Immobilienmilliardär Benko verlässt den Signa-Beirat – Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe
René Benko verkörperte so etwas wie die österreichische Fassung des „American Dream“. Im Alter von 17 Jahren hatte der Tiroler die Schule abgebrochen und mit dem Ausbau von Dachböden Geld zu verdienen begonnen. Geschick, eine günstige Marktsituation und Überzeugungskraft gegenüber Investoren machten den heute 46-Jährigen zu einem milliardenschweren, global präsenten Immobilienmogul. Seine Signa-Unternehmensgruppe erwarb Kaufhausketten und repräsentative Gebäude an Top-Adressen – etwa das Chrysler-Building in New York oder den Hamburger Elbtower.
Gesellschafter hatten Benko zum Rückzug aus Signa-Beirat gedrängt
Am Freitag, 3. November, hat der Aufstieg des Wunderknaben zumindest vorläufig ein Ende gefunden. Wie unter anderem der „eXXpress“ berichtete, hat Benko sein Amt als Beiratsvorsitzender der Signa Holding abgegeben. Wie Gesellschafter Hans-Peter Haselsteiner gegenüber dem ORF äußerte, wird der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Arndt Geiwitz als Generalbevollmächtigter das Ruder übernehmen.
Geiwitz hatte bereits bei den Sanierungskonzepten für die Drogeriekette Schlecker und für die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof eine führende Rolle gespielt. Signa hatte bereits ab 2012 den angeschlagenen Kaufhauskonzern Karstadt sukzessive übernommen.
Benko soll mit seinem Rückzug dem immer stärker werdenden Druck vonseiten der Gesellschafter Rechnung getragen haben. Diese hatten Benko zuletzt sogar persönlich dazu aufgefordert, sich aus dem Beirat zurückzuziehen und seine Stimmrechte treuhänderisch zu übertragen. Dazu habe Benko sich bereit erklärt. Bezüglich der bevorstehenden Sanierung der Holding gebe es, so Haselsteiner, noch nicht in jedem Bereich Konsens.
Turbulenzen auf dem Immobilienmarkt haben Geschäftsmodell infrage gestellt
Den Ausschlag bezüglich der Misstrauensbekundungen der Gesellschafter gegenüber Benko dürfte der Jahresabschluss des Tochterunternehmens Signa Prime Selection gegeben haben. Dieser wies einen Verlust von etwa einer Milliarde Euro aus. Der größte Teilkonzern spricht zudem von Verbindlichkeiten in Höhe von knapp 10,8 Milliarden Euro, wie das „Handelsblatt“ schreibt.
Dazu sollen Kredite in Höhe von 1,3 Milliarden Euro kommen, die noch in diesem Jahr fällig würden. Es stünde entsprechend entweder eine Bezahlung oder eine Umschuldung an. Diese würde zwangsläufig zu deutlich ungünstigeren Konditionen vonstattengehen müssen – denn der Immobilienmarkt steht insgesamt unter Druck. Dazu kommt, dass Banken bei Krediten an die Branche derzeit ohnehin zurückhaltend sind. Eine komplett neue Situation für Signa, das bislang vor allem von billigen Krediten profitiert hatte.
Die Immobilienpreise sind gesunken, weshalb die Objekte zu einer geringeren Höhe als Sicherheit dienen können. Entsprechend musste Signa den Wert des eigenen Bestandes nach unten korrigieren. Dazu kommt unter anderem auch, dass der Konzern bei Galeria Karstadt Kaufhof Geld zuschießen muss.
Bereits im Sommer war eine Kapitalerhöhung unausweichlich, was die Gesellschafter zum Nachschießen zwang. Immer häufiger war die Rede von einer „prekären Liquiditätssituation“. Großinvestoren wie Roland Berger begannen sich zurückzuziehen.
Undurchsichtiges Konstrukt der Signa Holding soll nun übersichtlicher werden
Arndt Geiwitz will nun vor allem Transparenz schaffen in dem komplexen Gemenge aus Beteiligungen und Verflechtungen, welche die Signa Holding prägen. Insgesamt vereint diese mehr als 750 Unternehmen unter einem Dach – und auch diese sind wiederum an Hunderten weiteren beteiligt.
Zu den bekanntesten Beteiligungen gehören neben Galeria Karstadt Kaufhof etwa die Schweizer Handelskette Globus, aber auch die Medienholding „WAZ Ausland Holding GmbH“. An dieser hatte Benko 2018 eine Beteiligung von 49 Prozent von der Funke Gruppe erworben. Die Holding hält unter anderem Anteile an den auflagenstarken österreichischen Zeitungen „Krone“ und „Kurier“.
Der Deal und eine Hausdurchsuchung im Kontext von Steuerunterlagen im Jahr 2022 haben jeweils die Aufmerksamkeit auf die engen Beziehungen Benkos zur Politik gelenkt. Bereits im Jahr 2017 hatte der damalige FPÖ-Chef HC Strache in dem berüchtigten Ibiza-Video von Ambitionen Benkos gesprochen, die „Krone“ zu erwerben.
Außerdem thematisierte er dessen Nähe zu Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Dieser hatte Benko 2019 als „Türöffner“ in die Vereinigten Arabischen Emirate begleitet.
Benko bestreitet jedwede Verwicklung in politische Einflussnahme
Die Hausdurchsuchung stand im Kontext der Angaben des „Kronzeugen“ in Sachen Korruption im ÖVP-Umfeld, des früheren ÖBAG-Chefs Thomas Schmid. Im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss hatte Benko angegeben, zwar mit Kurz gut bekannt zu sein und häufiger mit diesem zu telefonieren, mit politischer Einflussnahme will er jedoch nie etwas zu tun gehabt haben.
Gleiches erklärte Benko auch in seinen bisherigen Aussagen rund um eine laufende Anklage vor dem Landesgericht Wien. Dort wirft ihm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen vor.
Benko soll 2011 dem grünen Baustadtrat Christoph Chorherr eine beträchtliche Spendensumme für ein Schulprojekt in Afrika zukommen haben lassen. Im Gegenzug soll Signa Vorteile bei einem Großbauvorhaben am Wiener Hauptbahnhof erwartet haben. Der Unternehmer weist jeden Zusammenhang zurück.
Staatsfonds von Saudi-Arabien als möglicher Investor im Gespräch
Auch in Benkos Holding selbst spielen langjährige Politgrößen eine nicht unerhebliche Rolle. Im Beirat seiner Holding finden sich Polit-Altstars der 2000er-Jahre wie Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) oder die frühere Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn (ehemals FPÖ). Gesellschafter Haselsteiner war nach einer erfolglosen Kandidatur auf Landesebene in Kärnten von 1994 bis 1998 Nationalratsabgeordneter des Liberalen Forums.
Für eine mögliche Rettung des Signa-Imperiums soll Benko sich ebenfalls um Kontakte in die Politik bemühen – allerdings die eines anderen Landes. Medienberichten zufolge soll es sogar Gespräche mit Vertretern des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman geben. Dieser ist unter anderem für den Staatsfonds PEI verantwortlich. Näheres über einen möglichen Einstieg der Saudis ist jedoch noch nicht bekannt. Der Businesstrip in die Vereinigten Arabischen Emirate führte 2019 auch zu keinem Engagement – trotz der „Türöffner“-Funktion von Sebastian Kurz.
Benko, dessen privates Vermögen „Forbes“ auf knapp 5,4 Milliarden Euro schätzt, benötigt Berichten zufolge für Signa eine Geldspritze von bis zu 400 Millionen Euro.
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