FDP fordert Laufzeitverlängerung der letzten drei Kernkraftwerke – China baut derweil 19 neue
Knapp zwei Wochen bevor das letzte Kraftwerk vom Netz gehen soll, unternimmt die FDP noch einen wahrscheinlich letzten Anlauf zur Beibehaltung der Kernkraft. Spätestens zum 15. April sollen die drei verbliebenen KKW in Deutschland vom Netz gehen. Es handelt sich bei ihnen um die Kraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland.
Generalsekretär Bijan Djir-Sarai übte am Montag, dem 3.4., gegenüber dem „T-online“-Portal Kritik am bevorstehenden Aus für die Kernkraft. Dieses sei „ein strategischer Fehler in einer weiterhin angespannten energiepolitischen Lage“. Aus Sicht der FDP bleibe eine Laufzeitverlängerung „sinnvoll“. Ohne die KKW verpasse Deutschland, „ohne größeren Aufwand für mehr Klimaschutz und niedrigere Energiepreise zu sorgen“.
Kernkraft sorgt für Versorgungssicherheit und positive CO₂-Bilanz
In Anbetracht explodierender Strompreise und unsicherer Energieversorgung hatten die Liberalen bereits im Vorjahr eine Verlängerung der KKW-Laufzeiten gefordert. Ursprünglich war der deutsche Atomausstieg bereits für Ende des Vorjahres geplant.
Der Umstand, dass wartungsbedingt auch Frankreich nicht seine kompletten Kernkraft-Kapazitäten nutzen konnte, machte ein Umdenken erforderlich. Im Sommer 2022 präsentierten die deutschen Netzbetreiber die Ergebnisse eines Stresstests im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums. Dort prognostizierte man eine „äußerst angespannte“ Versorgungssituation für das bevorstehende Winterhalbjahr.
In Europa könne, so hieß es, „im Strommarkt die Last nicht vollständig gedeckt werden“. In der „Energiewirtschaftlichen und klimapolitischen Bewertung“ hat der Stresstest den KKW sogar eine positive CO₂-Bilanz bescheinigt. Die Rede war von einer jährlichen Reduktion von etwa 25 bis 30 Mio. Tonnen pro Jahr ab 2024 durch den Weiterbetrieb. Zwei grün geführte Ministerien sollen den entsprechenden Passus jedoch aus ihrem Prüfvermerk gestrichen haben.
Grüne und SPD weisen FDP-Vorstoß zurück
Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ursprünglich nur zur kurzzeitigen Laufzeitverlängerung zweier KKW bereit war, forderte die FDP eine Kehrtwende in der Atompolitik. Bundeskanzler Olaf Scholz machte am Ende von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch. Er ordnete an, die Laufzeiten der drei noch im Betrieb befindlichen Anlagen letztmalig bis 15. April zu verlängern.
Anschließend solle Deutschland jedoch endgültig aus der Kernenergie aussteigen. Insbesondere komme keine weitere Anschaffung von Brennstäben in Betracht. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat eine weitere Verlängerung der Laufzeiten bereits ausgeschlossen. Entsprechend ist nicht damit zu rechnen, dass der nunmehrige FDP-Vorstoß Erfolgsaussichten aufweist.
Sogar Saudi-Arabien will auf Kernkraft setzen
Derzeit liefern die drei KKW noch insgesamt 4,3 Gigawatt Strom. Der durchschnittliche Strompreis in Deutschland lag im Vorjahr bei 31 Cent pro Kilowattstunde. Trotz der sinkenden Preise an den Spotmärkten ist im Jahr 2023 ein weiterer Anstieg möglich – trotz Strompreisbremse. In Frankreich lag der durchschnittliche Strompreis für private Haushalte dagegen bei 0,18 Euro pro Kilowattstunde. In den USA betrug er im Jahr 2022 umgerechnet nur 13 Cent.
Im weltweiten Maßstab zeichnet sich ab, dass Länder, die auf Kernkraft setzen, oft deutlich niedrigere Strompreise aufweisen als jene mit hauptsächlich erneuerbaren Energien. Dies gilt insbesondere auch im Vergleich zwischen Industrieländern. Selbst Länder wie Saudi-Arabien, die niedrige Energiepreise aufweisen und sogar Solarstrom konkurrenzlos günstig anbieten, setzen auf einen Einstieg in die Kernkraft.
In China liegt der durchschnittliche Strompreis pro Kilowattstunde für Haushalte bei etwa 8 Cent und für Industriekunden bei knapp 9 Cent. Obwohl damit auch dort ein günstiger Energiepreis einen Wettbewerbsvorteil darstellt, will das KP-Regime den Ausbau der Kernkraft forcieren. Derzeit sind in China 38 KKW in Betrieb, 19 weitere im Bau.
Fast die Hälfte des deutschen Strompreises geht auf das Konto des Staates
Die Art der Energieerzeugung ist ein wesentlicher Faktor für die Preisbildung auf dem Strommarkt – wenn auch nicht der einzige. Dazu kommen unter anderem die Verfügbarkeit von Energiequellen und die Nachfrage nach Energie. Aber auch die Kosten für den Betrieb und die Wartung von Kraftwerken sowie die Kosten für den Transport von Energie spielen eine Rolle.
Ein weiterer Faktor ist das sogenannte Merit-Order-Prinzip bei der Preisbildung. Diesem zufolge bestimmt das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, den Preis. Im Vorjahr hatte diese Form der Preisbildung deutlich zum Anstieg der Energiepreise beigetragen.
In Deutschland trugen zuletzt zu 31,1 Prozent staatlich veranlasste Steuern, Abgaben und Umlagen zur Strompreisbildung bei. Weitere 24,7 Prozent waren Nutzungsgebühren für die Stromnetze, die der Netzbetreiber erhält. Der Stromanbieter selbst erhält 44,2 Prozent für Erzeugung und Vertrieb.
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