HDE-Chef: „In diesem Jahr schließen 5.000 Geschäfte“ – Innenstädte vor dauerhafter Verödung
Vor einer beispiellosen Verödung deutscher Innenstädte warnt der Handelsverband Deutschland (HDE). Im Gespräch mit „Bild“ spricht Verbandschef Alexander von Preen von „Kipppunkten“. Seien diese überschritten, hätten Innenstädte auf absehbare Zeit keine Aussicht mehr auf Wiederbelebung.
HDE: Seit Corona bereits zehntausende Geschäfte aus Innenstädten verschwunden
In einem Gespräch mit dem Blatt prognostiziert der Präsident des HDE für das laufende Jahr ein dauerhaftes Aus von etwa 5.000 Geschäften. Habe sich erst einmal ein bestimmtes Level an Leerstand eingestellt und sei dieses zur Normalität geworden, werde eine Innenstadt unattraktiv. Stadtzentren entwickelten sich in weiterer Folge „nach und nach in den Abgrund“.
Die Corona-Krise habe den Niedergang des Einzelhandels und die Verödung der Innenstädte noch einmal deutlich beschleunigt. Von 2020 an gerechnet werden es bis Ende dieses Jahres nicht weniger als 46.000 Geschäfte sein, die aus den Innenstädten verschwänden, so von Preen.
Bereits im Vorjahr hatte der HDE-Chef vor gravierenden Folgen für den ohnehin von Corona schon erschütterten stationären Einzelhandel gewarnt. Eine dauerhafte Inflation von drei bis vier Prozent als „neue Normalität“ und eine weitere Deindustrialisierung wären Gift für die Kaufkraft der Bevölkerung.
Kritik des HDE-Chefs an Politik, die Verbraucher verunsichere
Die Aneinanderreihung von Krisen drücke zudem auf die Stimmung der Konsumenten. Menschen vermieden Ausgaben, stellten Konsumwünsche zurück. Gleichzeitig stiegen die Mieten in Innenstadtlagen weiter an.
Weitere Faktoren mit potenziell entscheidenden Auswirkungen für die Zukunftschancen von Innenstädten seien auch Sicherheit, Sauberkeit und Erreichbarkeit. Von Preen betont, es müsse einen „Schulterschluss mit kommunaler Politik, Handwerk, Kultur und Gastronomie“ für „jede einzelne Innenstadt“ geben. Nehme man die Herausforderung nicht ernst, „wachen viele von uns plötzlich in Geisterstädten auf“.
Bereits im Vorjahr hatte der Chef des Handelsverbandes auch vor einer Politik gewarnt, die Verbraucher verunsichere. Als Beispiel dafür, wie es nicht funktionieren sollte, nannte von Preen die Debatte um das Heizungsgesetz.
Klingende Namen verschwinden aus den Innenstädten
Die Corona-Zeit brachte dem Einzelhandel in den Innenstädten direkte Verluste durch Lockdown-Regelungen, von vielen als schikanös empfundene Auflagen und einen Boom des Onlinehandels. Nach dem Ende der Beschränkungen vermochten sich die Händler allerdings nicht wieder vollständig zu erholen, wofür die Folgen des Ukraine-Krieges, der Energiekrise und der Inflation verantwortlich zeichneten.
Mit Gerry Weber, Peek & Cloppenburg und Adler oder den Schuhhändlern Görtz und Reno verabschiedeten sich klingende Namen durch Insolvenz aus den Innenstadtläden. Die Zukunft der verbliebenen stationären Filialen des insolventen Warenhauskonzerns Galeria-Karstadt-Kaufhof ist ebenfalls noch offen.
Yves Rocher hat sich aus den Innenstädten vollständig zurückgezogen und verkauft nur noch online. Neben Modeboutiquen und Schuhläden verschwinden zunehmend auch Bäckereien aus diesen.
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