Feld entsetzt über Lieferkettengesetz: „Corona-Krise dient dazu, langgehegte politische Wünsche durchzusetzen“
Der Chef der „Wirtschaftsweisen“, Lars Feld, hat mit Blick auf das geplante Gesetz für gute Arbeitsbedingen in der weltweiten Produktion vor massiven Belastungen für die deutsche Wirtschaft gewarnt.
„Mit einem Lieferkettengesetz wird die Axt an das bisherige Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft mit stark internationalisierten Wertschöpfungsketten und einer starken Produktion im Ausland gelegt“, sagte Feld der Deutschen Presse-Agentur.
„Ich schaue mit großem Entsetzen auf das Lieferkettengesetz“, sagte Feld. „Wie sollten die Unternehmen sicherstellen, dass die Menschenrechte in den Wertschöpfungsketten in den einzelnen Staaten wirklich eingehalten werden?“ Dies sei eine politische Aufgabe und liege in der Souveränität von Staaten. „Das führt zu einer massiven Belastung. Das Ganze hat durchaus das Potenzial, uns über Jahre so zu belasten, dass die Wirtschaftsentwicklung wesentlich geschwächt wird.“
Heil und Müller treiben Liefergesetz voran
Für ein Lieferkettengesetz machen sich vor allem Sozialminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) stark. Es geht dabei um größere Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Ziel ist, dass in weltweiten Lieferketten zur Herstellung etwa von Kleidern, Schokolade oder Elektrogeräten Menschenrechte eingehalten werden. Weder Staaten noch Unternehmen könnten sich um die Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten herumdrücken, hatte Heil gesagt: „Wir reden hier über den Kampf gegen Kinderarmut und Ausbeutung.“
Eckpunkte eines Lieferkettengesetzes sollten nach einer ursprünglichen Planung eigentlich an diesem Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Innerhalb der Bundesregierung gibt es aber noch keine Einigung. Dem Vernehmen nach hat vor allem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Bedenken, etwa zu Haftungsregelungen.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Joachim Lang, sagte, die deutsche Industrie bringe sich konstruktiv in die Ausgestaltung des Gesetzes ein. „Es wird weitreichende Implikationen für die deutsche Industrie und ihre globalen Lieferketten haben. Das neue Gesetz darf heimische Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligen.“
Die Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte müsse in staatlicher Verantwortung liegen. „Die Wirtschaft ist bereit, den Staat mit ihrem vor Ort erworbenen Know-how zu unterstützen.“ Eine Ombudsstelle solle menschenrechtswidriges Verhalten und damit belastbare Fakten sammeln und Reaktionen koordinieren.
Feld sagte mit Blick auf das Lieferkettengesetz: „Das ist das Gegenteil dessen, was im Sinne der Innovationsförderung mit Bürokratieabbau und Deregulierung gemacht werden sollte. Die Corona-Krise dient dazu, langgehegte politische Wünsche durchzusetzen.“
Feld: „Werkverträge haben mit dem Corona-Ausbruch bei Tönnies nichts zu tun“
Dazu gehöre auch das Verbot der Werkverträge und der Leiharbeit in der Fleischindustrie. „Bei allen Verfehlungen der Fleischindustrie: Die Werkverträge haben mit dem Ausbruch von Covid-19 bei Tönnies nichts zu tun. Es ist ja offensichtlich die Belüftung in den Schlachthöfen. Da würde man eigentlich erwarten, dass es Auflagen für vernünftige Belüftungsanlagen gibt oder Auflagen für die Unterkünfte.“
Feld sagte, er könne nur hoffen, dass Minister Altmaier weiter Widerstand gegen das Lieferkettengesetz leiste. „Eine mögliche Haftung lässt sich nicht ohne großen Schaden für die deutsche Wirtschaft durchsetzen. Es hilft nichts, wenn dies nur für größere Unternehmen gilt. In Italien wachsen Unternehmen nicht, weil sie dann schärferen Regulierungen unterliegen. Deutschland sollte sich nicht mit zusätzlichen Regulierungen die italienische Krankheit einhandeln.“
Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Universität Freiburg und Direktor des Walter Eucken Instituts. Seit März 2020 ist er Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dem er seit März 2011 angehört. Der Sachverständigenrat berät die Politik. Die Experten werden umgangssprachlich auch als die „Wirtschaftsweisen“ bezeichnet. (dpa)
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