Steigende Mieten: Warum der Immobilienmarkt Mieter belastet

Nach zwei Jahren im freien Fall scheinen sich die Immobilienpreise in Deutschland zu stützen: Der Immobilienpreisindex ist im zweiten Quartal 2024 leicht gestiegen. Doch die Unsicherheit bleibt. Die Frage ist, ob das nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm bedeutet.
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Der Abwärtstrend auf dem Immobilienmarkt ist erst einmal gestoppt. Ob man schon von einer Trendwende sprechen kann, darüber sind sich Experten uneinig.Foto: Axel Heimken/Symbolbild/dpa
Von 16. August 2024

In den vergangenen zwei Jahren gingen die Immobilienpreise in Deutschland in den Keller. Dieser Niedergang scheint nun vorerst gestoppt zu sein. Das legen zumindest die gerade vorgelegten Daten des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) nahe. 

Der Immobilienpreisindex ist im zweiten Quartal 2024 leicht gestiegen und erreichte 175,5 Punkte, teilte der Verband am Dienstag mit. Das entspricht einem Zuwachs von 0,5 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal dieses Jahres. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2023 liegt der Index jedoch weiterhin im Minus und verzeichnet einen Rückgang von 3,8 Prozent. Der vdp-Index wird seit 2010 quartalsweise von vdpResearch erhoben und unterscheidet sich von anderen Indizes, da er auf echten Transaktionsdaten von über 700 Kreditinstituten basiert. Dadurch gibt der Index ein umfassendes Bild der Preisentwicklung auf dem deutschen Markt für Wohn-, Büro- und Einzelhandelsimmobilien.

Im zweiten Quartal dieses Jahres sind die Preise für Wohnungen und Häuser im Vergleich zum ersten Quartal um 0,5 Prozent gestiegen. Verglichen mit dem Vorjahr sind sie jedoch um 2,9 Prozent gefallen. Die Entwicklung in den sieben größten Städten Deutschlands zeigt ein gemischtes Bild: Während die Preise in Düsseldorf (minus 0,5 Prozent), München (minus 0,4 Prozent) und Stuttgart (minus 0,2 Prozent) leicht gesunken sind, verzeichneten Frankfurt am Main (plus 0,5 Prozent), Hamburg (plus 0,6 Prozent), Köln (plus 1,1 Prozent) und Berlin (plus 1,2 Prozent) einen Anstieg.

Preisstabilität auf dem Rücken von Mietern

Dass der Immobilienmarkt vor einer Trendwende stehen könnte, hatten zuvor auch schon die Volks- und Raiffeisenbanken sowie das Institut für Weltwirtschaft in Kiel prognostiziert. Die Volks- und Raiffeisenbanken begründen ihre positive Prognose mit dem knappen Wohnraumangebot, das den Preisrückgang nun gestoppt hat. Ab 2025 rechnet der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in seiner Immobilienprognose sogar mit einem leichten Anstieg um rund ein Prozent. 

„Wir sehen, dass sich die Preise langsam stabilisieren und nicht weiter sinken, vor allem weil der Wohnraummangel weiter zunimmt“, kommentiert Marija Kolak, Präsidentin des BVR die Prognose. „Der Wohnungsneubau muss dringend wieder angekurbelt werden und dazu muss Bauen günstiger werden“, fordert Kolak.

Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel erklärte:

Die Trendwende auf dem Immobilienmarkt ist eingeläutet.“

„Die große Unsicherheit der vergangenen Jahre und Monate nimmt offenbar ab, und der Ausblick auf sinkende Zinsen stabilisiert den Markt. Investoren scheinen erneut Vertrauen in die langfristige Wertsteigerung von Immobilien zu gewinnen“, erläutert Jonas Zdrzalek, Immobilienexperte am Kiel Institut für Weltwirtschaft in einer Pressemitteilung. Hinzu komme der „Einbruch im Neubaugeschäft“, der das „Angebot verknappt und damit die Preisdynamik unterstützt“.

Beruhigung statt Trendwende

In die Euphorie einer Trendwende möchte der Verband deutscher Pfandbriefbanken aber nicht einsteigen. Vielmehr spricht er in seiner Pressemitteilung lediglich von einer „Beruhigung“. Vdp-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt weiter: „Die Preise scheinen sich mittlerweile so weit angepasst zu haben, dass die erzielbaren Renditen den Erwartungen der Investoren im neuen Zins- und Bewertungsumfeld entsprechen.“

Dass die Immobilienpreise in den nächsten Monaten spürbar ansteigen werden, damit rechnet Tolckmitt nicht. „Wir gehen davon aus, dass die sich abzeichnende Seitwärtsbewegung noch einige Quartale anhalten wird. Unsicherheitsfaktoren für die weitere Preisentwicklung sind die aktuell nochmals gestiegene Gefahr der Ausweitung geopolitischer Konflikte und die derzeit verhaltene Wirtschaftsentwicklung in Deutschland.“

