Trotz Krise: Rekordeinnahmen der Gemeinden bei Gewerbesteuer
Die Corona-Pandemie, der Fachkräftemangel und die derzeit zunehmende Inflation samt entsprechendem Konsumrückgang setzten dem deutschen Gewerbe bisher schwer zu. Dennoch erreichte das Gewerbesteueraufkommen in den deutschen Gemeinden im Jahr 2021 einen Rekordstand.
Die Gemeinden nahmen durch diese Abgabe rund 61,1 Milliarden Euro ein. Das ist mehr als je zuvor seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991. Das teilte das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mit. Die Summe lag demnach noch 10,4 Prozent über der des Vorkrisenjahres 2019.
Im Vergleich zu 2020, als die Corona-Pandemie ausgebrochen war und die Regierung entsprechende Maßnahmen wie Lockdowns angeordnet hatte, stiegen die Gewerbesteuereinnahmen sogar um 34,9 Prozent. Sämtliche Bundesländer verzeichneten in diesem Zeitraum ein Plus von rund 15,8 Milliarden Euro.
Unter den Flächenländern gab es dabei für Rheinland-Pfalz den höchsten Anstieg. Hier wuchs das Gewerbesteueraufkommen der Statistik zufolge von 2020 auf 2021 um 64,1 Prozent. Sachsen verzeichnete ein Plus von 49,2 Prozent. Bei den Stadtstaaten lag Bremen mit einem Plus von 66,4 Prozent vorn. Im Vergleich zu 2019 erzielte Hamburg als einziges Bundesland ein Minus von 3,1 Prozent. Auch im Vergleich zu 2019 stieg in Rheinland-Pfalz und Sachsen das Aufkommen aus der Gewerbesteuer am stärksten mit 35,2 Prozent beziehungsweise 20,7 Prozent. Bei den Stadtstaaten erzielte Berlin den höchsten Zuwachs mit 28,6 Prozent.
Gemeinden profitieren von höheren Hebesätzen
Die von den Gemeinden festgesetzten Hebesätze zur Gewerbesteuer sowie zur Grundsteuer A und B entscheiden maßgeblich über die Höhe ihrer Realsteuereinnahmen. Im Jahr 2021 lag der durchschnittliche Hebesatz aller Gemeinden in Deutschland für die Gewerbesteuer bei 403 Prozent und damit drei Prozentpunkte über dem des Vorjahres. Bei der Grundsteuer A stieg der Hebesatz im Jahr 2021 gegenüber 2020 um zwei Prozentpunkte auf durchschnittlich 347 Prozent. Der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B nahm gegenüber 2020 ebenfalls bundesweit um drei Prozentpunkte zu und lag im Jahr 2021 bei 481 Prozent.
Nach oben entwickelten sich im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt auch die Einnahmen aus der Grundsteuer, die ebenfalls an die Gemeinden geht. Aus der Grundsteuer A, die land- und forstwirtschaftliche Betriebe betrifft, flossen demnach 2021 rund 400 Millionen Euro, 0,4 Prozent mehr als 2020. Bei der Grundsteuer B, die auf Grundstücke erhoben wird, ergab sich eine Steigerung um 2,2 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro. Insgesamt erzielten die Gemeinden in Deutschland im Jahr 2021 Einnahmen aus den Realsteuern (Grundsteuer und Gewerbesteuer) von rund 76,1 Milliarden Euro. Gegenüber 2020 ist dies ein Anstieg um 16,1 Milliarden Euro beziehungsweise 26,9 Prozent.
Mehreinnahmen für schwache Gemeindekassen
Die Erhöhung der Hebesätze hat jedoch nichts mit der aktuellen Grundsteuerreform zu tun. Stattdessen verwenden die Akteure die zusätzlichen Gelder, um die Löcher in ihren Kassen auszugleichen. Deshalb bitten sie Landwirte (Grundsteuer A), Hausbesitzer (Grundsteuer B) und Gewerbetreibende stärker zur Kasse. Dabei befinden sich sowohl die Steuereinnahmen des Staates als auch die der Länder und Kommunen im Jahr 2021 und im ersten Quartal 2022 auf einem Rekordniveau.
Der Bund der Steuerzahler führte kürzlich eine Umfrage unter den 50 größten Städten und Gemeinden in Rheinland-Pfalz zu ihren Realsteuer-Hebesätzen durch. Diese lässt überraschend viele Erhöhungen für das Jahr 2022 erkennen. „Es ist zu befürchten, dass aufgrund der Grundsteuerreform die Hebesätze noch weiter steigen werden“, sagte der Bund der Steuerzahler. Dabei ist Rheinland-Pfalz nicht das einzige Bundesland, in dem die Hebesätze weiter angehoben werden.
So berichtete etwa der Kölner Stadtanzeiger bereits Anfang dieses Jahrs über drastische Grundsteuererhöhungen in Bergisch Gladbach. Dort wurde die Grundsteuer B zum Jahreswechsel von 570 auf 731 Prozentpunkte angehoben. Ein Aufschlag von 28,5 Prozent.
Die „Neue Gelnhäuser Zeitung“ aus dem Main-Kinzing-Kreis hatte Ähnliches berichtet. Bürgermeister Daniel Glöckner hat den Entwurf des Haushaltsplans 2022 in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Dieser sieht Erhöhungen sowohl bei der Grundsteuer B als auch bei der Gewerbesteuer vor. Der Hebesatz für Grundstücksbesitzer soll demnach von 450 auf 630 Prozentpunkte steigen, die Steuer für Geschäfte, Firmen und Betriebe soll von 380 auf 532 Prozentpunkte angehoben werden.
Wie wird die Gewerbesteuer berechnet?
Das Finanzamt ermittelt den Gewerbeertrag durch die Gewerbesteuererklärung eines Unternehmens. Die Steuermesszahl beträgt einheitlich 3,5 Prozent. Das ist hier der Gewerbesteuermessbetrag. Hat ein Unternehmen einen Gewerbeertrag von 100 Euro, so beträgt der Gewerbesteuermessbetrag 3,50 Euro.
Die Gemeinde erhält den Gewerbesteuermessbescheid und verrechnet den Gewerbesteuermessbetrag mit einem Hebesatz (z.B. Faktor 4 bzw. 400 Prozent). In der Beispielrechnung wären das also bei 100 Euro Ertrag 3,5 (Gewerbesteuermessbetrag) mal 4 (Hebesatz von 400 Prozent) gleich 14 Euro zu zahlende Gewerbesteuer.
Wird also der Hebesatz erhöht, steigt automatisch die gesamte Gewerbesteuer für die Unternehmen an und die Gemeinden verzeichnen entsprechende Mehreinnahmen.
(Mit Material von afp und dts)
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