IfW: Abkopplung von China wäre teuer – aber verkraftbar
Die Corona-Krise hat die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Exporten und Lieferketten mit Bezug zu China sichtbar gemacht. Die aggressive Nachbarschaftspolitik des KP-Regimes und die Erkenntnisse der Geheimdienste über Spionage im Westen tun ihr Übriges. Mittlerweile steht in Deutschland und der EU immer häufiger die Frage im Raum, wie stark sich eine Abkopplung von China auf Wirtschaft und Wohlstand auswirken würde. Nun hat sich das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) dieser Frage angenommen.
Bruch mit China brächte kurzfristig Einbußen wie in Corona-Zeit
Die Einrichtung erstellte unter Leitung ihres Präsidenten Moritz Schularick eine Studie, die auf Erfahrungen des Jahres 2022 zurückgriff. Damals hatte das IfW unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges die Kosten eines deutschen Verzichts auf russisches Gas errechnet. Das Fazit: Ein solcher wäre verkraftbar – wenn auch mit erheblichen Folgekosten für die deutsche Wirtschaft.
Bezüglich einer möglichen Abkopplung von China kommt das Institut nun zu einem ähnlichen Ergebnis. Selbst die Folgen eines „harten“ wirtschaftlichen Bruchs mit dem von der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) totalitär geführten Land wären „schwerwiegend, wenn auch nicht verheerend“.
Wenn es zu einer schweren geopolitischen Verwerfung und Blockkonfrontation käme, wären die kurzfristigen Einbußen mit jenen der Weltfinanzkrise 2008 oder der Corona-Pandemie vergleichbar. Ein Viertel der zu erwartenden Kosten wäre dauerhaft. Das IfW ist jedoch davon überzeugt, dass diese „mit einer angemessenen Politik bewältigt“ werden könnten. Immerhin sei dies in der Vergangenheit bei Krisen ähnlichen Ausmaßes ebenso der Fall gewesen.
Anfangskosten ließen sich durch Rückbaustrategie senken
Als extremes Szenario nahm das IfW an, dass beispielsweise nach einem Angriff auf Taiwan die G7 und ihre Verbündeten abrupt die Beziehungen zu China einfrieren. Das KP-Regime würde seinerseits einen Block bilden mit Russland, dem Iran und Ländern wie Venezuela oder Kuba. Einige neutrale Länder wie Brasilien, Indonesien oder die Türkei, wahrscheinlich auch die Golfstaaten und viele afrikanische Länder, würden mit beiden Blöcken Handel treiben.
In diesem Fall, so das IfW, würde die deutsche Wirtschaftsleistung kurzfristig um etwa fünf Prozent einbrechen. Dies wäre eine mit der Corona-Krise vergleichbare Größenordnung. Dauerhaft würde der Bruch mit China 1,5 Prozent der deutschen Wirtschaftskraft kosten.
Die hohen Anfangskosten ließen sich durch einen vorsichtigen und schrittweisen Rückbau der Beziehungen bewerkstelligen. Inwieweit das KP-Regime diese Entwicklung registrieren und auf seine Weise reagieren würde, bleibt offen. Die neue China-Strategie der Bundesregierung ist darauf ausgerichtet, sich durch Diversifizierung auf einen möglichen Ernstfall vorzubereiten. Viele Unternehmen klagen jedoch, dass die Bundesregierung vor allem ihnen bürokratische Hürden bereite. Für das chinesische Regime sei hingegen eher wenig zu spüren.
Japan konnte Seltene Erden aus China substituieren
Bereiche, die in höherem Maße in China engagiert sind oder deren Lieferkette dieses umfasst, wären von einer Abkopplung in höherem Maße betroffen. Dazu gehörten etwa Maschinenbau und Elektrotechnik sowie Automobile inklusive Transport und Chemie. Die Exporte dieser Sektoren verliefen zu etwa zehn Prozent nach China.
Selbst vor der Dominanz des Landes im Bereich der Seltenen Erden sei übermäßige Angst unangebracht, heißt es vonseiten der Forscher. Sie verweisen auf die Wirkungen eines Embargos, das die KP-Machthaber 2010 gegen Japan verhängt hatten. Die Folge sei eine kurzfristige Veränderung der Nachfrage gewesen.
Unternehmen, die Seltene Erden als wichtigen Rohstoff benötigten, hätten Wege gefunden, den Rohstoff effizienter zu nutzen. So hätten etwa Kopfhörerhersteller diese durch andere – wenn auch teurere – Produktionskomponenten ersetzt. Insgesamt seien die wirtschaftlichen Kosten des chinesischen Embargos für Seltene Erden für die japanische Wirtschaft „relativ gering“ gewesen.
Abkopplung von einem Land machbar – sofern keine Isolierung von zu vielen stattfindet
Grundsätzlich lässt sich der Studie entnehmen, dass unter den Bedingungen eines maximal freien Warenverkehrs in einer globalisierten Wirtschaft kaum ein einzelnes Land als Partner für ein anderes unverzichtbar ist. In den meisten Fällen kann der Zugang zu alternativen Märkten Effekte einer Abkopplung zumindest abfedern.
Zum Problem könnte es jedoch werden, wenn Länder oder Staatengemeinschaften wie die EU ihre Beziehungen zu multiplen Wirtschaftspartnern auf einmal verschlechtern. Im Fall von Berlin und Brüssel hat der Bruch mit Russland bereits zu Inflation und Verteuerung der Energieversorgung beigetragen.
Zugleich drohen eine überambitionierte Klimapolitik und außenpolitische Werteorientierung ebenfalls die Beziehungen zu anderen Ländern zu belasten. Das gilt mit Blick auf die Golfstaaten in ähnlicher Weise wie gegenüber Mercosur oder sogar den USA. Sowohl das in den 2010ern angedachte TTIP als auch das 2019 in Grundzügen festgeschriebene Freihandelsabkommen mit dem lateinamerikanischen Bündnis liegen auf Eis. Grund dafür waren nicht zuletzt umweltpolitische Forderungen der Europäer, denen die angestrebten Vertragspartner nicht entsprechen konnten oder wollten.
Um eine Abkopplung von China auf sichere Beine stellen zu können, wäre es möglicherweise ratsam, gegenüber möglichen alternativen Partnern eine sensiblere Politik zu verfolgen. Zudem hängt die Schwere der Folgen auch von der Stärke der eigenen Wirtschaft ab.
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