Habeck: Strompreise auch nach Atomausstieg gefallen

Ein Jahr nach dem Atomausstieg in Deutschland hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Schritt verteidigt. Alle an die Wand gemalten Schreckensszenarien seien nicht eingetreten, sagte Habeck. CDU-Generalsekretär Linnemann sieht das anders.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: «Derjenige, der den Frieden gefährdet, ist Putin».
„Wir sehen heute, dass die Stromversorgung weiter sicher ist, die Strompreise auch nach dem Atomausstieg gefallen sind und die CO2-Emissionen ebenfalls runtergehen“, sagt Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen).Foto: Britta Pedersen/dpa
Epoch Times14. April 2024

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigt ein Jahr nach dem Atomausstieg den Schritt. Alle an die Wand gemalten Schreckensszenarien seien nicht eingetreten, sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Wochenende. Dagegen sprach CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann von einem „historischen Fehler“, den die Union korrigieren wolle.

Am 15. April 2023 wurden die letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Habeck sagte:

Wir sehen heute, dass die Stromversorgung weiter sicher ist, die Strompreise auch nach dem Atomausstieg gefallen sind und die CO2-Emissionen ebenfalls runtergehen.“

Atomenergie „international nicht wettbewerbsfähig“

Forderungen nach einer Rückkehr zur Kernkraft wies Habeck zurück. Atomenergie sei international nicht wettbewerbsfähig, Kosten aktueller Projekte würden explodieren. Außerdem sei die Endlagerfrage in Deutschland weiter ungelöst.

Habeck rechtfertigte dabei, dass nach dem Atomausstieg Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen wurden. Dies sei als Absicherung nötig gewesen – dennoch sei 2023 so wenig Kohle verstromt worden wie seit den 1960er Jahren nicht mehr.

Deutschland habe genug Kapazitäten

Im Strombereich sehe man, dass die Reformen griffen. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien nimmt richtig Fahrt auf, wir vereinfachen und beschleunigen Genehmigungsverfahren, die Preise an den Strombörsen sind stark gefallen. Seit dem Atomausstieg vor einem Jahr um 40 Prozent.“ Gleichzeitig liefen Kohlekraftwerke so wenig wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Deutschland habe ausreichend eigene Kapazitäten, den Strombedarf im Inland zu decken, sagte Habeck. „Gleichwohl nehmen wir am europäischen Strombinnenmarkt teil.“

„Wir haben im letzten Jahr zwei Prozent unseres Bruttostromverbrauchs mit Importen gedeckt. Über die Hälfte der Importe war erneuerbarer Strom aus Dänemark und Norwegen, der besonders günstig war“, sagte er den Funke-Zeitungen. „Nur rund ein Viertel war Atomstrom aus Frankreich.“

CDU: „Alle Warnungen von Experten sind eingetreten“

CDU-Generalsekretär Linnemann sagte den Funke-Zeitungen hingegen, „ein Jahr nach Habecks Kernkraft-Aus zeigt sich: Alle Warnungen von Experten sind eingetreten.“

Deutschland sei abhängiger von Stromimporten geworden, die Wirtschaft ächze unter hohen Energiepreisen – und kein anderes Land der Welt folge dem Kurs der Bundesregierung. Die Union wolle dies korrigieren.

Zuvor hatte die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) weiterhin hohe Strompreise beklagt. DIHK-Präsident Peter Adrian sagte ebenfalls den Zeitungen der Funke Mediengruppe, dass die deutschen Strompreise an der Börse noch immer doppelt so hoch seien wie 2019.

Allerdings sind die Preise im Verlauf des vergangenen Jahres gefallen. Zusammen mit Steuern, Netzentgelten und Umlagen seien die Kosten zum Teil sogar viermal so hoch wie in anderen Ländern, sagte Adrian.

Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft lag der durchschnittliche Strompreis für die Industrie bei Neuabschlüssen Anfang 2024 bei 17,65 Cent pro Kilowattstunde, 2019 waren es demnach 18,43 Cent. Etwa ein Drittel davon entfiel damals noch auf die EEG-Umlage, die inzwischen nicht mehr fällig wird. In der Energiekrise war der Preis auf 43,20 Cent hochgeschnellt.

Habeck: Endlagerfrage in Deutschland weiter ungelöst

Auf die Frage, ob der Atomausstieg unumkehrbar sei, sagte Habeck: „Wir haben am 15. April 2023 das vollzogen, was die schwarz-gelbe Koalition 2011 beschlossen hat, und daher die letzten deutschen Kernkraftwerke endgültig abgeschaltet.“

Inzwischen werde deutlich, dass gerade die Regionen in Deutschland mit viel erneuerbaren Energien echte Standortvorteile genießen. „Wenn manche dennoch auf die Rückkehr zu Atomenergie setzen, sollte man registrieren, dass international Atomenergie nicht wettbewerbsfähig ist und Kosten aktueller Projekte explodieren.“

Zudem sei die Endlagerfrage in Deutschland weiter ungelöst. „Es wäre daher besser, nicht permanent zu hinterfragen, worauf sich das Land einmal geeinigt hat, sondern sich auf das Lösen aktueller Probleme zu fokussieren.“ Es brauche Verlässlichkeit, auch für Investitionssicherheit.

Der Vorsitzende der Umweltschutzorganisation BUND, Olaf Bandt, sieht Deutschland durch den Atomausstieg „auf einem guten Weg zu einem wirklich nachhaltigen Stromsystem, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet.“ Nun gelte es, dieses nachhaltige Stromsystem naturverträglich voranzutreiben. (afp/dpa/red)



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