Habeck will „Kriegsgewinner“ besteuern und warnt vor „astronomischen“ Gaspreisen

Er halte ein von Moskau verhängtes Energie-Embargo zwar für nicht vernünftig, sagt Wirtschaftsminister Habeck in der ARD. Aber: Im Kreml regiere "offensichtlich nicht mehr die Vernunft".
Einig in der Frage nach einem Embargo für russisches Gas und Öl: Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck sehen darin keine Sanktions-Option für Deutschland.
Einig in der Frage nach einem Embargo für russisches Gas und Öl: Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck sehen darin keine Sanktions-Option für Deutschland.Foto: Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa
Epoch Times9. März 2022

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schließt nicht aus, dass Russland seine Gaslieferungen an Europa stoppen könnte.

„Nichts ist ausgeschlossen“, sagte Habeck im „ARD“-Brennpunkt zum Krieg gegen die Ukraine. Er halte ein Energie-Embargo von russischer Seite zwar für nicht vernünftig und deshalb auch nicht für realistisch.

Im Kreml regiere aber „offensichtlich nicht mehr die Vernunft“. Dort würden vielmehr von „Emotionen geleitete Entscheidungen getroffen“, sagte der Grünen-Politiker, der eindringlich vor den wirtschaftlichen Folgen warnte, die ein solches Embargo mit sich brächte.

Habeck: EU füllt mit Ölimporten russische „Kriegskasse“

Deutschland könne sich hier auch nicht mit den USA vergleichen, sagte Habeck. Die USA hätten Fracking-Gas, das sie auf der ganzen Welt verkaufen wollten und seien auch selbst ein Öl-Exportland. Er habe mit Partnern in den USA gesprochen, die sich dessen bewusst seien, dass Deutschland und Europa nicht „ohne erhebliche wirtschaftliche Verwerfungen zu riskieren“ ein Embargo auf russische Energie-Importe verhängen könnten.

Gleichzeitig räumte Habeck ein, dass die EU vor allem mit den Ölimporten aus Russland die „Kriegskasse“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin fülle. Das Problem sei aber: „Wenn wir das tun und die Lieferketten reißen, dann reden wir nicht über autofreie Sonntage oder so etwas, sondern dann reden wir über schwere Schädigungen des wirtschaftlichen Kreislaufs, über Arbeitslosigkeit, über große gesellschaftliche Schäden“, sagte Habeck zu den möglichen Folgen eines Embargos. Er sei auch nicht sicher, ob solch ein Embargo über einen längeren Zeitraum durchzuhalten wäre.

Der Wirtschaftsminister ging auch auf Distanz zu einer Stellungnahme der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Darin waren Wissenschaftler zu dem Schluss gekommen, dass ein Importstopp für russisches Gas unter bestimmten Voraussetzungen für die deutsche Volkswirtschaft verkraftbar wäre. Die Rechnung der Leopoldina sei „abstrakt“, spiegele aber nicht „die Wirklichkeit in Deutschland“, sagte Habeck dazu.

Keine Entwarnung für den Winter

Deutschland sei für die kommende Zeit zwar sicher mit Gas versorgt, aber für den Winter könne er „noch keine Entwarnung geben“, sagte Habeck. Die Preise würden schon jetzt „astronomisch“ werden, erklärte der Minister – auch mit Blick auf Preisrekorde an den Tankstellen.

Nach Beratungen der Energieminister von Bund und Ländern hatte der Wirtschaftsminister erklärt, man prüfe mit Blick auf die europäische Regelsetzung, ob „Kriegsgewinne“ von Unternehmen, die sehr günstig Energie eingekauft hätten, sie jetzt aber zu exorbitanten und nur durch den Krieg getriebenen Preisen verkauften, noch einmal besteuert werden könnten. Dies könnte einen dämpfenden Effekt auslösen.

„Ich will aber ausdrücklich sagen, da war noch niemand. Das ist ein Markteingriff, den wir so noch nicht durchgespielt haben in Deutschland.“

Habeck spricht von Entlastungen für Verbraucher

Man könne die Preisexplosion an den Märkten aber nicht hinnehmen, so Habeck. Die Bundesregierung prüfe, ob angesichts der durch den Krieg getriebenen und zur Spekulation einladenden Preissprünge weitere Entlastungen für die Verbraucher geschaffen werden könnten.

An den Energiemärkten haben die Börsenpreise für kurzfristige Gaslieferungen seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich zugelegt.

Scholz setzt weiter auf russische Importe

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz betonte zuletzt, man werde weiter auf Energieimporte aus Russland setzen. „Die Versorgung Europas mit Energie für die Wärmeerzeugung, für die Mobilität, die Stromversorgung und für die Industrie kann im Moment nicht anders gesichert werden“, sagte der Kanzler. Energie aus Russland sei von essenzieller Bedeutung für das tägliche Leben.

Auch die deutsche Industrie lehnte ein Embargo auf russische Energielieferungen ab. „Debatten um ein europäisches Energieembargo gegen Russland sind ein Spiel mit dem Feuer“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm. „Ein Embargo droht Deutschland und die EU schärfer zu bestrafen als den Aggressor.“

Keine Geschäfte mit „verbrecherischem Regime“

Anders sieht das die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Drohung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Gaspipeline Nord Stream 1 abzuschalten, „zeigt nur, dass ihn unsere Sanktionen hart treffen“, sagt die FDP-Politikerin. „Wir müssen jetzt das Heft des Handelns in der Hand behalten und uns dazu entscheiden, ein neues Kapitel Gas und Öl aufzuschlagen. Deutschland muss den Importstopp dieser beiden Rohstoffe aus Russland sofort umsetzen.“

Auch die Jungen Liberalen fordern ein Ende deutscher Energieimporte aus Russland. „Jede Sanktion, die bisher noch zurückgehalten wurde, muss nun umgesetzt werden“, erklärt die Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation, Franziska Brandmann. „Mit einem verbrecherischen Regime, das Krieg gegen unsere Freunde in der Ukraine führt und für das Sterben von Kindern, Jugendlichen und weiteren unbeteiligten Zivilisten verantwortlich ist, macht man keine Geschäfte.“

Umfrage: Mehrheit für Embargo

Auch in der Bevölkerung gäbe es laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag des „Handelsblatts“ eine Mehrheit für einen Stopp der Öl- und Gasimporte aus Russland – auch wenn dadurch die eigene Versorgungssicherheit gefährdet ist.

Demnach befürworten 54 Prozent der Befragten einen solchen Schritt. 30 Prozent erklärten auf eine entsprechende Frage, sie seien „voll und ganz“ dafür, 24 Prozent antworteten mit „befürworte ich eher“. 19 Prozent lehnen laut Zeitung die Aussetzung eher ab, weitere 17 Prozent sind voll und ganz dagegen. (dpa/red)



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