Habeck beunruhigt über Lage bei Thyssenkrupp – sieben Manager weg

Wirtschaftsminister Habeck appelliert an Thyssenkrupp: Der von Bund und Land subventionierte ökologische Umbau der Stahlsparte sei fortzuführen. Es flossen rund zwei Milliarden Euro staatliches Geld in das Unternehmen.
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Das Werksgelände des Stahlherstellers HKM (Hüttenwerke Krupp Mannesmann) in Duisburg am 13. August 2024. Thyssenkrupp Steel beabsichtigt seine Beteiligung an HKM zu verkaufen. Der Stahlkonzern hält 50 Prozent an HKM, der Konkurrent Salzgitter 30 Prozent und der französische Rohrhersteller Vallourec 20 Prozent.Foto: Ina Fassbender/AFP via Getty Images
Epoch Times30. August 2024

Nachdem sich die Krise beim Stahlkonzern Thyssenkrupp verschärft hat, zeigt sich auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) beunruhigt.

„Die Situation bei Thyssenkrupp hat sich auf allen Seiten sehr unversöhnlich zugespitzt“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Das ist kein guter Zustand.“

„Alle Beteiligten tragen große Verantwortung für die Mitarbeitenden und die Standorte des Traditionsunternehmens und auch für den Stahlstandort Deutschland insgesamt. Sie müssen deshalb dafür sorgen, dass das Unternehmen jetzt schnell in ruhiges und stabiles Fahrwasser kommt.“

Miteinander reden, ökologischen Umbau fortsetzen

Voraussetzung dafür sei laut Habeck „nicht zuletzt ein vernünftiges und konstruktives Miteinander von Arbeitgeber- und -nehmerseite.“

Habeck fordert, trotz aktueller Schwierigkeiten den von Bund und Land mit rund zwei Milliarden Euro subventionierten ökologischen Umbau der Stahlsparte fortzuführen.

„Bund und Land haben konkrete Unterstützung zur Sicherung des Stahlstandortes Duisburg und Nordrhein-Westfalen geliefert. Die Unternehmensseite muss aber eben auch ihren Teil beitragen, damit die Transformation gelingt und eine zukunftsfähige Stahlproduktion am Wirtschaftsstandort Deutschland gesichert wird.“

Börsenkurs ist eingebrochen

In den sozialen Medien heißt es unter anderem zur aktuellen Lage des Konzerns, dass „der einst mächtige Industrieriese Thyssenkrupp jetzt an der Börse ohne Wert gehandelt“ werde. „Die Aktien des Unternehmens spiegeln einen negativen Unternehmenswert wider, der auf eine Mischung aus schlechtem Management und den Herausforderungen der Geschäftstätigkeit in Deutschland zurückzuführen ist.“

Durch die Bedeutung des Unternehmens ist die Situation politisch brisant. Wie es nun weitergeht, ist ungewiss.

Thyssenkrupp treibt die Abspaltung der kriselnden Stahltochter voran. 20 Prozent wurden bereits an die Firma EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky verkauft. Geplant ist, weitere 30 Prozent an EPCG abzutreten. Streit gibt es vor allem über die weitere Finanzierung der Stahlsparte. Arbeitnehmervertreter warnen außerdem seit Monaten vor einem möglichen Stellenabbau wegen der geplanten Restrukturierung.

Klar ist jedoch, dass Ende September der sogenannte Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV) der AG mit der Stahltochter ausläuft. Derartige Verträge werden in der Regel für einen fest vereinbarten Zeitraum abgeschlossen.

Was ist der BGAV?

Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag regelt im deutschen Gesellschaftsrecht die Beziehung zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft.

Mit dem Auslaufen verliert die Muttergesellschaft das Recht, der Tochtergesellschaft direkte Weisungen zu erteilen und deren Gewinne vollständig abzuführen.

Die Stahltochter wird nicht mehr verpflichtet sein, ihren gesamten Gewinn an die Muttergesellschaft abzuführen. Und die Muttergesellschaft wird nicht mehr für etwaige Verluste der Tochtergesellschaft aufkommen müssen. 

Das Recht der Minderheitsaktionäre auf eine jährliche Ausgleichszahlung, die im BGAV festgelegt war, endet. Ebenso erlischt das Recht der Minderheitsaktionäre, ihre Aktien zu einem festgelegten Abfindungspreis an die Muttergesellschaft zu verkaufen. 

Gewinne und Verluste können nicht mehr direkt zwischen den Gesellschaften verrechnet werden.

Das Auslaufen des BGAV markiert einen signifikanten Wendepunkt in der Beziehung zwischen der Muttergesellschaft und ihrer Stahltochter, mit weitreichenden rechtlichen, finanziellen und operativen Konsequenzen für beide Unternehmen.

Vier Vorstände gehen, nachdem drei andere Vorstände rausgeworfen wurden

Es gibt seit längerem Unstimmigkeiten über die finanzielle Ausstattung und Zukunft der Stahlsparte.

Konzernchef Miguel López drängt auf stärkere Sparmaßnahmen, während Stahlchef Bernhard Osburg mehr Geld für den klimafreundlichen Umbau der Stahltochter fordert. Lopez möchte die Stahltochter in die Selbstständigkeit entlassen – um Risiken für den Mutterkonzern zu minimieren.

Nun ziehen sich der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Sigmar Gabriel, der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Detlef Wetzel sowie Wilfried Schäffer und Elke Eller „fristgerecht“ aus dem Aufsichtsrat der Stahlsparte zurück.

Grund für ihren Rücktritt ist der vorangegangene Rauswurf von drei Mitgliedern des Vorstands der Stahlsparte durch den Chef des Mutterkonzerns.

Thyssenkrupp-Steel-Chef Bernard Osburg musste gehen. Bernard Osburg ist Präsident des Branchenverbands Wirtschaftsvereinigung Stahl und gilt in Branchenkreisen als „bester Stahlvorstand“, den „Thyssenkrupp je hatte.“ Die Branche ist über den Umgang mit Osburg irritiert.

Markus Grolms und Heike Denecke-Arnold, auch hochrangige Manager im Aufsichtsrat der Stahlsparte, legten danach ihre Mandate nieder. (dts/red)



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