-Studie: Ende der „heimlichen Steuererhöhung“ – aber nicht für Gutverdiener
Die Ampelregierung hat die sogenannte kalte Progression in der Einkommensteuer offenbar für alle Haushalte bisher vollständig ausgeglichen. Das zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der „Welt am Sonntag“ vorliegen.
Mit den von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für das kommende Jahr geplanten Steuersenkungen werde eine vollständige Kompensation der kalten Progression über die gesamte vierjährige Legislaturperiode erreicht, heißt es in der Studie.
Im Juli hatte die Bundesregierung umfassende Entlastungen für Steuerzahler beschlossen. Schon in diesem Jahr soll der Grundfreibetrag der Einkommensteuer um 180 Euro auf 11.784 Euro steigen. Im kommenden Jahr dann um weitere 300 Euro auf 12.084 Euro und 2026 um weitere 252 Euro auf 12.336 Euro.
„Wir bewahren die arbeitende Bevölkerung auch in den kommenden beiden Jahren vor schleichenden Steuererhöhungen“, erklärte Christian Lindner damals zum Beschluss.
Steuerliche Belastung wird konstant gehalten
Diese Maßnahmen sind eine Konsequenz aus der im Grundgesetz festgelegten Anhebung des steuerfreien Existenzminimums. „Solange wir für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch keinen Automatismus – keinen ‚Tarif auf Rädern‘ – haben, müssen regelmäßig die Gesetze angepasst werden“, erklärte Lindner. „Insgesamt werden wir Menschen und Betriebe um 30 Milliarden Euro entlasten.“ Allerdings müssen Bundestag und Bundesrat die Pläne der Bundesregierung im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung 2025 noch beschließen.
„Die Beseitigung der heimlichen Steuererhöhungen im Rahmen der kalten Progression ist zu begrüßen, weil damit die steuerliche Belastung zumindest konstant gehalten wird“, sagte IW-Steuerexperte Martin Beznoska im Hinblick auf seine Berechnungen der „Welt am Sonntag“.
Kalte Progression beschreibt das Phänomen, wenn die Einkommen nominal ansteigen, beispielsweise durch Gehaltserhöhungen, die Inflation jedoch gleichzeitig die Lebenshaltungskosten erhöht. Auch wenn das Einkommen steigt, bleibt die Kaufkraft aufgrund der höheren Preise gleich oder sinkt sogar. Wenn diese Einkommenserhöhung dann noch dazu führt, dass man in eine höhere Steuerklasse rutscht und höhere Steuern zahlt, hat man effektiv weniger vom eigenen Geld zur Verfügung, ohne dass sich die tatsächliche wirtschaftliche Situation verbessert hat.
SPD und Grüne wollen Gutverdiener nicht einbeziehen
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel, warnte in der „Welt am Sonntag“ davor, Gutverdienern die geplante Kompensation der kalten Progression vorzuenthalten. „Wenn SPD und Grüne die kalte Progression für die oberen Einkommensbezieher nicht abbauen wollen, sind sie in Wahrheit für Steuererhöhungen“, sagte Holznagel und fügte hinzu: „Dann sollten sie das den Wählern aber auch offen sagen.“
In der Vergangenheit hatten sich SPD und Grüne immer wieder dagegen ausgesprochen, Menschen mit hohem Einkommen weniger zahlen zu lassen. So hatte der Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, Andreas Audretsch, im April gegenüber der „Welt“ gesagt: „Priorität hat für uns die alleinerziehende Mutter, die arbeitet und am Ende des Monats doch nicht genug hat. Priorität hat für uns der Polizist, der für seine Familie auf ein gutes Kindergeld und gut ausgestattete Kitas angewiesen ist.“ Hingegen hätten „Steuersenkungen für die Reichsten des Landes keine Priorität“. Er sei „sicher“, so Audretsch, „das sehen auch viele Bank-Manager oder Anwältinnen so, die mit ihrer Arbeit sehr viel verdienen und finanziell bestens dastehen“.
Ähnlich äußerte sich damals auch der finanzpolitische SPD-Fraktionssprecher Michael Schrodi in der „Welt“. „Die anhaltende Inflation macht erforderlich, dass wir in diesem Jahr die arbeitende Mitte entlasten“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete. „Es ist nur folgerichtig, dass der steuerliche Grundfreibetrag steigt.“ Das sei „verfassungsrechtlich geboten“ und entspreche „dem notwendigen Anstieg des Bürgergelds“. Und die kalte Progression müsse „ausgeglichen werden“, sagte Schrodi – „aber nicht, wie nun im Raum steht, über eine Entlastung von Spitzenverdienern, sondern die von Arbeitnehmern der Mitte“.
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