Goldgräberstimmung beim Börsengang der chinesischen Großbank ICBC
Weltweit wurde die Erstnotiz der Industrial & Commercial Bank of China (ICBC) als größter Börsengang der Geschichte gefeiert. Deutsche Großkonzerne wie die Allianz steigen in das Geschäft mit den immer konsumfreudigeren Chinesen ein. Kritische Stimmen sprechen jedoch bereits von einer an die „New Economy“ erinnernden China-Blase im Bankensektor. Faule Kredite könnten die Jubelstimmung bei den Anlegern in China wie auch im Rest der Welt bald trüben.
Die reinen Fakten sprechen für sich, wenn es darum geht, die Bedeutung des „going public“ der ICBC für die Welt zu unterstreichen. 22 Mrd. Dollar Gesamtvolumen, eine 78-fache Überzeichnung der ausgegebenen Aktien, 14,6 Prozent Kursgewinn am ersten Handelstag in Hongkong, 150 Millionen Privatkunden, 2,5 Millionen Geschäftskunden, das sind mehr Kunden als Deutschland und Spanien zusammen Einwohner haben.
Der bis dato größte Börsengang des japanischen Telekomunternehmens NTT DoCoMo wurde um knapp vier Mrd. Dollar übertroffen. Doch ob sich die Großinvestoren, zu denen neben US-Konzernen wie Goldman Sachs und American Express auch die deutsche Allianz gehört, auch auf längere Sicht eine goldene Nase verdienen werden, bleibt abzuwarten.
Fallen Großinvestoren auf die am ersten Handelstag bereits erworbene „goldene Nase“?
Zumindest ist im chinesischen Bankenmarkt nicht alles Gold, was glänzt. Erst im Mai dieses Jahres wurde ein Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young veröffentlicht, wonach Chinas Banken auf einem Berg an faulen Krediten in der Höhe von 900 Mrd. Dollar sitzen, die im Falle ihrer Uneinbringlichkeit längerfristig den Erfolg der ICBC-Aktien trüben könnten.
Die Studie wurde in weiterer Folge zwar zurückgezogen, internationale Pressestimmen wurden jedoch laut, dass dies auch damit zu tun haben könne, dass Ernst & Young auch als Wirtschaftsprüfer beim ICBC-Börsengang fungierten. Dem Nachrichtendienst „Stratfor“ zufolge sei allgemein bekannt, dass China Ernst & Young mit dem Entzug des Mandats gedroht habe.
In einem offiziellen Bericht der „Peoples Bank of China“ heißt es, dass der Prozentsatz der faulen Kredite seit 2001 von 31 auf acht Prozent gesunken sei. Dazu schreibt die österreichische Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“ am 2. August 2006: „Was Kreditausfälle ihrer Banken betrifft, inszeniert auch die Regierung Chinas ein kunstvolles Schauspiel. (…) In Wahrheit hängt der dramatische Rückgang der faulen Kredite vor allem mit Kosmetik zusammen.“ So seien die betreffenden nicht einzubringenden Kredite einfach auf mehrere kleinere Kreditinstitute verteilt worden, die im Gegenzug Staatsanleihen im gleichen Wert erhielten.
Unklar bleibt auch, wie die chinesische Regierung die Mittel verwenden wird, die aus dem Börsengang in ihre Kassen gespült wurden. Wenn man die Privatisierung der ICBC (22 Mrd. Dollar), der Bank of China (11 Mrd. Dollar) und der China Construction Bank (9 Mrd. Dollar) zusammen zählt, kommt man auf die Summe von 42 Mrd. Dollar, die der chinesischen Regierung allein im Jahresabstand aus Börsengängen der großen Staatsbanken zugeflossen sind.
Börsenprospekt entsprach nicht dem westlichen Standard
In westlichen Finanzkreisen wurde Kritik am Inhalt und der Zugänglichkeit zur englischen Ausgabe des Börsenprospekts laut. Obwohl es sich bei den Konsortialführern um die Großen der Branche wie Deutsche Bank und Merrill Lynch handelte, entsprach der Prospekt von westlichen Standards her betrachtet nicht den bei uns üblichen Kriterien.
Bedenklich allemal, da es sich doch um den größten Börsengang der Geschichte und um jene Bank handelt, die einen großen Teil der Ersparnisse der chinesischen Bevölkerung aufbewahrt, und nicht um einen „New Economy“-Wert der 90er Jahre. Damals reichte es oft aus, die eigene Geschäftsidee und eine Internet-Seite gut darzustellen, um als „globales High-Tech Unternehmen im B2B-Bereich“ an der Börse reich zu werden.
Heute werden ob des Booms in China bereits einige Stimmen laut, ob im Bankensektor nicht eine „China-Blase“ am Entstehen ist. Sollte diese platzen, müssten genau diejenigen Unternehmen, die bei den jüngsten Börsengängen eingestiegen sind und sich jetzt über die Emissionsgewinne freuen, die Zeche bezahlen, ganz zu schweigen von dem weiteren Flurschaden, den ein Bankenkrach nach sich ziehen würde.
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