Insolvenzgefahr bei größtem deutschen Agrarkonzern – Solargeschäft mündet in Aktiencrash

Obwohl die Situation für den größten deutschen Agrar- und Baustoffhändler sehr ernst ist, gibt es noch Hoffnung. Ein Sanierungsgutachten könnte eine Insolvenz abwenden. Doch vorerst sorgte die Meldung darüber für einen Absturz der Aktien.
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Deutschlands größter Agrarhandelskonzern BayWa will vor Gericht Schadenersatz vom Bundeskartellamt erstreiten.Foto: Fabian Sommer/dpa/dpa
Von 20. Juli 2024

Die Krise um den Milliardenschuldenberg der BayWa AG sorgt weiterhin für Schlagzeilen. Nachdem Anfang Juli bekannt wurde, dass der größte deutsche Agrar- und Baustoffhändler aus München mit rund 24.000 Mitarbeitern und 27 Milliarden Euro Umsatz ein Sanierungsgutachten in Auftrag gegeben hat, stürzte die Aktie auf den tiefsten Stand seit über 15 Jahren. Sie notierte am Montag nach Eröffnung des Handels nur 13,80 Euro – ein Einbruch von 38 Prozent.

Beim Wachstumskurs übernommen

Wie das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ berichtete, leidet BayWa unter dem Preisverfall im Handel mit Solarpaneelen. Nach einem Gewinn von 57,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum habe sich demnach die Lage im ersten Quartal verschlechtert. Das Ergebnis im Geschäftsfeld Energie, in dem BayWa auch den Handel mit Paneelen verbucht, sei auf ein operatives Minus von 66,8 Millionen Euro gefallen. Ein Verkauf des verlustreichen Solargeschäfts habe die BayWa bislang nicht zustande bringen können.

Mit Verweis auf Insiderkreise hieß es in der „Wirtschaftswoche“, dass der Schuldenberg zum Großteil auf die Amtszeit des ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Josef Lutz zurückgeht. Er habe in der Niedrigzinszeit „hemmungslos eingekauft“, um den Agrarkonzern krisenfester aufzustellen. Doch das Gegenteil sei der Fall gewesen.

Aufwendige Events, kostspielige Sponsorings und überteuerte Beraterverträge ließen das Kapital schrumpfen. Vor allem bei der sogenannten grünen Energie habe Lutz übermäßig eingekauft. Im April 2023 gab Lutz die Führung des Unternehmens an den Betriebswirt Marcus Pöllinger ab. Dieser zog die Reißleine, kappte allzu großzügige Ausgabeposten.

„Vielleicht sind wir aufgrund des billigen Geldes in einige Bereiche etwas zügig expandiert“, äußerte der BayWa-Vorstandschef Marcus Pöllinger gegenüber dem „Handelsblatt“. Doch sei man unter Lutz auch „sehr erfolgreich international in neue Geschäftsfelder wie die erneuerbaren Energien vorgestoßen“.

Millionenminus zum 100. Geburtstag

Der aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangenen BayWa-Konzern feierte im Jahr 2023 seinen hundertsten Geburtstag. Er beendete sein Jubiläumsjahr mit einem Nettoverlust von 93 Millionen Euro.

Im ersten Quartal rutschte die BayWa mit einem Minus von 108 Millionen Euro noch tiefer in die roten Zahlen. Ende März belasteten lang- und kurzfristige Schulden in Höhe von fast 5,6 Milliarden Euro das Unternehmen.

Auf der Hauptversammlung im Juni 2024 kündigte Vorstandschef Marcus Pöllinger sozialverträglichen Stellenabbau und Verkäufe nicht wesentlicher Geschäftsbereiche an.

Die Gewerkschaft ver.di kritisierte das „jahrelange Missmanagement“ des Unternehmens und setzt sich dafür ein, dass die Sanierung nicht auf Kosten der Beschäftigten erfolgt. Die Gewerkschaft und die Beschäftigten müssten im Sanierungsprozess beteiligt werden und mitbestimmen können.

Ob mit dem nun in Auftrag gegebenen Sanierungsgutachten eine mögliche Insolvenz abgewendet werden kann, bleibt abzuwarten.

Hinweis für Wertpapierbesitzer

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. (DSW) rief die Anleger der BayWa auf, ihre Interessen über die Vereinigung zu bündeln. Danila Bergdolt, DSW-Vizepräsidentin und bayerische Landesgeschäftsführerin, will auf die Gesellschaft zugehen.

„Die BayWa ist ein besonderes Unternehmen. Viele Landwirte sind dort gleichzeitig Kunden und Aktionäre. Nicht selten ist die BayWa Aktie wichtiger Teil der Altersvorsorge. Wir wissen das aus den vielen Redebeiträgen auf der Hauptversammlung dieses Jahr“, sagte sie.

Nach ihrer Ansicht brauchen die Anleihegläubiger eine starke gemeinsame Vertretung, damit sie im Zuge der stattfindenden Sanierung nicht die Leidtragenden sind. Daher wurde ein Info-Service über die Kanzlei Bergdolt als bayerische Landesgeschäftsstelle der DSW für alle Aktionäre und Anleihegläubiger eingerichtet. Wer sich unter baywa@ra-bergdolt per Mail oder Tel. 089/38665430 kostenlos registriert, wird über aktuelle Entwicklungen und Maßnahmen informiert.



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