Existenzvernichtende Wirtschaftskrise: Ein Winter der Pleiten bedroht Firmen
Ein breites Firmenaufgebot bietet den Menschen Arbeitsplätze, vielfältigere Konsummöglichkeiten und durch eine gesunde Konkurrenz fairere Preise. Doch angesichts der aktuellen Energie- und Wirtschaftskrise steht das Weiterbestehen vieler Firmen auf der Kippe. Auch Personalmangel und Lieferengpässe stellen viele Betriebe vor ernste Probleme.
So hat der Handelsverband Deutschland (HDE) kürzlich eine Umfrage bei rund 900 Unternehmen aller Standorte, Branchen und Größenklassen durchgeführt. Das Resultat war, dass sich mehr als die Hälfte der Einzelhandelsunternehmen in Deutschland angesichts der hohen Energiekosten in ihrer Existenz bedroht sieht. „Kurzfristig“, also in den kommenden zwölf Monaten, fürchten 22 Prozent der Einzelhändler dies.
Aufgrund des „harten Wettbewerbs“ sei es vielen Handelsunternehmen nicht oder nicht vollständig möglich, die gestiegenen Energiekosten an die Kunden weiterzugeben. Das gaben 86 Prozent der befragten Einzelhändler an. Mehr als 90 Prozent der Firmen rechnen demnach dauerhaft mit höheren Energiekosten.
Weitere Staatshilfen in den Startlöchern
Der HDE forderte vor diesem Hintergrund eine schnelle Ausweitung der angekündigten Wirtschaftshilfen des Staates auf Handelsunternehmen. Bei den bisherigen Hilfsprogrammen falle die Branche „durch das Raster“. Die Energiekosten im Einzelhandel seien aber seit Jahresbeginn im Durchschnitt um knapp 150 Prozent gestiegen. „Viele Handelsunternehmen sehen keinen Ausweg mehr“, warnte der HDE.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat bereits weitere staatliche Hilfen in Aussicht gestellt. So sagte ein Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Freitag (23. September), die Wirtschaftshilfen würden „in die Milliarden gehen, vom Volumen her“. In der Regierung fänden dazu entsprechende Gespräche statt.
Es geht laut dem Sprecher vor allem um Hilfen für den Mittelstand. Habeck selbst hatte am Donnerstag bei einer Veranstaltung des Bundesverbands der Deutschen Industrie gesagt: „Jetzt müssen wir die ökonomische Substanz unseres Landes verteidigen.“ Dafür müssten alle verfügbaren finanzpolitischen Möglichkeiten genutzt werden.
Ob diese Staatshilfen jedoch rechtzeitig kommen und die Unternehmen tatsächlich in ausreichendem Maße entlasten können, bleibt abzuwarten.
Sorgen um Lieferschwierigkeiten
Laut einer Umfrage des Münchner ifo-Instituts macht sich der Einzelhandel auch große Sorgen um den Nachschub. Von Lieferschwierigkeiten berichten vor allem Fahrradhändler, Händler von Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik, wie das ifo mitteilte. „Im Moment sieht es überhaupt nicht danach aus, dass sich die Probleme in der Vorweihnachtszeit entspannen werden.“ Gerade in der Vorweihnachtszeit, also im November und Dezember, verzeichnet der Einzelhandel normalerweise die größten Umsätze.
Das ifo-Institut hat am Montagvormittag (26. September) auch neueste Zahlen zum Geschäftsklimaindex veröffentlicht. Demnach habe sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft im September deutlich verschlechtert. Der Index fiel mit einem Wert von 84,3 Punkten auf den niedrigsten Wert seit Mai 2020 zu Beginn der Corona-Krise, wie das ifo mitteilte. „Die deutsche Wirtschaft rutscht in eine Rezession“, erklärte Ifo-Chef Clemens Fuest.
Insolvenzgrund Arbeitskräftemangel
Personalmangel wird in Deutschland zum Insolvenzgrund. „Der zunehmende Arbeitskräftemangel bringt erste Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage“, sagte Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID), der „Welt“ Ende August. „Denn ohne ausreichend Personal können Aufträge nicht abgearbeitet und Dienstleistungen nicht erbracht werden.“
Er selbst bearbeite bereits erste Fälle, etwa den eines größeren Gastronomiebetriebs, dem mehrere Köche und Servicekräfte fehlen. Andere Insolvenzverwalter bestätigen laut VID diesen Trend. „Unsere Mitglieder berichten in diesen Tagen häufiger von Unternehmen, die aufgrund des Arbeitskräftemangels in die Insolvenz geraten sind“, hieß es vom Verband. „Das sind Unternehmen insbesondere aus Gastronomie oder Hotellerie, die die schon lange aktiv sind, aber einen Personalbedarf haben, der einfach nicht mehr zu decken ist.“
Auch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berichtet davon, dass sich die Ursachen von Insolvenzverfahren verschieben. „Der finanzielle Stress ist ohnehin schon groß für viele Unternehmen angesichts von Coronakrise, hoher Energiepreise und Lieferkettenproblemen. Der Fachkräftemangel, der aktuell mit einer nie da gewesenen Wucht durchschlägt, gibt manchen Betrieben nun den Rest“, sagte Patrik-Ludwig Hantzsch, der Leiter Wirtschaftsforschung bei Creditreform.
Hantzsch rechnet daher mit entsprechenden Auswirkungen – spätestens im ersten Halbjahr 2023. „Personalmangel wird zu einem echten Insolvenztreiber in den kommenden Monaten“, sagte der Experte, der vor allem das Gastgewerbe, aber auch Branchen wie Handel, Logistik oder Pflege als besonders gefährdet sieht.
Hunderte französische Firmen vor dem Ruin
Doch auch das europäische Ausland kämpft mit ähnlichen wirtschaftlichen Problemen. So werden rund 300 französische Unternehmen wegen der hohen Energiepreise möglicherweise den Winter nicht überstehen. „Es sind vor allem Unternehmen, die viel Energie brauchen und ihre Verträge nicht neu verhandeln konnten“, sagte Industrieminister Roland Lescure am Dienstag (20. September) dem Sender „Sud Radio“. Er nannte als Beispiel den traditionellen Glaswarenhersteller Duralex, der von November an für vier Monate seine Öfen abschalten und die Angestellten in Kurzarbeit schicken will.
Der Minister verwies darauf, dass die Regierung einen Hilfsfonds eingerichtet habe. „Wir sind dabei, den Zugang zu vereinfachen und ihn für das nächste Jahr zu verlängern“, betonte er. Zunächst war nicht klar, wie viele Arbeitsplätze in den betroffenen Firmen gefährdet sein könnten.
Auch in Großbritannien sind die Unternehmensinsolvenzen rasant angestiegen. Die Anzahl der zahlungsunfähigen Unternehmen in England und Wales stieg im August um 43,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat an.
(Mit Material von afp und dts)
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