Internationale Energieagentur (IEA): Atomenergie gewinnt weltweit erneut an Bedeutung

Die Kernenergie erlebt weltweit ein Comeback: Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) steigt die Nachfrage nach Atomstrom auf ein Niveau, das seit der Ölkrise der 1970er Jahre nicht mehr erreicht wurde. Mehr als 40 Länder möchten ihre Kapazitäten ausbauen. Elektromobilität und Künstliche Intelligenz steigern den Bedarf an Elektrizität.
Das Kernkraftwerk Emsland. Die Internationale Energieagentur (IEA) misst der Kernkraft beim Klimaschutz eine Schlüsselrolle zu.
Das Kernkraftwerk Emsland in einer früheren Aufnahme. Die Internationale Energieagentur (IEA) misst der Kernkraft beim Klimaschutz eine Schlüsselrolle zu.Foto: Sina Schuldt/dpa
Von 16. Januar 2025

Die Internationale Energieagentur (IEA) geht von einer weltweit erheblich steigenden Bedeutung der Kernenergie aus. In Paris erklärte der Chef der Vereinigung, Fatih Birol, gegenüber „Reuters“, die Nachfrage sei so hoch wie seit der Ölkrise der 1970er Jahre nicht mehr. Zugleich werde die Nachfrage nach Öl in verhältnismäßig geringerem Maße ansteigen – allerdings, ohne signifikant sinkende Preise nach sich zu ziehen.

Elektromobilität und Rechenzentren steigern den Strombedarf

Weltweit wollten mehr als 40 Länder ihre Ressourcen im Bereich der Kernenergie ausbauen, heißt es in einem am Donnerstag, 16.1. veröffentlichten Bericht. Dabei wird das Wachstum an installierten Kapazitäten in China bis 2030 sogar jenes in den USA übersteigen. Derzeit befinden sich weltweit 63 Reaktoren im Bau, die mehr als 70 Gigawatt an Kapazität aufweisen.

Etwa die Hälfte davon entfalle auf China. Aber auch die USA, Indien, Russland, die Türkei, Frankreich, Japan und Südkorea gehörten zu den Ländern, die auf einen Ausbau setzten. Allein in den Jahren seit 2020 hat es weltweit einen 50-prozentigen Anstieg der Investitionen im Bereich der Kernenergie gegeben.

Mittlerweile vollziehen sich zehn Prozent der weltweiten Stromerzeugung aus der Kernkraft, was diese zur zweitgrößten emissionsarmen Energiequelle nach der Wasserkraft mache. Der wesentliche Treiber des Ausbaus von Kernenergie ist der wachsende Bedarf an Elektrizität. Für diese sorgen unter anderem die Produktion und Verwendung von Elektroautos oder der Bau von Rechenzentren sowie die Verwendung künstlicher Intelligenz.

Ausbau der Kernenergie benötigt auch private Investoren

Eine Chance zur Erzeugung ausreichender bezahlbarer Energie sind dem Bericht zufolge kleine modulare Reaktoren (SMRs). Diese könnten in der westlichen Welt zu einer Schaffung zusätzlicher Kapazitäten von etwa 80 Gigawatt bis 2040 beitragen. Allerdings müssten die Kosten dafür auf ein ähnliches Niveau wie bei großen Wasserkraft- oder Offshore-Windkraftprojekten sinken.

Bis Ende des Jahrzehnts wären dafür jedoch Investitionen in Höhe von etwa 25 Milliarden Euro erforderlich. Dies wäre das Fünffache des derzeitigen Volumens. Bis dato sei die Finanzierung von Projekten im Bereich der Kernenergie vorwiegend durch staatliche Mittel erfolgt. Es komme nun darauf an, auch private Investoren zu mobilisieren. Weltweit müssten sich die Investitionen bis 2030 auf rund 117 Milliarden Euro verdoppeln, um einen schnellen Ausbau zu gewährleisten.

Es gäbe auch Interesse vonseiten privater Investoren, Großbanken und Technologieunternehmen, um beispielsweise die Kernenergie in Europa auszubauen, heißt es im Bericht. Allerdings setze dies den politischen Willen der Regierungen voraus, die Risiken für diese zu senken. Dies wäre etwa denkbar durch garantierte Verträge und weniger Regulierung.

Mit 420 Reaktoren weltweit werde die Kernenergie 2025 so viel Strom erzeugen wie nie zuvor, macht die IEA deutlich. Allerdings hemmten Verzögerungen und Kostensteigerungen bei der Modernisierung von KKW den Ausbau in Ländern wie den USA oder Frankreich.

Nachfrage nach Öl steigt weniger stark als prognostiziert

Während die Nachfrage nach Elektrizität weiter stark steige, sei im Bereich des Rohöls mit einem weniger steilen Anstieg zu rechnen. Die IEA senkte ihre vorhergehende Prognose von 1,08 auf 1,05 Millionen Barrel pro Tag. Diese Entwicklung sei vor allem auf die größere Bedeutung der Elektromobilität zurückzuführen, aber auch auf eine größere Effizienz von Verbrennermotoren.

Im Vorjahr hat das Wachstum der Nachfrage durchschnittlich 0,94 Barrel pro Tag betragen. Mittlerweile sorgten bessere konjunkturelle Aussichten und etwas niedrigere Preise für eine stärkere Nachfrage gegenüber dem Vorjahr.

Mit weiter sinkenden Preisen aufgrund einer Nachfrage, die weniger stark ansteigt als erwartet, rechnet die IEA jedoch nicht. Der Westen halte durch Sanktionen gegen Russland die Preise nach wie vor hoch. Nach der Amtsübernahme durch den designierten Präsidenten Donald Trump in den USA könnten Sanktionen gegen den Iran dazukommen.

Deutschland: Frankreich und die Schweiz als wichtigste Lieferanten von Strom aus Kernenergie

Ein Faktor, der die Nachfrage steigert, ist der IEA zufolge auch ein vergleichsweise kalter Winter in den USA und Europa. Dieser falle auf der Nordhalbkugel bislang kälter als gewöhnlich aus. Sowohl in Europa als auch in den USA liegen die Temperaturen demnach unter dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

Deutschland lehnt aus ideologischen Vorbehalten heraus die Kernenergie ab und hat 2023 die letzten Kraftwerke abgeschaltet. Im selben Jahr importierte Deutschland etwa 16,6 Terawattstunden Atomstrom, was 3,6 Prozent des deutschen Stromverbrauchs entsprach. Der Anteil der Kernenergie am deutschen Energieportfolio ist zwar in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. An Tagen, da heimische Quellen für die Bedarfsdeckung nicht ausreichen, spielen Importe aus Frankreich oder der Schweiz jedoch weiterhin eine erhebliche Rolle.

 



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