EU-Schuldenregeln könnten auch 2023 ausgesetzt bleiben
Die strengen EU-Schuldenregeln könnten auch im nächsten Jahr ausgesetzt bleiben, weil sich die Wirtschaftsaussichten wegen des Ukraine-Kriegs eintrüben.
Das geht aus Leitlinien für die Haushalts- und Schuldenpolitik der EU-Länder hervor, die die EU-Kommission am Mittwoch für 2023 vorlegte. Die Schulden- und Defizitregeln wurden wegen der Corona-Krise ausgesetzt und sollten eigentlich nächstes Jahr wieder gelten. Das werde „angesichts der hohen Unsicherheit“ bis zum Frühjahr neu bewertet, teilte die Kommission mit.
„Die russische Invasion wird wahrscheinlich einen negativen Effekt auf das EU-Wachstum haben, unter anderem durch Auswirkungen auf die Finanzmärkte, weiteren Druck auf die Energiepreise, hartnäckigere Lieferketten-Engpässe und Effekte beim wirtschaftlichen Vertrauen“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in Brüssel. „Europäische Sanktionen werden natürlich Auswirkungen und Kosten auch auf die EU-Wirtschaft haben“, sagte der ebenfalls für Wirtschaft zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Die Konsequenzen des Kriegs seien allerdings noch schwer abzuschätzen.
Unsichere Zeiten zu ewarten
Insgesamt stehe die europäische Wirtschaft dank der Corona-Hilfsmaßnahmen gut da, sagte Dombrovskis. „Wir sind bereit, den negativen Auswirkungen des Kriegs standzuhalten. Aber es sind sehr unsichere Zeiten.“ Gentiloni sagte, besonders durch die Energiepreise werde die wirtschaftliche Erholung von der Corona-Pandemie voraussichtlich geschwächt. Es werde nun erwartet, dass diese im ganzen Jahr 2022 erhöht blieben.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, man müsse die wirtschaftlichen Auswirkungen des Konflikts zunächst genau analysieren. „Ich begrüße deshalb, dass wir über die Anwendung der Fiskalregeln erst entscheiden, wenn wir mehr Klarheit haben.“
Seit Monaten wird in Brüssel über eine Reform der strengen Regeln für staatliche Defizite und Schulden diskutiert – auch darüber, wann sie vollständig wieder in Kraft treten sollen. Der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden. Die durchschnittliche Schuldenquote in der EU lag laut der Kommission 2021 bei 92 Prozent, in einigen Ländern wie Italien noch deutlich höher.
In ihrem Leitlinien empfiehlt die Kommission, dass die Haushalts- und Schuldenpläne für 2023 die individuellen Umstände der EU-Länder widerspiegeln sollen. Genauere Vorgaben dazu will die Brüsseler Behörde im Frühling vorstellen.
Deutschland hat sich dafür ausgesprochen, 2023 zu den strengen Schulden- und Defizitregeln zurückzukehren. Weil die Bundeswehr angesichts des Krieges drastisch aufgerüstet werden soll, muss der deutsche Staat aber voraussichtlich noch in diesem Jahr hohe zusätzliche Schulden aufnehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Sonntag ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro zur Stärkung der deutschen Verteidigungsfähigkeit angekündigt – „für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben“. (dpa/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion