Digitale Zentralbankwährungen: E-Euro, der digitale Yuan und die Abschaffung des Bargelds

Wir „dürfen keine private Weltwährung zulassen“, erklärte Finanzminister Olaf Scholz, nachdem Facebook seine Pläne für eine eigene Währung namens „Libra“ veröffentlichte. Seither wird lauter über einen E-Euro und elektronisches EZB-Geld gesprochen als zuvor.
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Bargeld? In Deutschland ist es noch nicht ganz abgeschafft.Foto: iStock
Von 21. Juli 2020

Spätestens seit dem Facebook-Geld „Libra“ sind verschiedene Digitale Zentralbankwährungen (Central bank digital currency, CBDC) im Gespräch. So arbeitet die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel an einem digitalen Euro und 16 weiteren offiziellen Kryptowährungen. Mehr als ein Drittel aller Zentralbanken befürworten CBDCs.

Das Ziel ist, eine Alternative zum Bargeld zu schaffen.

Neben einem digitalen Euro und Franken soll es dann auch eine E-Krone für Dänemark, Norwegen und Schweden geben, sowie einen E-Schekel für Israel.“

Im Prinzip arbeiten nahezu alle Staaten an derartigen Projekten. Finanzfachmann Nobert Häring sieht das Hauptproblem darin, dass Regierungen befürchten, die Kontrolle zu verlieren.

Eine starke und weithin nutzbare Alternative zum Euro wie der „Libra“ wäre für die EZB nicht steuerbar. Je häufiger andere Währungen benutzt werden, desto geringer wird der Einfluss der EZB. Rund 88 Prozent der Finanzexperten sind daher überzeugt, dass digitale Währungen ohne enge regulatorische Aufsicht eine Gefahr darstellen.

Das E-Euro-Konto für jeden bei der EZB?

CDU und CSU forderten im Juni 2019 die Einführung eines E-Euro nach Vorbild von Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Dieser E-Euro sollte von den Zentralbanken ausgegeben werden.

Ein Vorteil eines Kontos bei der EZB ist, dass man sich darauf verlassen kann, dass das Geld nicht verloren geht. Das Risiko eines Bank Run oder einer Bankpleite existiert nicht, weil die EZB das alleinige Recht hat, jederzeit Geld zu drucken und die Geldmenge zu erhöhen.

Mit einem E-Euro kann die EZB direkt die Wirtschaft über bestimmte Regeln steuern, das digitale Geld wird programmierbar. Es wäre für die Zentralbank daher auch einfach, jedem Bürger jeden Monat einen gewissen Geldbetrag zuzuteilen (oder auch abzuziehen und ihn zu sanktionieren).

E-Euro-Nachteil: Jegliche Privatsphäre der Bürger ginge verloren. Vom Imbiss bis zum Parkschein würde absolut alles dokumentiert und zentral nachvollziehbar. Die EZB greift direkt auf die Konten der Bürger zu.

Nachteil Nr. zwei: Normale Geschäftsbanken verlieren einen Großteil ihrer Privatkunden. Wenn jeder sich direkt bei der EZB Geld holen könnte, wären viele Wirtschaftsmodelle der Banken hinfällig. Übrig bliebe die klassische Rolle: Geld wird angenommen und an einen anderen verliehen. Die Möglichkeit, Kredite auf Kredite auf Kredite zu konstruieren, gäbe es dann nicht mehr.

Nachteil drei: Ohne Internetverbindung geht nichts mehr. Fällt das Internet in sich zusammen oder gäbe es Energieprobleme, dann ginge gar nichts mehr. Und für Hacker oder unethisches Verhalten anderer Personen wird ein E-Euro zu einem noch interessanteren Ziel.

Falls der chinesische Anbieter Huawei die Infrastruktur für 5G in Deutschland stellt, läuft jeder Kaffee, den man trinkt, bei seiner Abrechnung über China.

Wer setzt die Standards für das Geld? China?

Der Bundesverband deutscher Banken veröffentlichte am 17. Juni seine Antwort auf die Facebook-Attacke. Darin heißt es, es sei noch vollkommen offen, wer diese neue Art des Geldes bereitstellen wird – Zahlungsverkehrsdienstleister, Banken oder Zentralbanken. Und:

„Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen wären vor allem dann zu erwarten, wenn der programmierbare Euro in seiner Ausprägung als digitales Zentralbankgeld (CBDC) später eingeführt würde als andere Leitwährungen. Mögliche Effizienzgewinne der anderen Volkswirtschaft durch einen früheren Einsatz programmierbaren Geldes in den lokalen Wertschöpfungsprozessen können gesamtwirtschaftliche Wettbewerbsvorteile schaffen, die kurz- wie mittelfristig nicht durch europäische Unternehmen aufholbar sein werden.“

China testet bereits seit dem 16. April seine eigene CBDC. Peking erklärt ganz offen, die Hegemonie des US-Dollars anzugreifen und sich eine Spitzenposition im internationalen Wirtschaftswettrennen sichern zu wollen.

