Inflation senkt Absatz von Fleisch und Kuhmilch – veganer Ersatz boomt

Deutschland ist der mittlerweile größte Absatzmarkt für veganen Ersatz zu Fleisch und Milch in Europa. Dies ist auch eine Folge der hohen Inflation.
Eine vegane Currywurst und vegane Weißwürste liegen auf Tellern an der Essensausgabe im Hofbräuzelt auf dem Oktoberfest.
Veganer Ersatz für Curry- und Weißwurst.Foto: Felix Hörhager/dpa
Von 5. April 2023

Veganer Ersatz für Fleisch und Milch, Eiscreme und Käse bleibt in Deutschland im Trend. Nachdem es bereits in den Jahren davor einen steigenden Absatz gegeben hatte, stieg die Nachfrage nach den Produkten im Jahr 2022 noch einmal deutlich an. Einer jüngst veröffentlichten Studie des „Good Food Institute Europe“ (GFI) zufolge stieg der Gesamtumsatz in diesem Segment auf 1,91 Milliarden Euro. Gegenüber 2021 war dies ein weiteres Plus von elf Prozent.

Vorverpacktes Fleisch und Kuhmilch verzeichnen Absatzrückgang

Die größten Umsätze erzielten dabei Fleisch- und Milchalternativen. Bei Produkten zum Ersatz von Fleisch verzeichneten die Anbieter ein Plus von sieben Prozent. Die Verbraucher gaben für veganen Fleischersatz von Burger über Schnitzel bis hin zu Würstchen 643 Millionen Euro aus. Gegenüber 2020 betrug das Absatzplus in dieser Kategorie sogar 41 Prozent, demgegenüber ging jener von vorverpacktem Fleisch aus Tierhaltung um 13 Prozent zurück.

Pflanzliche Milchalternativen wie Hafer-, Mandel- oder Sojamilch erreichten wiederum einen Marktanteil von 13 Prozent. Der Umsatz der Hersteller stieg in diesem Segment gegenüber 2020 um 48 Prozent auf 552 Millionen Euro. Demgegenüber, so das GFI, sei der Markt für Kuhmilch um 12 Prozent geschrumpft. Pflanzlicher Ersatz für Käse und Eiscreme sei ebenfalls im Aufwind, einen leichten Umsatzrückgang habe es hingegen bei veganem Joghurt gegeben.

Auch am Hotel-Buffet findet sich immer häufiger veganer Ersatz

Im europäischen Vergleich ist Deutschland mittlerweile der größte Absatzmarkt für veganen Ersatz von Fleisch und Milch. Dahinter rangieren Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich. Mittlerweile scheint die Verbreitung veganer Ersatzprodukte beispielsweise für Milch auch im Tourismus eine immer größere Rolle zu spielen. Reiseanbieter wie TUI arbeiten beispielsweise mit Tools, die vegane Angebote am Hotel-Buffet als Kriterium für eine Vorauswahl beinhalten.

Im Schnitt der 13 untersuchten Länder Europas wuchs der Umsatz mit pflanzlichen Alternativprodukten der Studie zufolge um sechs Prozent. Damit war auch das Wachstum in Deutschland im europäischen Vergleich überdurchschnittlich.

Die Gründe für den Trend sind dabei vielfältig. In manchen Fällen spielen ethische oder ökologische Aspekte eine Rolle. Andere Verbraucher greifen zumindest temporär auf Ersatzprodukte für Fleisch zurück, beispielsweise in Fastenzeiten – was zumindest einen überschaubaren Faktor zum Absatzwachstum beitragen kann.

„Visch“ und „Meeresvrüchte“ stark im Kommen

Eine nicht unerhebliche Rolle spielte gerade im Vorjahr jedoch auch die Inflation, die sich besonders bei Lebensmitteln bemerkbar machte. Veganer Ersatz war davon weniger stark betroffen als die tierischen Produkte. Dies bewog zahlreiche Verbraucher dazu, vegane Produkte auszuprobieren. Zugunsten der Anbieter wirkt sich auch aus, dass sich Verfügbarkeit, Vielfalt und Qualität veganer Produkte verbessert haben.

Die Perspektiven für den Markt für vegane Ersatzprodukte zu Fleisch und Milch bleiben positiv. Die Studie von GFI prognostiziert ein weiteres Wachstum von neun Prozent pro Jahr bis 2025. Dabei rechnet die Organisation mit einer steigenden Bedeutung neuer Produktkategorien. Vor allem pflanzlicher Ersatz für Fisch und Meeresfrüchte habe noch ein bedeutendes Potenzial. Bereits im Jahr 2022 habe es dabei eine Umsatzsteigerung von 52 Prozent gegeben, der Marktanteil insgesamt sei jedoch noch klein.

Veganer Ersatz erfährt auch Kritik von Ernährungswissenschaftlern

Während veganer Ersatz für Fleisch beispielsweise in Microsoft-Gründer Bill Gates einen begeisterten Anhänger findet, stehen andere dem Trend kritisch gegenüber. So hat der bekannte Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl jüngst den Run auf vegane Schnitzel, Burger & Co. als bedenklich bezeichnet.

Gegenüber RTL bezeichnete er diese als „rein chemisch und nichts anderes als ultrahochverarbeitete Fertigprodukte“. Der Hype nach Ersatzprodukten sei „ungesund bis tödlich, hat nichts mit gesunder Ernährung zu tun – und wird dann auch noch total überteuert verkauft“. In diesem Zusammenhang berief er sich auf zwei Studien aus den USA, die den Produkten einen hohen Salz- oder Phosphatgehalt attestierten.

Die Sprecherin der Rügenwalder Mühle, Claudia Hauschild, wies die Darstellung als „hochpolemisch und teilweise schlicht falsch“ zurück. Ernährungswissenschaftler Nico Rittenau bescheinigte veganem Ersatz für Fleisch ebenfalls Qualitätsmängel. Allerdings lägen diese an der nicht ausreichenden Nährstoffanreicherung im Produktionsprozess.

(Mit Material von AFP)



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