Fernwärme: Zukunftsmodell oder Kostenfalle?

Viele Gebäudeeigentümer sehen in einem Anschluss an das Netz zur Versorgung mit Fernwärme eine Chance, möglichen Einmischungen der Politik in die eigene Wärmeversorgung zu entgehen. Dennoch ist ein vorschneller Wechsel mit potenziellen Kostenfallen verbunden.
Fernwärme-Rohre verlaufen durch Nordrhein-Westfalen: Fernwärme-Preise sind oft nicht nachvollziehbar.
Fernwärme-Rohre verlaufen durch Nordrhein-Westfalen: Fernwärme-Preise sind oft nicht nachvollziehbar.Foto: Thomas Banneyer/dpa
Von 28. Februar 2024

Obwohl das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angestrebte Heizungsgesetz in einer abgeschwächten Version verabschiedet wurde, hat die Debatte Immobilieneigentümer zutiefst verunsichert. Viele sehen in einem schnellstmöglichen Anschluss an das Fernwärmenetz einen Weg, möglichen künftigen Interventionen der Politik in die private Wärmeversorgung zu entgehen. Dennoch ist auch die Fernwärme – neben einer Abhängigkeit von Monopolisten – auch mit Kostenrisiken verbunden.

Anschluss an Fernwärme günstiger als Umrüstung eigener Heizanlage

Die Pläne zur Umgestaltung des Gebäudeenergiegesetzes haben im Vorjahr nicht nur massiven Widerstand in der Öffentlichkeit hervorgerufen und die Umfragewerte der Ampel in den Keller geschickt. Bis heute sind sich Politik und Gebäudeeigentümer gleichermaßen im Unklaren über die tatsächlichen Kosten der sogenannten Wärmewende.

Kosten eines Heizungswechsels, fehlende Infrastruktur, fehlende Handwerker und Unklarheit über die Effizienz von Maßnahmen sorgen nach wie vor für Verunsicherung. Dazu kommt die Sorge, dass es einen neuen Anlauf auf einige der bis auf Weiteres nicht im Heizungsgesetz verankerten Vorhaben geben könnte. Beispiel dafür wäre ein Verbot von Pelletheizungen.

Die Aussicht, früher oder später das eigene Heizsystem für einen höheren fünfstelligen Betrag auf Wärmepumpe umrüsten zu müssen, macht für viele den Gedanken an die Fernwärme interessant. Die Technik für den Fernwärmeanschluss – einschließlich Wärmeübertrager und Zubehör – kostet in der Regel zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Damit käme dieser höchstwahrscheinlich deutlich günstiger als der Umbau des eigenen Heizsystems.

Bundesregierung ebenfalls an Ausbau des Netzes interessiert

Auch fielen direkte Kosten für Wartung und Instandhaltung eines Kessels ebenso weg wie jene für ein häusliches Abgassystem. Die Fernwärme würde die Gebäude über ein Netzwerk gedämmter Rohrleitungen mit thermischer Energie versorgen. Der Betreiber des Netzes – regelmäßig die örtlichen Stadtwerke – wären für deren Funktionsfähigkeit verantwortlich.

Die Erzeugung der Fernwärme erfolgt zentral, häufig in Kraftwerken oder als Abwärme in Industrieanlagen. Wo sie durch Kraft-Wärme-Kopplung entsteht, wird neben Wärme auch Strom produziert. Die Heizenergie gelangt in Form von heißem Wasser oder Dampf über das Leitungssystem zu den Verbrauchern.

Derzeit beträgt der Anteil der mit Fernwärme beheizten Wohnungen etwa 14 Prozent. Bis 2050 wäre nach Angaben von Branchenverbänden eine Versorgung von bis zu 43 Prozent der Wohneinheiten möglich. Auch die Bundesregierung selbst billigt der Fernwärme eine bedeutende Rolle bei der sogenannten Wärmewende zu.

Nettopreis hat sich in den vergangenen 30 Jahren verdreifacht

Allerdings sind auch der Ausbau der Infrastruktur, Förderung und „klimaneutrale“ Ausgestaltung der Versorgung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Diese haben auch auf Anbieter und Endverbraucher potenziell erhebliche finanzielle Auswirkungen. Derzeit entsteht Fernwärme in 70 Prozent der Fälle durch Kraft-Wärme-Kopplung – regelmäßig in Verbindung mit Verbrennung von Gas und Kohle.

Die politisch gewollte permanente Steigerung des CO₂-Preises würde sich zwangsläufig auf Umwegen auch in der Rechnung für die Verbraucher niederschlagen. Schon jetzt sind die Kilowattstundenpreise für Fernwärme infolge der Preisexplosionen auf den Gasmärkten infolge des Ukrainekrieges deutlich gestiegen.

