Finanzexperten kritisieren Regeln zur Abwicklung von Banken
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger kritisiert die geltenden Regeln für eine Gläubigerbeteiligung bei der Bankensanierung. Das Mitglied des Sachverständigenrats hält es für einen Irrweg, neben Anleihengläubigern auch Kundeneinlagen von mehr als 100.000 Euro zur Sanierung einer Bank einzusetzen: „Bankeinlagen müssen absolut sicher sein“, sagte Bofinger der „Welt am Sonntag“ (E-Tag: 21.02.2016). „Die Grenze von 100.000 Euro ist viel zu niedrig.“
Schließlich hätten viele Unternehmen mehrere Millionen Euro auf dem Konto. „Es kann nicht sein, dass sie dieses Geld verlieren, nur weil sie es zur falschen Bank gegeben haben.“ Die sicheren Einlagen hält der Ökonom ebenso für einen Grundpfeiler eines Finanzsystems wie einen Staat, der nicht pleite gehen kann. „Führt man jetzt noch ein Insolvenzrecht für Staaten ein, ist das System perfekt destabilisiert.“ Seit Anfang des Jahres gilt in Europa eine neue Abwicklungsrichtlinie für schwer angeschlagene Banken. Demnach sollen zunächst die Gläubiger der Bank zur Kasse gebeten werden, ehe eine Unterstützung mit Steuergeldern in Frage kommt. Erste Sanierungsfälle wurden jedoch nicht gemäß dieser Richtlinie gehandhabt. Ökonomen kritisieren die uneinheitliche Praxis. „Das jetzt geltende Regime bietet noch zu viele Ermessensspielräume, zum Beispiel, ob die Instrumente zur Durchsetzung der Haftung überhaupt angewendet werden“, sagte der Wirtschaftsweise Volker Wieland der „Welt am Sonntag“. Ähnlich sieht es der Frankfurter Finanzprofessor Jan Pieter Krahnen, ein einflussreicher Berater von Finanzpolitikern: „Wichtig ist, dass sich am Ende eine klare, für alle Seiten berechenbare Praxis etabliert“. Das ist bisher aber nicht der Fall. Krahnen warnt davor, dass die Regierungen die Finanzinstitute ihres Landes im Krisenfall weiterhin stützen werden. „Solange über die Abwicklung einer Bank auf nationaler Ebene entschieden wird, werden diese Regeln immer wieder gedehnt werden“, fürchtet er. Finanzexperten denken bereits über Korrekturen an den eben erst in Kraft getretenen Abwicklungsregeln nach. „Es wird immer wieder zu Versuchen der nationalen Politik kommen, die Bail-in-Regeln zu umgehen“, erwartet Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Die gemeinsame Bankenaufsicht sollte aus seiner Sicht auch bei den kleineren Banken darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden. Er rät dazu, sich nicht alleine auf die Abwicklungsregeln zu verlassen, sondern die Banken durch noch höhere Eigenkapitalpolster widerstandsfähiger zu machen, damit der Sanierungsfall gar nicht erst eintritt. „Dann kann man sich manch kontroverse Diskussion über Bail-In ersparen.“ Auch das Postulat, der Steuerzahler dürfe nie wieder für Banken zahlen müssen, sollte nach Ansicht mancher Experten nicht absolut gelten. „Sicher wäre es übertrieben zu behaupten, dass Banken nie wieder mit Steuergeld rekapitalisiert werden. Das wird sich nicht völlig ausschließen lassen“, sagte der Wirtschaftsweise Wieland. Ausnahmen seien dann sinnvoll, wenn es sich um eine systemische Krise handle und diese durch eine strikte Gläubigerbeteiligung noch wesentlich verschärft würde.
(dts Nachrichtenagentur)
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