Immer weniger Volks- und Raiffeisenbanken
Auf dem Land werden die Banken rar. Grund ist ein seit Jahrzehnten anhaltender Fusionstrend, der sich in den vergangenen Jahren wegen steigenden Kostendrucks und Regulierungsaufwands beschleunigt hat.
Die Branche rechnet damit, dass es auch in den kommenden Jahren weitere Zusammenschlüsse gibt, wenn auch in etwas langsamerem Tempo. Allein in Bayern – einer traditionellen Hochburg genossenschaftlicher Kleinbanken – gab es 2017 16 Fusionen, dieses Jahr werden es nach Einschätzung des Genossenschaftsverbands (GVB) in München voraussichtlich acht Zusammenschlüsse sein, wie GVB-Präsident Jürgen Gros sagt.
Die nackten Zahlen: 1970 gab es in Westdeutschland noch 7096 Volks- und Raiffeisenbanken, 2000 waren es im wiedervereinten Deutschland 1794, im vergangenen Jahr noch 915. Dabei fehlt es den Genossenschaften keineswegs an Beliebtheit: Die Zahl der Mitglieder ist in den vergangenen knapp fünf Jahrzehnten von gut sechs auf 18 Millionen gestiegen, die durchschnittliche Bilanzsumme hat sich mehr als verzwanzigfacht.
Manche Experten sehen diesen Trend mit Sorge: „Die regionalen Banken kennen ihren Markt und ihre Kunden ganz genau. Wenn die ihre Regionalverankerung verlieren, wird’s gefährlich“, sagt Hans-Peter Burghof, Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim.
Das sieht die Branche anders. „Die Volks- und Raiffeisenbanken sind nach wie vor sehr nah an ihren Kunden“, sagt GVB-Chef Gros. „Im europäischen Vergleich haben wir in Deutschland eine sehr hohe Betreuungsdichte mit einem Bankmitarbeiter auf 131 Einwohner. Der europäische Durchschnitt liegt bei 174 Einwohner.“
Traditionell sind die Genossenschaftsbanken sehr stabil, von der Finanzkrise 2008 waren sie kaum betroffen. Burghof moniert in diesem Zusammenhang das Vorgehen der europäische Bankenaufsicht. Diese sollte eigentlich an Größe und Komplexität der Bank orientiert sein. Bedeutet: Große Banken mit hohem Systemrisiko sollten eigentlich auch relativ höhere Aufsichtskosten tragen müssen. „Genau das leistet die leider überhaupt nicht“, sagt Bankenexperte Burghof.
„Diese verursacht hohe Fixkosten, die alle treffen, ob groß oder klein. Damit drängt die Aufsicht kleine Banken zur Vergrößerung.“ Das sei kontraproduktiv – „denn damit erzeugt die Aufsicht genau das, was sie eigentlich verhindern sollte: ein systemisches Risiko.“
Die regionalen Banken würden größer und die örtliche Bindung gehe verloren. „Es ist nicht der Markt, der die Fusionen treibt, es ist die Aufsicht“, sagt Burghof. „Wir haben ein gut funktionierendes System. Unsere Banken sind nicht zu klein, Größe und hohe Gewinne kein Zeichen von Effizienz.“
Dass die Regulierung kleine Banken im Verhältnis mehr belastet als große Geldhäuser, wird auch in der Branche so gesehen: „Die Banken müssen verstärkt Fachkräfte einstellen, um die gestiegenen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Compliance, oder Marktfolgetätigkeiten zu erfüllen“, sagt GVB-Präsident Gros in München. „Die Spezialisten sind rar gesät, es wird zunehmend zur Herausforderung, diese Fachkräfte zu bekommen.“
Damit bleibe auch weniger Zeit für die Marktbearbeitung. Aber, betont Gros: „Die Volks- und Raiffeisenbanken sind die renditestärkste Bankengruppe in Deutschland, das hat die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht festgestellt.“
Auch die Zahl der Sparkassen geht zurück. Einen gegenteiligen Trend gibt es nur bei den privaten Banken, zu denen die großen Häuser wie die Deutsche Bank zählen. Deren Zahl ist in den vergangenen zehn Jahren stabil geblieben, Ende 2017 waren es 281. Das liegt vor allem daran, dass ausländische Institute Niederlassungen in Deutschland eröffnet haben, darunter mehrere chinesische Großbanken. „Mit Blick auf den bevorstehenden Brexit ist mit einer weiteren Zunahme der Anzahl ausländischer Banken zu rechnen“, sagt eine Sprecherin des Bankenverbands in Berlin. „Zurzeit wächst die Anzahl der Niederlassungen ausländischer Banken in Deutschland moderat.“ (dpa)
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