Insolvenz für LG Nord Gerüstbau: Krise der Baubranche fordert nächstes Opfer

Die Krise in der Baubranche fordert ihr nächstes Opfer: Der Gerüstbauer LG Nord aus Bremerhaven musste die Insolvenz erklären. Am 1. Oktober wurde das Verfahren eröffnet. Grund ist offenbar ein Zahlungsausfall bei einem Großprojekt – die Rede ist vom Überseequartier in Hamburg.
Die Eröffnung des Überseequartiers in der Hamburger Hafencity verzögert sich weiter. Nun sogar bis 2025. (Archivbild)
Die Eröffnung des Überseequartiers in der Hamburger HafenCity verzögert sich weiter. Nun sogar bis 2025. (Archivbild)Foto: Christian Charisius/dpa
Von 16. Oktober 2024

Wie erst vor wenigen Tagen bekannt wurde, erlebt die Baubranche in Deutschland eine weitere namhafte Insolvenz. Wie die „Nordsee-Zeitung“ am Freitag, 11. Oktober, berichtete, ist bereits zum Monatsersten das Insolvenzverfahren über die LG Nord Gerüstbau aus Bremerhaven eröffnet worden. Das Unternehmen ging 2014 aus der Nordsee-System-Gerüstbau GmbH hervor.

Wie mittlerweile feststeht, wird die LG Nord Gerüstbau, die zuletzt 20 feste Mitarbeiter beschäftigte, ihren Betrieb einstellen. Mit der Verwaltung der Insolvenz wurde Gerrit Hölzle von der Wirtschaftskanzlei GÖRG in Bremen betraut. Er soll am 28. November erstmals über die angemeldeten Forderungen der Gläubiger Bericht erstatten.

Insolvenz ließ sich nicht durch neue Aufträge abwenden

Für die Monate Juli bis September wurde für die bis dahin noch Beschäftigten Insolvenzgeld bezahlt, mittlerweile haben die meisten von ihnen freiwillig das Unternehmen verlassen. Als Grund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten wird ein Zahlungsausfall bei einem prominenten Großprojekt in Hamburg genannt.

Eine Sanierungslösung konnte nicht erzielt werden, heißt es aus dem Umfeld des Insolvenzverwalters. Offenbar hatte der Großauftrag einen erheblichen Teil der Ressourcen des Unternehmens gebunden. Neue Aufträge, die es ermöglicht hätten, die laufenden Verbindlichkeiten abzudecken, waren nicht in Sicht.

Branchenkreise, die sich gegenüber der „Nordsee-Zeitung“ geäußert hatten, wollen das Überseequartier in Hamburg als Ursprung der Zahlungsausfälle identifiziert haben. Das Projekt, dessen vollständige Fertigstellung ursprünglich für dieses Frühjahr veranschlagt wurde, gilt als derzeit größte Baustelle Deutschlands.

Prestigeprojekt in der Hamburger HafenCity

Das Überseequartier sollte zu einem der Aushängeschilder der HafenCity werden, neben Gebäuden für Einzelhandel, Büros und Entertainment sollten dort etwa 1.000 Wohnungen sowie 1.150 Hotelzimmer entstehen. Auch ein Kreuzfahrtterminal sollte Teil des Großprojekts sein.

Insgesamt sollte sich das Quartier, dessen erste Teile bereits seit 2010 nutzbar sind, mit 14 Gebäuden über eine Fläche von mehr als 500.000 Quadratmetern erstrecken. Die für Oktober geplante Eröffnung des südlichen Quartiersteils wurde jedoch vorerst vertagt. Mittlerweile ist das erste Quartal des Jahres 2025 das anvisierte Datum. Der erste genannte Eröffnungstermin wäre 2021 gewesen.

Zuletzt stand der Bau des Überseequartiers jedoch unter keinem guten Stern. Einen Teil dazu trug die Krise der Branche insgesamt bei. Steigende Zinsen, Zurückhaltung bei der Kreditvergabe, massiv gestiegene Materialkosten und hohe Energiepreise hatten nicht nur am Elbtower ihre Wirkung hinterlassen. Dort war unter anderem der Signa-Konzern des mittlerweile ebenfalls in Insolvenz befindlichen Immobilienmagnaten René Benko involviert.

Nicht die erste Insolvenz im Umfeld des Überseequartiers

Im Überseequartier hatte es zuletzt Meldungen über Insolvenzen beteiligter Unternehmen, Baumängel und technische Probleme gegeben. Zudem gab es im Oktober des Vorjahres einen folgenschweren Unfall auf einer der Baustellen. Am 30. Oktober stürzte ein Gerüst mit mehreren Bauarbeitern vom achten Stock in einen innenliegenden Fahrstuhlschacht.

Insgesamt sind dabei fünf Menschen ums Leben gekommen. Laut „Spiegel“-Recherchen handelte es sich bei den Opfern um Albaner, die illegal auf der Baustelle beschäftigt waren. Nun verzögern vor allem Arbeiten in Bereichen wie Gebäudetechnik, Brandschutzanlagen, Sicherheitstechnik und weiterer technischer Ausrüstung den geplanten Start. Erwartet werden inzwischen Mehrkosten von bis zu zwei Milliarden Euro.

Nach Angaben des Verbandes der Bauindustrie ist die Zahl der Insolvenzen im Bauhauptgewerbe bereits im ersten Halbjahr 2024 um 15,5 Prozent angestiegen. Im gesamten Baugewerbe war im gleichen Zeitraum ein Plus von 18,6 Prozent zu verzeichnen.

Auch der Juli habe keine Besserung gebracht. Allein im Wohnungsbau sei ein Minus von 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu verzeichnen gewesen. Im Hoch- und Tiefbau habe es eine gewisse Erholung gegeben. Das gesamte Bauhauptgewerbe erzielte von Januar bis Juli ein minimales Wachstum von 0,3 Prozent – im Juli gab es jedoch bereits wieder einen Rückgang von 6,1 Prozent.



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