Renditefalle? Auswirkungen von Zinssenkungen auf Ihr Vermögen – und welche Alternativen es gibt

Mit der Aussicht auf weitere Zinssenkungen durch die EZB und die Fed könnte sich das Anlageumfeld für Tages- und Festgeld deutlich verändern. Sinken die Zinsen, müssen Anleger bald umdenken und sich nach alternativen, kurzfristigen Anlagestrategien umsehen.
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Von 9. September 2024

Werden Tagesgeld, Festgeld & Co. schon bald wieder deutlich unattraktiver? Wer über liquide Mittel verfügt und darüber nachdenkt, diese kurzfristig zu parken und dabei Rendite mitzunehmen, wird in den kommenden Tagen möglicherweise unter Entscheidungsdruck geraten.

Die Zinswende, die in der EU und den USA im Laufe des Jahres 2022 unter dem Eindruck der massiven Inflation eingesetzt hatte, findet mittlerweile ihr Ende. Am Donnerstag, 12. September, wird die EZB über ihre nächsten Schritte beraten, und vieles deutet darauf hin, dass die erste vorsichtige Zinssenkung um 0,25 Basispunkte im Juni nicht die letzte gewesen sein könnte.

Zinssenkungen im Anmarsch: Wie wirkt sich die Zinswende auf Sparer aus?

Vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 hatten die europäischen Währungshüter in der gesamten Eurozone eine strikte Nullzinspolitik praktiziert. Noch in der Zeit der Corona-Krise ging vielfach sogar die Furcht vor Negativzinsen auf Girokonten um.

Bereits zum damaligen Zeitpunkt hatten Marktbeobachter vor einem Kipppunkt gewarnt. Die Nullzinspolitik, verbunden mit dem Anleihekaufprogramm der EZB, könnte früher oder später zu Schuldenexzessen führen – und dazu, dass in die Märkte gepumpte Milliarden die Inflation treiben könnten.

Am Ende waren es politische Weichenstellungen wie höhere CO₂-Preise und der Krieg in der Ukraine, die eine solche tatsächlich herbeiführten. Innerhalb von nur etwas mehr als einem Jahr erlebte die Eurozone zehn Anhebungen des Leitzinses – bis auf 4,5 Prozent vor einem Jahr.

In den USA veranlasste die Notenbank Fed elf Erhöhungen in einem Zeitraum von 16 Monaten. Seit Juni des Vorjahres bewegt sich der Leitzins zwischen 5,25 und 5,50 Prozent. Die Fed tritt am 18. September zusammen – und bereits im August kündigte Fed-Chef Jerome Powell in Jackson Hole an, es sei an der Zeit, „die Geldpolitik anzupassen“.

Tagesgeld bietet derzeit höhere Zinsen als Festgeld

Mittlerweile hat sich das Inflationsgeschehen beruhigt. Im August lag sie in der Eurozone bei 2,2 Prozent und damit in der Nähe der langfristigen Zielmarke von 2 Prozent. In den USA sank sie im Juli immerhin unter 3 Prozent. Der Preis für die Politik der Inflationsbekämpfung war eine Lähmung der Wirtschaftsentwicklung. Durchwachsene Arbeitsmarktdaten in den USA hatten am 5. August sogar für einen kurzzeitigen, aber drastischen Absturz an den Weltbörsen gesorgt.

Da Marktbeobachter bis zum Ende des Jahres mit noch weiteren Zinssenkungen vonseiten der Fed rechnen, könnte auch für die EZB noch Spielraum nach unten entstehen. Für private Anleger, die kurzfristige Rendite suchen, könnte diese Entwicklung jedoch bedeuten, dass ein Umdenken erforderlich wird.

Derzeit weisen Vergleichsportale noch Tagesgeldangebote mit Zinsen von bis zu 3,76 Prozent aus. Beim Festgeld sind es bis zu 3,55 Prozent. Beides gilt für Laufzeiten bis zu drei Monaten. Auffällig ist jedoch, dass bei vielen Banken die Zinsen auf Tages- oder Festgeld nicht mehr signifikant höher werden, wenn die investierte Summe oder die Laufzeit steigt.

Wenn die Zinsen für längerfristige Anlagen niedriger sind als für kurze, ist das jedoch ein Indiz dafür, dass die Banken mit zeitnah sinkenden Zinsen rechnen.

Vorzeitige Kündigung bei fester Laufzeit nur gegen Vorfälligkeitsentschädigung

In der Zeit der Nullzinspolitik spielte Tagesgeld im Marktgeschehen so gut wie keine Rolle. Die Zinsen waren so gering, dass es für Anleger oft keinen erkennbaren Mehrwert bot gegenüber dem bloßen Belassen überschüssiger Liquidität auf dem Girokonto. Lediglich für besonders wohlhabende Anleger mit individuellen Sonderkonditionen oder solche, die drohenden Negativzinsen entkommen wollten, war es eine Option.

