Handwerkspräsident: „KI wird auch in Zukunft nicht den Maurer oder die Friseurin ersetzen“

Moderne Technik, alte Werte. Wie viele Dinge unterliegen Handwerksberufe dem Wandel der Zeit? Auch in der Zukunft werden sie „unverzichtbar“ sein.
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Mit Präzision ist der Maurer am Werk.Foto: standret/iStock
Von 23. Juni 2024

Egal, ob Baubranche, Lebensmittel- oder Gesundheitshandwerk – in Zeiten von Unsicherheit bietet das Handwerk sichere Zukunftsaussichten. Das sagt Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) im Interview mit deutschland.de. Und trotz des Einsatzes modernster Technologie bleiben altbewährte Traditionen beibehalten.

Von der Nutzung von 3D-Druckern über KI-gesteuerte Maschinen bis hin zu digitalen Planungs- und Kalkulationsprogrammen durchdringt die Digitalisierung alle Bereiche des Handwerks, schildert der ZDH-Präsident. Doch alles hat seine Grenzen.

Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften ist hoch und Handwerksberufe sind unverzichtbar – eine KI wird auch in Zukunft nicht den Maurer oder die Friseurin ersetzen“, sagt Dittrich.

Seit Jahrhunderten werden Arbeitsprozesse optimiert, auch im Handwerk. Niemand wird heutzutage mehr Werkzeuge von Hand feilen, weil er keine Abnehmer dafür findet.

In der Ausbildung wird ein Feinwerkmechaniker diese Handarbeit noch erlernen, um ein Gefühl für die Arbeit und die Werkstoffe zu bekommen. Später lernt er dann, Maschinen zu bedienen, die mit der erforderlichen Präzision Werkzeuge fertigen.

Bei einer hartnäckigen Rohrverstopfung muss der Handwerker ran. Foto: AndreyPopov/iStock

Qualität „made in Germany“

Ob hochwertige Möbel, kunstvolle Schwibbogen oder antihaftversiegelte Pfannen, es gibt viele Produkte „made in Germany“.

Einige traditionelle Handwerkstechniken sind sogar Teil des immateriellen Kulturerbes, wie die deutsche Brotkultur, Reetdächer, Flechthandwerk sowie Orgelbau und -musik.

Das deutsche Flechthandwerk zählt zum immateriellen Kulturerbe. Foto: Andres Jacobi/iStock

Handwerksorganisationen tun nach Angabe des Verbands alles dafür, die Ausbildung auch in den sogenannten Nischenberufen, den „analogen Berufen“, zu erhalten. So sind beispielsweise alle Berufe rund um Textilien unter der Berufsbezeichnung Textilgestalter/in im Handwerk zusammengefasst worden.

Am Ende der dreijährigen Ausbildung spezialisieren sich die jungen Fachkräfte – auf das Posamentieren, das Filzen, Klöppeln, Sticken, Stricken oder Weben. So finden Traditionsvereine, katholische Pfarrer und Bischöfe auch weiterhin ihre Hersteller für festliches Ornat oder besondere traditionelle Trachten und Fahnen.

Die alte Handwerkskunst der Klöppe. Foto: Spitzt-Foto/iStock

Druckberufe hingegen mussten sich der digitalen Welt komplett anpassen. Schriftsetzer gehören weitestgehend der Geschichte an. Ein Schlussredakteur benötigt heutzutage nicht mehr die Fähigkeit, spiegelverkehrte Schrift lesen zu können, bevor die Zeitung in den Druck geht.

Derartige Nischenberufe findet man nur noch für besonders hochwertige Produkte wie Einladungen oder Hochzeitungszeitungen – oder im Technikmuseum.

Ein Schriftsetzer mit alten Buchdruck-Blöcken. Foto: Daniel Besic/iStock

Dennoch bleibt diese Nische laut ZDH attraktiv. „Eine Handvoll Auszubildender reicht, um das Wissen weiterzugeben“, heißt es vom Verband.

Manchmal reiche schon ein Betrieb, der Kunden etwas Besonderes erfolgreich anbietet, um einen Beruf zu erhalten, wie etwa feine Handschuhe, die durch eine Ausbildung zum Sattler, Fachrichtung Feintäschnerei, gesichert sind.

Ein Beruf, viele Möglichkeiten

Ein Job im Handwerk sei nicht nur ein sicherer Job, sondern bietet auch die Möglichkeit, sich persönlich zu entwickeln und kreativ die eigenen Talente auszuleben – bei einer „beeindruckende Bandbreite von über 130 Berufen“, erklärt der ZDH-Präsident, der selbst mit Stolz auf den Dachdeckerbetrieb in vierter Generation zurückblickt, der Kriege, Diktatur und Willkürstaat überdauert hat.

Nach dem Abschluss bieten demnach viele Handwerksberufe gute Gehälter und zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten, sei es durch Fortbildungen etwa zum Erwerb des Meisterbriefes, der dem akademischen Bachelorabschluss gleichgestellt ist, bis hin sogar zur Gründung eines eigenen Unternehmens.

„Außerdem bietet das Handwerk eine starke Gemeinschaft: Die Zusammenarbeit im Team, in der Handwerksfamilie und das Bewusstsein, Teil einer langen Tradition zu sein, schaffen ein starkes Zugehörigkeitsgefühl, Integrationswege und Identität“, wirbt Dittrich.

Das Handwerk sei nicht nur ein wichtiger Motor für Wachstum und Wohlstand in Deutschland, sondern stelle mit über einer Million Betrieben auch einen wesentlichen Teil des Mittelstands dar.

Auch international genieße das deutsche System der dualen Ausbildung einen hervorragenden Ruf und stehe für Qualität und hohen Standard.

„Viele erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer haben ihre Karriere mit einer handwerklichen Ausbildung begonnen. Diese Möglichkeiten machen das Handwerk besonders attraktiv, auch für Fachkräfte aus dem Ausland“, betont Dittrich.



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