Green Deal der EU: Textilbranche befürchtet Einfuhrverbot von Baumwolle
Auch die Textilbranche soll ihren Beitrag zur gesetzlich vorgeschriebenen Reduzierung der CO₂-Emissionen in den EU-Mitgliedstaaten leisten. Deren Reduzierung um mindestens 55 Prozent bis 2030 ist dabei nur ein Teilziel des Green Deal, mit dem die EU bis 2050 eine vollständige sogenannte Klimaneutralität anstrebt.
Dies könnte das Aus für die Einfuhr von Baumwolle in die EU bedeuten, berichtet das Mode-Newsportal „Fashion United“. Aus der widerstandsfähigen und angenehm zu tragenden Naturfaser wird seit Jahrhunderten Kleidung hergestellt und sie wird auch für zahlreiche andere Produkte genutzt.
Laut EU-Richtlinien sollen bis 2030 die Hälfte aller Textilien wiederverwendbar und 25 Prozent kreislauffähig sein. Bis 2050 strebt die EU sogar die vollständige Kreislauffähigkeit in der Textilbranche an.
Ob Baumwolle dazu einen Beitrag leisten kann, erscheint beim derzeitigen Stand der Technik fraglich. Eine vollständige kreislaufmäßige Nutzung der Baumwollfaser erweist sich als schwierig, da sie zu klein und zu schwach ist und daher bisher nur in geringen Anteilen mit Neuware zu neuen Kleidungsstücken verwoben werden kann.
Die EU hält aber auch den konventionellen Anbau von Baumwolle für problematisch. Das Verfahren zur Stoffproduktion erfordert enorme Mengen an Wasser und Chemie und belastet somit die Umwelt. Auch gibt es sozial-ethische Problempunkte.
Zur Herstellung von 1 Kilogramm Standardbaumwolle würden etwa 10.000 Liter Wasser und 1 Liter Chemikalien benötigt, berichtet „Fashion United“. Der Anbau von Baumwolle in einer Monokultur mache sie schädlingsanfällig, wodurch ein hoher Pestizideinsatz erforderlich sei, der zudem die Gesundheit der Arbeiter gefährde. Überdies lauge die einseitige Nutzung die Böden aus, schreibt die Leibniz Universität Hannover.
Baumwolle wichtigste Naturfaser
Eine Alternative wäre der Anbau von Biobaumwolle. Bei ihr werden für den Anbau keine Pestizide verwendet. Und auch die Verarbeitung erfolgt anders als in der konventionellen Produktion. Es werden keine Bleichmittel, Farbstoffe oder anderen chemischen Substanzen eingesetzt, die die Umwelt belasten. Ein Verzicht auf den Pestizideinsatz bedeutet allerdings auch einen geringeren Ertrag.
Noch ist die Baumwolle eine der wichtigsten Naturfasern für die Textilproduktion. Sie hat einen Anteil von etwas über 20 Prozent der Weltfaserproduktion. Die händische Ernte gilt trotz aller Maschinentechnik als die sauberste Methode. Die meisten Baumwollpflücker sind Frauen. Ihr Anbau ist die Lebensgrundlage für rund 250 Millionen Menschen, die zumeist in Entwicklungsländern auf der südlichen Erdhalbkugel leben. Ein Einfuhrverbot erwiese sich aufgrund der Abhängigkeit vieler Menschen von der Baumwollindustrie als sozial-ethisch problematisch.
Aktuell sind die Schwellenländer China und Indien die größten Baumwollproduzenten mit etwa der Hälfte der weltweiten Anbaumenge. China ist dafür bekannt, in großem Umfang Zwangsarbeiter für die Baumwollernte einzusetzen.
Mischfasern und Kunststoff keine Lösung
Eine Alternative zu reinen Baumwollprodukten wären Mischfasern. Das Recycling der daraus hergestellten Kleidungsstücke erweist sich jedoch als aufwendig. Hier könnten neue Entwicklungen eine Lösung sein.
Auch Kleidung aus reinem Kunststoff (PET) wäre theoretisch eine Lösung. Sie verbraucht bei der Produktion weniger Wasser und kann besser als Baumwolle recycelt werden. Allerdings ist der Tragekomfort deutlich schlechter, was ihre Nachfrage begrenzt.
Deshalb sei Baumwolle immer noch eine Schlüsselfaser für die Industrie, so der Modeexperte und Designer Jeroen van Rooijen gegenüber „20 minuten“. Auch die PET-Kleidung sei nur zu bestimmten Anteilen recycelbar und zudem mit dem Problem des Mikroplastiks belastet, so van Rooijen weiter.
EU: Anreize für Veränderung wichtig
Da das Recycling von Baumwoll- und synthetischen Textilprodukten aufwendig ist, ist es für die EU nur ein Baustein für einen Wandel in der Textilindustrie. Die EU-Textilstrategie beinhaltet Anreize für den Anbau von Biobaumwolle. Daraus gefertigte qualitativ hochwertige Kleidung soll länger vom Käufer getragen werden können und auch für die Secondhandnutzung geeignet sein.
Darüber hinaus wird empfohlen, weniger und gezielter hochwertige Kleidungsstücke zu kaufen, die hohe ökologische und sozial-ethische Richtlinien erfüllen und bei Verschleiß repariert werden können. Dies könne dazu beitragen, große Mengen an Kleidungsmüll zu vermeiden, die aus westlichen Ländern in Entwicklungsländer als „Kleiderspende“ abgegeben werden und dort den heimischen Textilmarkt ruinieren.
Van Rooijen hofft, dass die EU-Verordnung einen Schub in der technologischen Entwicklung für das Recycling von ausgedienter Baumwollkleidung auslöst. Technologien dafür seien bereits auf dem Markt, würden aber nicht industriell genutzt und gefördert, kritisierte er. Insgesamt sei die Recyclingquote erschreckend niedrig, erklärt der Modeexperte.
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