EU will „blaue Wirtschaft“ in Afrika ausbauen – und damit Peking entgegenwirken

Vom 2. bis 4. Juli haben sich Vertreter Afrikas und der EU unter Schirmherrschaft von Kenias Präsident Ruto in Diani zur „BlueInvest Africa 2024“ getroffen. Angesichts des steigenden Einflusses Chinas, Russlands, aber auch anderer Länder wollen die Europäer Boden gutmachen.
Titelbild
Kenias Präsident William Ruto spricht während der 77. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen.Foto: Anna Moneymaker/Getty Images
Von 8. Juli 2024

Zu Beginn letzter Woche hat in Diani an der Küste Kenias eine viel beachtete Veranstaltung zur sogenannten blauen Wirtschaft stattgefunden. Dem afrikanischen Gastgeber war sie zumindest bedeutend genug, dass kein Geringerer als Präsident William S. Ruto persönlich daran teilnahm und die Schirmherrschaft übernahm. Partner in der Ausrichtung der „BlueInvest Africa 2024“ war die Europäische Union. Bereits 2022 hatte es eine entsprechende Veranstaltung auf den Seychellen gegeben.

„Blaue Wirtschaft“ gewinnt in Afrika erheblich an Bedeutung

Unter „blauer Wirtschaft“ werden alle mit den Ozeanen und Meeren verbundenen wirtschaftlichen Tätigkeiten verstanden. Die EU sieht in diesem Bereich ungeahnte Innovationspotenziale. Für Brüssel war Charlina Vitcheva, Generaldirektorin der Generaldirektion Fischerei und maritime Angelegenheiten der Europäischen Kommission, anwesend. Zudem war die EU durch die Botschafterin der EU in Kenia, Henriette Geiger, vertreten.

Nicht alle afrikanischen Staaten verfügen über eine Vielzahl an gut schiffbaren Küsten, die sich für den Bau von Häfen und die Fischerei eignen. Neben Steilküsten und langen, häufig schlecht ausgebauten Transportwegen ins Landesinnere verhindern häufig Wasserkonflikte und bewaffnete Auseinandersetzungen den Ausbau dieses Bereichs.

Kenia sieht sich jedoch als Vorreiter. Präsident Ruto äußerte, man sei „ein Verfechter der Entwicklung der blauen Wirtschaft“ – und richte auch deshalb die Konferenz mit aus. Derzeit erwirtschaftet die blaue Wirtschaft in Afrika jedoch bereits Einnahmen in Höhe von 300 Milliarden Dollar und beschäftigt 50 Millionen Menschen. Bis 2030 rechnet man mit einer Wertsteigerung des Sektors auf etwa 405 Milliarden US-Dollar.

Starkes Wachstumspotenzial und Innovationen tragen zu dynamischer Entwicklung bei

Die Corona-Krise hat die dynamische Entwicklung in vielen Regionen des Kontinents nur vorübergehend gestoppt. Die Afrikanische Entwicklungsbank prognostiziert für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent und für 2025 eines von 4,2 Prozent.

Die blaue Wirtschaft reicht nach den Einschätzungen der Teilnehmer auch noch deutlich über die traditionellen Wirtschaftstätigkeiten wie Fischerei oder Aquakultur hinaus. So waren im Rahmen der Konferenz auch Tourismus und Verkehr Themen, aber auch Bereiche wie Biotechnologie und erneuerbare Energien. Aus all diesen Sektoren stellten 29 afrikanische Unternehmer, die aus 17 Ländern und zehn Wirtschaftszweigen kamen, ihre Projekte vor. Sie warben auf der Konferenz um Investitionen, mit dem Ziel, ihre bereits vielversprechenden Ansätze auf eine neue Stufe heben zu können.

Die meisten der anwesenden Unternehmer kamen aus dem Bereich der Aquakultur. Diese ist insbesondere für die Strategien vieler afrikanischer Staaten zur Ernährungssituation von besonderer Bedeutung. Aber auch Projekte aus Bereichen wie Abfallrecycling, Verkehr, Lebensmittelverarbeitung und sogar Mode wurden im Rahmen der Veranstaltung vorgestellt.