Im vergangenen Jahr verbilligten sich laut dem Statistischen Bundesamt Wohnimmobilien in Deutschland im Schnitt um 8,4 Prozent. „Das war der stärkste Rückgang im Vorjahresvergleich seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 und der erste Rückgang seit dem Jahr 2007“, hieß es damals vom Bundesamt

Das Gesamtplus bei den Wohnimmobilienpreisen der Städte liegt gegenüber dem Vorjahresquartal über dem Bundesdurchschnitt. In den sieben großen deutschen Städten entwickelten sich die Preise allerdings uneinheitlich. In den Metropolen Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München stiegen die Preise gegenüber dem ersten Quartal 2024 insgesamt um durchschnittlich 0,7 Prozent.

In den Großstädten Berlin und Köln sind die Immobilienpreise im zweiten Quartal 2024 am stärksten gestiegen. Dort legten die Preise um 1,2 Prozent bzw. 1,1 Prozent zu. In Frankfurt am Main und Hamburg fiel der Anstieg mit 0,5 Prozent und 0,6 Prozent geringer aus.

Allerdings zeigt sich ein gemischtes Bild: In München, Stuttgart und Düsseldorf sanken die Preise im Vergleich zum Vorquartal sogar. Vergleicht man die Daten aller sieben Städte mit dem gleichen Zeitraum im Vorjahr, gibt es insgesamt keinen Preisanstieg.

Offizielle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu den Immobilienpreisen für das zweite Quartal 2024 liegen derzeit bisher nicht vor.

Gewerbeimmobilien stabilisieren sich

Im Quartalsvergleich stabilisierten sich die Preise auch bei den Gewerbeimmobilien: Zwischen dem ersten und zweiten Quartal 2024 stiegen sie um 0,4 Prozent. Die Preisentwicklung bei Büroimmobilien (0,3 Prozent) verlief dabei langsamer als im Einzelhandelssektor (0,7 Prozent).

Verglichen mit dem zweiten Quartal 2023 fielen die Gewerbeimmobilienpreise allerdings deutlich um 7,4 Prozent. „Der Gewerbeimmobilienmarkt präsentiert sich weiterhin angespannt“, sagt Tolckmitt. Transaktionen und Umsätze befänden sich noch auf einem unterdurchschnittlichen Niveau.

Anstieg von Mietpreisen setzt sich fort

Schlechte Nachrichten gibt es allerdings für Mieter: Der Sprung nach oben bei Mieten setzt sich fort. Ein Grund, dass die Mietpreise sich nach oben entwickeln, liegt in der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Erhöhung des Leitzinses seit Juni 2022 hat auch Auswirkungen auf die Bauzinsen. Lag die Sollzinsbindung für zehnjährige Baufinanzierungen im Januar 2021 laut „Statista“ noch bei 0,74 Prozent, ist diese bis August dieses Jahres auf 3,61 Prozent gestiegen. Zwischendurch erreichten Bauzinsen im November 2023 mit 4,23 Prozent im Zeitraum zwischen 2021 und heute ihren Höchstwert. 

Das stellt viele Menschen, die sich ihren Traum vom Eigenheim erfüllen möchten, vor Finanzierungsprobleme. Sie können sich ihre Eigentumsimmobilie schlicht nicht mehr leisten und weichen so auf den Mietmarkt aus. Die Neuvertragsmieten bei Mehrfamilienhäusern stiegen im zweiten Quartal kräftig um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal.

„Die Wohnungsknappheit in Deutschland verschärft sich derzeit jeden Monat, vor allem in den Metropolregionen“, sagt Tolckmitt. „Die zwangsläufige Folge sind weiter steigende Mieten, eine wachsende soziale Herausforderung.“

Diese Entwicklung ist besonders deutlich in Berlin: Mit einem Anstieg von 6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet die Hauptstadt die höchste Wachstumsrate bei den Neuvertragsmieten unter den Metropolen. Auf dem zweiten Platz liegt Frankfurt am Main mit einer Steigerung von 5,1 Prozent.

Seitwärtstrend könnte anhalten

Zusammengefasst geht Tolckmitt davon aus, dass nach zwei Jahren des Abschwungs das Potenzial für weitere Rückschläge auf dem Immobilienmarkt mittlerweile begrenzt sein dürfte. Zwar könnten in den kommenden Quartalen erneut vereinzelte Rückgänge auftreten, doch insgesamt werde sich die bereits erkennbare Seitwärtsbewegung der Immobilienpreise voraussichtlich auch im nächsten Jahr fortsetzen.



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