Mit dem Anstieg der Inflation wurde es attraktiver, Geld, das kurzfristig nicht gebraucht würde, in eine festverzinsliche Anlage mit kurzer Laufzeit zu investieren. Tagesgeld hat dabei den Vorteil, flexibel und kurzfristig bei Bedarf verfügbar zu sein. Dies lässt es für Anleger als sinnvoll erscheinen, beispielsweise den Notgroschen für unerwartete Reparaturen, Neuanschaffungen oder Umzüge dort zu parken.

Neben der im Vergleich zu längerfristigen Anlagen oder börsennotierten Titeln niedrigen Rendite hat Tagesgeld jedoch den Nachteil, dass die Zinsen jederzeit angepasst werden können. Dieses Risiko fällt demgegenüber beim Festgeld weg. Hier ist der Zinssatz über die vereinbarte Laufzeit – meist ein bis zwölf Monate – fix. Anders als beim Tagesgeld ist der Zugriff auf das Kapital nicht möglich.

Eine vorzeitige Kündigung ist meist entweder ausgeschlossen oder, ähnlich wie beim Kredit, nur gegen eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung möglich. Üblicherweise ist die Rendite beim Festgeld aufgrund dieser Bindung höher als beim Tagesgeld. Derzeit ist dies jedoch nicht der Fall. Auch das spricht für eine Erwartung aufseiten der Geldinstitute, dass die Zinsen perspektivisch weiter sinken werden.

Welche kurzfristigen Alternativen bestehen noch zu Tagesgeld und Festgeld?

Als kurzfristige, festverzinsliche Wertanlage mit täglicher Verfügbarkeit käme für Anleger als Alternative zum Tagesgeld auch ein Geldmarktfonds infrage. Im Regelfall ist die Rendite auch hier höher. Anders als beim Tagesgeld sind kurzfristig jedoch auch Kursverluste möglich – außerdem greift keine Einlagensicherung.

Anleger müssen zudem ein Depot anlegen, was mit weiteren Kosten verbunden sein kann. Weitere mögliche Kostenfaktoren sind ein Ausgabeaufschlag, der häufig zwischen 0,5 und 2 Prozent liegt, sowie laufende Verwaltungskosten. Unterm Strich können diese Faktoren die Renditevorteile gegenüber dem Tagesgeld minimieren.

Das Verlustrisiko ist bei Geldmarktfonds dennoch gering, sodass diese gemeinsam mit Tagesgeld und Festgeld zu den sicheren kurzfristigen Anlagen gerechnet werden. Das investierte Geld ist im Allgemeinen entweder jederzeit oder spätestens nach Ablauf einer vereinbarten festen Bindungszeit von bis zu einem Jahr wieder verfügbar.

Mittelfristige Alternativen und Optionen für risikobewusstere Anleger

Schon etwas längerfristig ausgelegt sind demgegenüber kurzfristige Anleihen, die zwar einen festen Zinssatz bieten, aber auch mit einer festen Laufzeit von bis zu drei Jahren verbunden sind. Auch hier greifen Zinsänderungsrisiken – steigen diese, steigen die Zinsen der Anleihe nicht mit. Außerdem sind bei vorzeitigem Verkauf Kursverluste denkbar.

Von Banken ausgegebene sogenannte Einlagenzertifikate (Certificates of Deposit; CD) funktionieren demgegenüber ähnlich wie Tagesgeld und gelten als sichere Anlage. Allerdings sind dort geparkte Geldmittel, ähnlich wie beim Festgeld, vor Erreichen des vereinbarten Fälligkeitsdatums nur gegen Zahlung einer Strafgebühr mobilisierbar.

Für risikobereitere Anleger bietet die derzeitige Marktlage auch die Chance, durch kurzfristige Peer-to-Peer-Kredite an Privatpersonen oder Unternehmen eine höhere Rendite zu erzielen. Erfahrungsgemäß sinken bei rückläufigen Leitzinsen auch die Kreditzinsen für Unternehmen und Privatpersonen – allerdings lassen Banken diesbezüglich weniger Eile erkennen als in der umgekehrten Richtung. Wie die Banken trifft jedoch auch Privatpersonen als Kreditgeber ein Ausfallrisiko.

Die Aktienmärkte dürften demgegenüber kaum einen nennenswerten Schub durch die zu erwartenden Zinssenkungen erfahren. Es ist davon auszugehen, dass diese bereits in den Tagen nach Powells Ankündigung einer geldpolitischen Wende im August eingepreist wurden.



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