Flugbranche im Sinkflug: Verliert Deutschland durch hohe Kosten den Anschluss?
Anfang November hatten mit Ryanair, Condor und Eurowings gleich drei namhafte Airlines innerhalb kurzer Zeit angekündigt, ihre Präsenz an deutschen Flughäfen zu reduzieren. Billigflieger Ryanair hat sogar erklärt, jeden zehnten Flug von und nach Deutschland aus dem Angebot zu nehmen. Auch die Lufthansa-Tochter Eurowings leistet ihren Anteil an der Abwärtsspirale, allein in Hamburg sollen über 1.000 Flüge gestrichen werden. Das sind drei pro Tag.
Nach Bekanntwerden der Nachricht erklärte laut NDR Eurowings-Chef Jens Bischof zu den Streichungen:
Die Pläne des Flughafens für eine völlig unverhältnismäßige Erhöhung der Entgelte lassen uns keine Wahl.“
Das reduzierte Angebot werde die Anbindung Hamburgs deutlich schwächen und Fliegen spürbar verteuern, prognostizierte Bischof.
Es gebe gute Gründe für die Erhöhung, sagte Hamburgs Airport-Chef Christian Kunsch: Kosten für Energie, Personal und Fremdleistungen seien deutlich gestiegen. Außerdem wolle der Flughafen mit der Entgelterhöhung „starke umweltpolitische Anreize für die Fluggesellschaften“ setzen. Je lauter und später Flugzeuge flögen, desto höher fielen Entgelte und Zuschläge aus.
Flughafenwirtschaft in Turbulenzen
Hamburg ist kein Einzelfall. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) gibt aktuell einen deutlichen Einbruch der Passagierzahlen an Deutschlands Flughäfen bekannt. In den letzten beiden Novemberwochen schrumpfte das Passagieraufkommen um minus 2,6 Prozent und das auf einem ohnehin deutlich niedrigeren Niveau als in den Nachbarländern. Das Passagieraufkommen an den deutschen Flughäfen bleibt selbst hinter den Zahlen des schwachen Vorjahres zurück, das Gesamtaufkommen der an allen deutschen Airports abgefertigten Fluggäste liegt wöchentlich bei nur noch knapp drei Millionen.
Zudem, so der Flughafenverband, sei die Recovery-Rate (Erholungsrate) an deutschen Flughäfen alarmierend, diese habe sich seit Beginn des Winterflugplans deutlich reduziert: Noch zum Ende des Sommerflugplans (Ende Oktober) erreichte sie 91,4 Prozent. Jetzt rutschte sie auf einen neuen Tiefstwert von unter 75 Prozent ab – das ist ein Einbruch um fast 17 Prozentpunkte.
Deutschland abgehängt im europäischen Luftverkehr?
Zum ersten Halbjahr 2024 hatte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft attestiert, dass die Erholung des Luftverkehrs in Deutschland nach der Corona-Pandemie deutlich hinter der Entwicklung im restlichen Europa zurück hing. Europaweit hatte das Angebot mit 99 Prozent fast das Niveau von 2019 wieder erreicht, Deutschland hinkte mit nur 83 Prozent hinterher. Ohne die Berücksichtigung Deutschlands hätte Europa sogar 102 Prozent, ein Plus von neun Prozent, des Vor-Corona-Niveaus erreicht.
„Immer mehr Airlines kehren Deutschland den Rücken: ist Habecks Politik schuld?“, fragte „Investmentweek“ schon vor Bekanntwerden des desaströsen November-Einbruchs der Flughafenzahlen. Wesentliche Gründe für den Einbruch seien hohe staatliche Gebühren und Steuern, die die Luftfahrt von deutschen Flughäfen weniger attraktiv machten.
Durch die Steuern und Abgaben, die es in ihrer Dimension nur in Deutschland gibt, meiden Fluggesellschaften deutsche Flughäfen. Im Ergebnis werden Strecken gestrichen und Flugzeuge ins europäische Ausland verlagert. Ralph Beisel vom Flughafenverband ADV kommentiert die Entwicklung wie folgt: „Während Standorte im europäischen Ausland prosperieren, vertreiben die hohen regulativ bedingten Belastungen die Airlines. Der Einbruch bei den Passagieren an den deutschen Flughäfen setzt sich ungebremst fort. Zum Nachteil von Privat- und Geschäftsreisenden stehen Verbindungen von deutschen Flughäfen nicht mehr zur Verfügung. Wir haben ein klares Angebots-, kein Nachfrageproblem. In den vergangenen Jahren wurde die Luftverkehrsteuer mehrfach erhöht.“
Es sei dringend notwendig, dass eine neugewählte Bundesregierung Maßnahmen zur Entlastung von Airlines und Flughäfen ergreift. Deutschland sollte sich Schweden als Vorbild nehmen und als erste Maßnahme die Luftverkehrsteuer ersatzlos streichen.
Schon im Oktober hatte der Verband gewarnt und an Beispielen vorgerechnet, in welchen konkreten Zahlen sich der Wettbewerbsnachteil Deutschlands für die Luftfahrtindustrie widerspiegelte. Die Steuern und Gebühren hierzulande seien bis zu viermal höher als in anderen europäischen Ländern.
Teure Standorte – leere Flughäfen.
Die Ergebnisse der detaillierten Analyse des Flughafenverbandes ADV zeigen eine alarmierende Kostenbelastung für den Luftverkehrsstandort Deutschland im Vergleich zu europäischen Nachbarländern. Es wurden 49 deutsche und europäische Flughäfen aus 20 Ländern verglichen.
So sind laut Analyse staatlich induzierte Standortkosten für Kurz- und Mittelstreckenflüge in Deutschland um 173 Prozent höher als in den europäischen Nachbarländern. Deutschland schlägt mit durchschnittlich 3.545 Euro zu Buche, die Nachbarländer hingegen nur mit 1.298 Euro. Bei Langstreckenflügen ist Deutschland noch teurer: Der Kostenunterschied ist in Deutschland um circa 300 Prozent höher.
Beispiel: Für die Verbindung Frankfurt nach New York sind 18.303 Euro Standortkosten fällig. Die Kosten ab Paris nach New York hingegen belaufen sich auf circa ein Drittel davon mit 6.413 Euro.
Teures Abheben in Deutschland
Ein großer Kostentreiber ist die Luftverkehrsteuer. Steigende Gebühren für Flugsicherung und Gepäckkontrolle machen das Fliegen ebenfalls teurer. Dazu kommen Start- und Landegebühren sowie Umweltauflagen. Neben dem bestehenden Emissionshandel schlagen etwa schärfere Beimischungsvorschriften für nachhaltig produziertes Kerosin (SAF) zu Buche. SAF kostet aktuell etwa das Dreifache von Kerosin – in Zukunft könnte dadurch eine weitere Kostenexplosion zu erwarten sein. Experten warnen diesbezüglich gleich vor dem Niedergang der ganzen Luftfahrtbranche.
Die Kosten seien in Deutschland deutlich höher als im Ausland, argumentieren die Branchenverbände und sehen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flughäfen in Gefahr, so die „Berliner Morgenpost“.
Am Ende können Airlines ihre Standorte und auch Abflughäfen in andere europäische Länder verlegen. Die wenigsten Deutschen aber können ihren Abflugstandort verlegen, das kostet nicht nur zusätzliche Zeit, sondern auch mehr Geld für die Anreise bei oft schwieriger Erreichbarkeit. Für die deutschen Reisenden bedeutet diese Entwicklung am Ende weniger Flugangebote und höhere Preise.
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