IG Metall gegen Stellenabbau: Pläne von Thyssenkrupp Steel sorgen für Widerstand

Die IG Metall stellt sich entschlossen gegen das geplante Sanierungskonzept von Thyssenkrupp Steel, das den Abbau von bis zu 11.000 Arbeitsplätzen vorsieht. Betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen will die Gewerkschaft nicht akzeptieren. Steigende Kosten und sinkende Stahlpreise gefährden die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns.
Deutschlands größter Stahlhersteller ist in einer schwierigen Lage. (Archivbild)
Deutschlands größter Stahlhersteller ist in einer schwierigen Lage. (Archivbild)Foto: Federico Gambarini/dpa
Von 26. November 2024

Die IG Metall will gegen das geplante Sanierungskonzept des angeschlagenen Stahlkonzerns Thyssenkrupp Steel mobil machen. Bezirksleiter Knut Giesler bezeichnet das Vorhaben, das unter anderem auch den Abbau von bis zu 11.000 Arbeitsplätzen vorsieht, als „Riesenprovokation“. In einem Flugblatt, über dessen Inhalt der „Spiegel“ berichtet, stimmt man die Organisierten auf mögliche Kampfmaßnahmen ein.

Betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen gehörten zu den „Roten Linien“, deren Überschreitung die Verhandlungsbereitschaft der Gewerkschaft ausschließe.

Wie Thyssenkrupp auf die Verliererstraße geriet

Am Montag, 25.11., hatte der Konzern in Aussicht gestellt, 11.000 der derzeit noch 27.000 Arbeitsplätze abzubauen. Bis 2030 könnten 5.000 Jobs auf sozialverträgliche Weise wegfallen, weitere 6.000 wolle man durch Ausgliederungen oder Verkäufe von Bereichen einsparen. Auf diese Weise sollen die Personalkosten in den kommenden Jahren im Schnitt um etwa zehn Prozent sinken.

Der Konzern war im Laufe der vergangenen Jahre in eine erhebliche Schieflage geraten. Die Stahlpreise sanken – nicht zuletzt infolge günstiger Konkurrenz aus China. Zugleich hatte das Unternehmen in Deutschland mit steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie zu kämpfen. Im Geschäftsjahr 2022/23 verzeichnete Thyssenkrupp einen Nettoverlust von knapp zwei Milliarden Euro.

Zugleich hatte die europäische Stahlindustrie Überkapazitäten und eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit zu verzeichnen. Mit einer schwächelnden Autoindustrie drückte ein weiterer Faktor auf den Absatz. Dazu kamen Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen des Managements – wie die an der EU-Kommission gescheiterte Fusion der Stahlsparte mit Tata Steel.

Eklat in der Vorstandsetage – auch Sigmar Gabriel ging

Nun will der Konzern mithilfe eines umfassenden Restrukturierungsplans wieder an Spielraum gewinnen. Dazu gehört der Verkauf von Anteilen an den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM), aber auch der Stellenabbauplan, der mit einem Herunterfahren der Produktionskapazitäten einhergehen soll.

Im August verließen bereits drei Vorstandsmitglieder und vier Aufsichtsräte das Unternehmen, darunter Aufsichtsratschef Sigmar Gabriel. Streitthema war dabei die finanzielle Ausstattung der schwer defizitären Stahlsparte durch den Mutterkonzern.

Die IG Metall betrachtet das Konzept als unzureichend, vor allem fehle es an einer langfristigen Finanzierungsstrategie. Die Finanzierung sei lediglich für die nächsten zwei Jahre gesichert, doch nicht darüber hinaus. Gebe es dafür keine Ideen, wolle die IG Metall nicht verhandeln.

Bekenntnis zum Grünen Stahl steht – vorerst

Die Gewerkschaft sieht einen gewissen Hoffnungsschimmer darin, dass Thyssenkrupp eine Ausweitung der Stahlproduktion auf bis zu neun Millionen Euro am Standort Duisburg ins Auge fasse. Der Konzern bekenne sich damit auch zur Umstellung der Produktion auf Grünen Stahl.

Allerdings ist es unklar, ob gerade das eine langfristige Festlegung bedeute. Der Chef der Stahlsparte hatte im Sommer dessen Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt infrage gestellt. Bereits damals war ein Baustopp der Anlage angedacht, für die der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen insgesamt zwei Milliarden Euro an Subventionen zugesagt hatten.

Im Juli 2023 hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck unter dem Eindruck eines Aktionstages der IG Metall mit 12.000 Teilnehmern einen offiziellen Förderbescheid übergeben. Ab Ende 2026 solle es – wenn die EU keine beihilferechtlichen Einwände erhebt – mit der Produktion losgehen.

Langfristige Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt ungewiss

Ein Teil des Geldes fließt in den Bau einer Direktreduktionsanlage, in der mit Wasserstoff statt Kokskohle klimaneutral Eisenerz reduziert werden kann. Der zweite Teil der Förderung soll die zunächst höheren Betriebskosten ausgleichen. Bereits geflossen sind 500 Millionen Euro. Die Stahlsparte forderte vom Mutterkonzern wiederholt eine Haftungszusage.

Es ist denkbar, dass Thyssenkrupp vorerst an der Anlage festhalten will, um eine Rückzahlungsverpflichtung bezüglich der bereits geflossenen Fördermittel zu verhindern. Außerdem hätte das Aus für die Anlage, das bereits in Rede stand, Ausfallzahlungen oder sogar Vertragsstrafen gegenüber dem Anlagenbaukonzern SMS Group zur Folge gehabt.

Man wolle, so hieß es vor wenigen Monaten aus dem Konzern, „fortlaufend technologie- und ergebnisoffen“ tragfähige Optionen prüfen, um „den Stahlbereich von Thyssenkrupp langfristig klimaneutral aufzustellen“. Der Vorstand machte gegenüber dem Aufsichtsrat jedoch auch deutlich, dass man von einer Kostensteigerung ausgehe. Von einer Anpassung der Subventionshöhe gehe man jedoch nicht aus. Auch der von Habeck und der IG Metall geforderte subventionierte „Industriestrompreis“ erwies sich schon innerhalb der Ampel als nicht mehrheitsfähig.

Thyssenkrupp hofft auf Joint Venture mit tschechischem Milliardär

Konzernchef Miguel Ángel López Bohrrecht hatte schon damals eine Verringerung der Produktionskapazitäten ins Spiel gebracht. Er baut auch auf ein mögliches Joint Venture mit dem tschechischen Milliardär Daniel Křetínský und dessen Energieholding.

Křetínský war bereits im Vorjahr mit 20 Prozent in die Stahlsparte eingestiegen. Bei dem möglichen Joint Venture hätte Thyssenkrupp selbst möglicherweise nur noch 50 Prozent der Anteile.

 



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