Seit dem Ukrainekrieg ist der Preis für eine Megawattstunde Fernwärme drastisch angestiegen. Bei einem Wärmebedarf von 160 Kilowatt kostete sie in Deutschland im Jahr 2023 durchschnittlich rund 147 Euro. Der Nettopreis hat sich über die vergangenen knapp 30 Jahre damit mehr als verdreifacht.

Nur in etwa 17 Prozent der Fälle findet jetzt schon eine „grüne“ Erzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Geothermie statt. Die Bundesregierung will bis 2030, dass mindestens die Hälfte der Fernwärme in Deutschland mithilfe erneuerbarer Energie erzeugt wird.

Günstige Fernwärme braucht große Abnehmer – es fehlt jedoch an der Wärmeplanung

Dies würde jedoch, wie NDR schreibt, voraussetzen, dass bereits unmittelbar mit dem Ausbau von Geothermie-Anlagen begonnen würde. Die Ampelregierung hinkt jedoch bereits in anderen Bereichen der Energiewende ihren Zielen hinterher – von der Windkraft bis hin zum Ausbau der Strom- oder Wasserstoffnetze.

Minister Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz sind bereits zurückgerudert und sprechen nun von einer „flexiblen Umsetzung in Abhängigkeit von der lokalen Situation und dem Alter der vorhandenen Anlagen“. Vorerst sollen jeweils etwa 100.000 Haushalte pro Jahr den Anschluss an das Fernwärmenetz vollziehen.

Auch ein Ausbau der Leitungsnetze ist erforderlich, um mehr und größere Siedlungen an das Fernwärmenetz anschließen zu können. Und Fernwärme lässt sich am ehesten zu günstigen Preisen und mit hoher Effizienz dort einsetzen, wo die Zahl der angeschlossenen Haushalte möglichst groß ist. Dort amortisieren sich die Kosten für den Leitungsausbau am schnellsten.

Derzeit verfügt Deutschland über etwa 3.800 Fernwärmenetze mit rund 500 Betreibern, die als Monopolisten vor Ort eine faktische Preishoheit ausüben. Der Bau von Leitungen ist aufwendig und teuer – und Klarheit über den Bedarf wird es frühestens 2028 geben. Zu diesem Zeitpunkt sollen die Kommunen ihre Wärmeplanungen abgeschlossen und eingereicht haben.

Langfristige Kostenvorteile gegenüber Erdgas möglich

Bis zumindest dieses Mindestmaß an Planungssicherheit besteht, vollziehen Gebäudeeigentümer ihren Anschluss an das Fernwärmenetz jedoch auf eigene Gefahr – vor allem mit Blick auf die Preisentwicklung. Dies gilt selbst angesichts der Tatsache, dass für einen solchen Schritt Fördermittel vorgesehen sind, zumindest so lange deren Finanzierung gesichert bleibt.

Derzeit stellen nicht nur die Preisentwicklung auf den Gasmärkten und die CO₂-Preise Faktoren dar, die den Preis der Fernwärme in die Höhe treiben können. Fernwärmebetreiber können als Monopolanbieter ihre Preise selbst festlegen; eine bundesweite Preisaufsicht, wie Verbraucherverbände sie fordern, gibt es nicht. Nutzer können vor allem darauf hoffen, dass die örtlichen Stadtwerke ihre Preishoheit angesichts drohender politischer Verwerfungen bei den nächsten Kommunalwahlen nicht überreizen.

Häufig verwenden Anbieter sogenannte Preisgleitklauseln. Diese ermöglichen ihnen Preissteigerungen auf der Grundlage der Entwicklung vom Anbieter definierter Preisindizes. Für Verbraucher ist dies häufig intransparent. Außerdem sind Haushalte durch langfristige Verträge an den Fernwärmeanbieter gebunden, ohne dass es eine Wechselmöglichkeit gäbe.

Gegenüber den meisten anderen Formen der Beheizung ist die Fernwärme dennoch verhältnismäßig kostengünstig. Gemäß kostencheck.de lagen 2023 die durchschnittlichen Fernwärme-Kosten für ein Einfamilienhaus pro Kilowattstunde bei 9,1 Cent. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden hatte dies Heizkosten von 2.200 € im Jahr zufolge. Mancherorts war Fernwärme damit günstiger als Erdgas.

Dies dürfte erst recht so bleiben, wenn die CO₂-Preise Gas und Öl weiter verteuern. Konkurrenzfähig sind derzeit vor allem Pellet-Heizungen. Wer sie nutzt, läuft jedoch ebenfalls Gefahr, von der Politik eines Tages zur Umrüstung der eigenen Heizanlage gezwungen zu werden.

 



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