Gravitationszentrum der weltwirtschaftlichen Entwicklung verlagert sich zunehmend nach Asien

Deutschland ist dort fast überall wichtigster europäischer Handelspartner
Von 20. Juli 2006

Bonn/Berlin – Asien wird ökonomisch und politisch immer wichtiger. Um der gestiegenen Bedeutung dieser Region Rechnung zu tragen, wurde im Jahr 1993 der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) ins Leben gerufen. In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat jetzt Heinrich von Pierer, Vorsitzender des Aufsichtsrates von Siemens, den Vorsitz des APA an Jürgen Hambrecht, Vorsitzender des Vorstandes der BASF-Aktiengesellschaft, übergeben.

Von Pierer betonte in seiner Ansprache, dass die Initiative der deutschen Wirtschaft von Anfang an in die Asien-Initiative der Bundesregierung eingebettet gewesen sei. Die gemeinsamen Reisen mit dem damaligen Kanzler Kohl – besonders nach China – seien „Highlights“ und für viele Firmen eine Art „Türöffner“ gewesen. Unter der rot-grünen Regierung sei dieser Kurs weiter geführt worden. Der scheidende APA-Vorsitzende hob drei Dinge hervor. Erstens sei es dem APA um eine Stärkung der deutschen Präsenz in der dortigen Region gegangen: „Im übrigen nicht nur der großen Unternehmen, sondern auch des Mittelstands. Wir haben immer wieder betont: der APA ist keine Veranstaltung der Großindustrie. Und wir haben das auch so praktiziert.“

Zweitens habe man ein höheres Interesse der asiatischen Partner an Deutschland erzielen wollen. Drittens sei es um eine Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und in Asien gegangen. Die bisherige Bilanz falle positiv aus, so von Pierer: „Die deutschen Exporte nach Asien lagen 2005 bei 73 Milliarden Euro – 1993 waren es gerade mal 33 Milliarden. Die Zahl deutscher Unternehmen in der Region ist von 1.800 auf 3.200 gestiegen. Die deutschen Direktinvestitionen in Asien haben sich auf 43 Milliarden Euro mehr als vervierfacht. Und der Umsatz deutscher Unternehmen vor Ort ist von 36 auf fast 150 Milliarden angewachsen.“ Auch mehr und mehr asiatische Firmen engagierten sich in Deutschland. 2004 seien es nach Angaben der Bundesbank 550 Firmen gewesen – im Vergleich zu 260 im Jahr 1993: „Deutschland ist heute für nahezu alle Länder in Asien der wichtigste europäische Handelspartner“.

Von Pierer hob hervor, dass die asiatischen Länder Vorreiter beim Abschließen bilateraler Freihandelsabkommen mit Drittländern seien – und das parallel zu den multilateralen Vereinbarungen der WTO China und Japan täten sich deisbezüglich hervor, aber auch die USA gingen konsequent diesen Weg: „Da müssen wir auf der Hut sein und nachdem die Gefahr besteht, dass sich die Dinge zu unseren Lasten entwickeln, müssen wir auch dagegen halten.“

Jürgen Thumann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), belegte mit einigen Fakten, dass sich seit dem Gründungsjahr der APA das „Gravitationszentrum der weltwirtschaftlichen Entwicklung“ immer mehr in den asiatisch-pazifischen Raum verlagere. So wachsen die dortigen Volkswirtschaften durchschnittliche mehr als doppelt so schnell wie die Industrieländer Europas. Heute lebt schon mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung im asiatisch-pazifischen Raum. Der durchschnittliche Bürger der Region sei immer besser ausgebildet, so Thumann. Und insbesondere in Süd- und Südasien viel jünger als in Westeuropa. Allein in Indien sei ein Drittel der Menschen unter 15 Jahre alt. China, Japan und Indien vereinigten bereits heute mehr als ein Viertel des globalen Bruttosozialproduktes auf sich – gemessen an der Kaufkraft. Drei der vier kaufkräftigsten Märkte lägen damit heute schon in Asien.

„Experten gehen davon aus, dass in den kommenden drei Jahren mit einem weiteren Rückgang der Investitionen in Nordamerika und Europa zu rechnen ist. Im asiatisch-pazifischen Raum und in Lateinamerika ist hingegen mit einem robusten Wachstum zu rechnen“, so die Einschätzung des Emerging Markets-Experten Jörg Peisert, Geschäftsführer der Jörg Peisert und Partner Vermögensmanagement GmbH. Der World Health Report 2006, der in jüngst von Capgemini und Merril Lynch präsentiert worden sei, zeige ganz klar, dass die Zahl vermögender Privatanleger in den so genannten Schwellenländern und im Asien-Pazifik-Raum stark anwachse. In Südkorea und Indien gebe es besonders starke Zuwachsraten. Europa falle hingegen hinter andere Regionen zurück. Peisert bekundet Sympathie für den indischen Markt und fordert zu mehr Realismus im Verhältnis zu China auf. Dort habe man es häufig mit Produktpiraterie und sehr schwierigen Verhandlungspartner zu tun. Blauäugigkeit gegenüber den „ausgeschlafenen“ chinesischen Verhandlungspartner könne sich schnell rächen.Verfasser: Paul Humberg



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