Lohnauszahlung als digitales Zentralbankgeld

Seit April 2020 zahlt China Regierungsbeamten den Lohn im Bezirk Xiangcheng in Suzhou testweise als digitales Zentralbankgeld, also als CBDC aus. Dabei arbeiten die Bank of China, die China Construction Bank, die Industrial and Commerical Bank of China sowie die Agricultural Bank of China Hand in Hand.

Chinesische Unternehmen, Institutionen und verschiedene Verwaltungsausschüsse in Xiangcheng unterzeichneten Vereinbarungen über die Verteilung der digitalen Zentralbankenwährung im Lohnsektor. Für alle Mitarbeiter ist eine digitale Brieftasche (Wallet) einzurichten. Nur die Hälfte des Gehaltes darf noch als „normale“ Währung ausgezahlt werden.

Über das chinesische CBDC ist noch wenig bekannt, das Projekt firmiert unter dem Namen „DC/EP“. Der digitale Renminbi (Yuan) geht verschiedene strategische Partnerschaften mit Unternehmen ein. Darunter mit Tencent, Alibaba, DiDi (Fahrdienstleiser Didi Chuxing Technology) und TikTok (Video-Plattform).

Der Zahlungsdienstleister Alipay meldete bereits fünf Patente im Zusammenhang mit der chinesischen CBDC an. Alipay will auch in Deutschland als Dienstleister tätig werden, darunter in Drogeriemärkten wie dm.

McDonald’s, Starbucks und Subway sollen den „DC/EP“ ebenfalls bereits testen. „Beijing News“ berichtet am 19. April, dass die chinesische Zentralbank den Umlauf der Währung unter den Bedingungen der olympischen Winterspiele 2022 nutzen wird. Diese sind vom 4. bis 20. Februar in Peking und der benachbarten Provinz Hebei geplant.

Seit dem 1. Dezember 2019 müssen sich bereits alle Bürger, die in China eine Mobilfunknummer registrieren wollen, einem Gesichts-Scan unterziehen. Mit dem digitalen Renminbi wird die Komplettüberwachung der Menschen im Sozialkreditsystem total.

Trump kein Fan von Bitcoin und Co

US-Präsident Trump erklärte im Juli 2019 auf Twitter, er denke, dass Kryptowährungen keinen inneren Wert haben. Hinzu käme ihre hohe Volatilität und die Begünstigung von illegalen Aktivitäten.

Im Rahmen dieser Tweets sagte der Präsident ebenso, dass er nichts von dem Facebook-Coin Libra halte.

Die USA halten sich mit Statements zur Entwicklung eines digitalen Dollar weitgehend zurück. Bekannt ist, dass das „Digital Dollar Project“ an einer Umsetzung arbeitet. Es ist kein offizielles CBDC-Projekt der Fed, Initiatioren sind die „Digital Dollar Foundation“ und das Beratungsunternehmen „Accenture“.

Dieser „Digitale Dollar“ würde nicht bei der Zentralbank verbucht, sondern will einen anderen technischen Weg (DLT-System) nehmen. Anonyme Zahlungen sollen weiterhin möglich sein.

Der E-Euro wird wohl kommen – und Deutschland?

In Deutschland treibt der „Bundesblock“ (Blockchain-Bundesverband) die Einführung eines E-Euros durch die EZB und die Bundesbank massiv voran, um „eine universelle, digitale, offene und kostenfreie Bezahlinfrastruktur“ aufzubauen. Der Verband legte der deutschen Regierung „Empfehlungen zur Umsetzung der Blockchain-Strategie“ vor, die nach Ansicht von Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Center der Frankfurt School of Finance, etwas einseitig seien: „Die Meinung der klassischen Finanzszene und der Industrie kommt etwas zu kurz.“

Auf Verbraucherseite fordert der Verein „Monetative“, dass die „monetäre Zeitenwende“ offen diskutiert werden müsse – was bisher nicht geschehe. Bislang kämen weitestgehend Akteure aus dem Umfeld der Banken zu Wort, die Währungshüter ließen sich nur „häppchenweise in die Karten blicken“.

Geld ist historisch gesehen keine staatliche Erfindung. Es entwickelte sich quasi nebenbei mit dem Entstehen des Handels – zunächst waren es Naturalien wie Salz und Tabak, später Muscheln oder Perlen. Geld entstammt daher nicht immer dem Staat, wie unzählige Regionalwährungen und Kryptowährungen zeigen oder gezeigt haben.



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