Für die EU steht die „Nachhaltigkeit“ erkennbar im Vordergrund

Die Europäische Kommission bewarb BlueInvest Africa 2024 als „eine umfassende Plattform für Lernen, Zusammenarbeit und Wachstum“. Dies mache sie zu einer unschätzbaren Veranstaltung für alle, die „in der nachhaltigen blauen Wirtschaft tätig sind oder sich für sie interessieren“.

Der diesjährige Schwerpunkt habe auf „transformativen Projekten im maritimen und küstennahen Bereich sowie in Binnengewässern“ gelegen. Dabei sei ein besonderer Fokus auf „nachhaltige Innovation, der Schaffung von Arbeitsplätzen und den Erhalt des marinen Ökosystems“ gerichtet gewesen.

Die Kommission wollte zudem eine Plattform für in Afrika ansässige Unternehmen und globale Investoren schaffen. Dies sollte es erleichtern, „strategische Allianzen zu schmieden, Wissen auszutauschen und die blaue Wirtschaft in ungeahnte Höhen zu treiben“.

Ambitionierte Klimapolitik hat Misstrauen gegen Europa in Afrika weiter verstärkt

Auffällig bleibt, dass das Thema der „Nachhaltigkeit“ gleichsam als Leitmotiv über allen Bemühungen der EU steht, ihre Rolle beim wirtschaftlichen Aufschwung in Afrika bedeutsamer zu gestalten. Den meisten afrikanischen Regierungen ist – bei allen Bekenntnissen zu Klimazielen und Dekarbonisierung – aber die Vermehrung von Wohlstand wichtiger als die Frage, wie „nachhaltig“ dieser ist.

Dies hatte nicht selten Spannungen mit den Europäern zur Folge, vor allem dort, wo diese Druck zu entfalten versuchten, afrikanische Länder zum schnellen Verzicht auf Öl, Gas und Kohle zu bewegen. Die EU hatte mehrfach versucht, ihren Einfluss in UNO-Einrichtungen geltend zu machen, um Investitionsprojekte in Afrika zu erschweren, wenn traditionelle Energieträger dort eine tragende Rolle spielten. Ähnliches gilt bezüglich des Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft.

Diese Tendenzen hin zum „Öko-Imperialismus“, wie sie etwa das Mises-Institut bezeichnet, stehen nicht selten einer stabilen Elektrifizierung oder der Verbesserung lokaler Versorgung im Weg. Zur Beliebtheit der als ehemalige Kolonialmächte ohnehin misstrauisch beäugten Europäer als Wirtschaftspartner in Afrika trägt das nur wenig bei. Stattdessen erleichtert dieses Vorgehen anderen Akteuren – von den USA über Russland, China bis hin zur Türkei und den Golfemiraten – den Ausbau ihres Einflusses.

Meloni hatte „Partnerschaft mit Afrika“ verkündet

Zu Beginn des Jahres hatte Italiens Premierministerin Giorgia Meloni einen eintägigen Italien-Afrika-Gipfel in Rom abgehalten. Zugleich stellte sie dem Senat ihr Konzept für eine „Partnerschaft mit Afrika“ vor. Zu dessen wesentlichen Elementen sollen der Kampf gegen irreguläre Migration, die Eröffnung von Perspektiven in der Heimat und bilaterale Projekte zum wechselseitigen Nutzen gehören. Eines davon solle ein Stromverbund zwischen Italien und Tunesien sein.

Rückendeckung hat Meloni dabei von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Melonis Plan passe „perfekt in unser European Global Gateway im Wert von 150 Milliarden Euro“. Mit diesem Vorhaben will die EU dem „One Belt, One Road“-Infrastrukturprojekt (Neue Seidenstraße) Chinas gegensteuern. Die dort regierende kommunistische Partei nutzt dieses Projekt als geopolitische Waffe, um in Partnerländern – viele davon befinden sich in Afrika – politisch an Einfluss zu gewinnen.

 



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