EU-Länder für Zölle bis zu 35,3 Prozent auf chinesische E-Autos
Trotz Widerstand aus dem Bundeskanzleramt haben die EU-Länder den Weg für zusätzliche Zölle auf Elektroautos aus China frei gemacht.
Um die Pläne zu stoppen, wäre eine Mehrheit unter den 27 Mitgliedstaaten nötig gewesen, die bei einer Abstimmung am Freitag in Brüssel nach übereinstimmenden Diplomatenangaben nicht zustande kam. Die Zollaufschläge von bis zu 35,3 Prozent sollen spätestens Anfang November greifen.
Grundlage für die Strafzölle sind Vorwürfe der EU-Kommission, Peking verschaffe seinen Autobauern mit übermäßigen Staatshilfen einen unfairen Wettbewerbsvorteil – zum Nachteil europäischer Hersteller.
Auf BMW, Volkswagen warten zusätzliche Zölle von 20,7 Prozent
Der chinesische Autobauer Saic muss deshalb mit dem Höchstsatz rechnen. Für deutsche Konzerne wie BMW, Volkswagen und ihre Joint-Venture-Partner in China gilt zusätzlich zum bisherigen Zollsatz von zehn Prozent ein Aufschlag in Höhe von 20,7 Prozent.
Die Bundesregierung stimmte auf Druck der deutschen Autoindustrie gegen die Zölle, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach übereinstimmenden Medienberichten am Donnerstagabend ein Machtwort in der Ampel-Koalition gesprochen hatte.
In Brüssel war Deutschland allerdings machtlos: Eine Mehrheit gegen die Zollaufschläge kam nicht zustande. Neben Deutschland stimmten nach Diplomatenangaben vier weitere Mitgliedstaaten dagegen.
Um den Beschluss verhindern zu können, hätte sich eine Mehrheit der EU-Staaten gegen das Vorhaben aussprechen müssen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.
Zwölf Enthaltungen bei der Abstimmung
Nach Angaben aus Diplomatenkreisen stimmten am Ende zehn EU-Staaten für die Maßnahme und zwölf enthielten sich. Lediglich fünf sprachen sich demnach offen gegen die Zölle aus. Dabei repräsentieren die Gegner der Abgaben den Angaben zufolge gut 20 Prozent der EU-Bevölkerung.
Wegen zahlreicher Enthaltungen gab es am Freitag allerdings auch keine Mehrheit, die sich explizit für die Zollaufschläge aussprach. Die 27 EU-Länder konnten damit keine gemeinsame Stellungnahme abgeben. Brüssel kann die Zölle nun im Alleingang in Kraft setzen.
Die Kommission hält sich auch die Möglichkeit für weitere Gespräche mit Peking offen – bislang hatten die Verhandlungen aber keinen Erfolg.
Die Europäische Kommission hatte die zusätzlichen Zölle angekündigt, nachdem eine Untersuchung Peking vorgeworfen hatte, E-Autos mit Subventionen zu fördern, die den Markt in der EU verzerren.
Ob die Einfuhrzölle Anfang November in Kraft treten werden, liegt in der Hand der Kommission. Wenn aber noch rechtzeitig eine Lösung mit China am Verhandlungstisch erreicht wird, können die Zölle gestoppt werden.
Stimmen aus Berlin: Scholz gegen Zölle
Die Bundesregierung war sich uneinig, bis Kanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor der Abstimmung eine Machtwort gesprochen hast. In der Ampel-Koalition drangen die FDP-geführten Ministerien für Finanzen und für Verkehr auf ein deutsches Nein in Brüssel. Die grün geführten Wirtschafts- und Außenministerien hatten dafür plädiert, sich bei der Abstimmung zu enthalten, um weiter nach einer Verhandlungslösung mit China zu suchen.
Weitere Verhandlungen fordert auch Bundeskanzler Scholz, der als einer der schärfsten Kritiker der Zollaufschläge für Elektroautos aus China gilt.
Die Europäische Union dürfe sich nicht „selbst schädigen“, sagte er am Dienstag beim Außenhandelsverbandes BGA. Die EU müsse stattdessen „dort anpacken, wo chinesische Billigimporte unserer Wirtschaft tatsächlich schaden, beispielsweise beim Stahl“.
Habeck will starke EU gegen Peking
„Aus meiner Sicht ist der beste Weg zu einer politischen Lösung eine starke EU, die gemeinsam mit voller Verhandlungsmacht agiert“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dem „Handelsblatt“. „So können wir Zölle am ehesten abwenden.“
Habeck will erklärtermaßen gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Fahrzeugen schaffen, die in Europa hergestellt und die aus China importiert werden. Wenn das ohne Zölle gelingen soll, bräuchte es einen Deal mit China und dafür die Androhung von Zöllen. Inzwischen verhandelten die Chinesen erstmals ernsthaft, was gut sei. „Und es ist meiner Meinung nach nur dazu gekommen, weil China merkt, dass die EU entschlossen ist und auch geschlossen“, so der Wirtschaftsminister.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte weitere Gespräche. „Der Beschluss zu den Ausgleichszöllen im Markt für Elektroautos darf auf keinen Fall das Ende der Gespräche bedeuten“, warnte BDI-Geschäftsführerin Tanja Gönner nach der Abstimmung. „Die EU muss im Umgang mit China ein Gleichgewicht aus Schutz und Offenheit finden“, fügte sie hinzu. Instrumente wie höhere Zölle lehne der Verband aber nicht grundsätzlich ab.
Die deutsche Autoindustrie fürchtet neben den EU-Zöllen mögliche Gegenmaßnahmen aus Peking, die auch europäische Autobauer treffen könnten.
Die chinesische Regierung drohte bereits mit Strafzöllen auf Milchprodukte und Schweinefleisch in der EU, sollte Brüssel die Zollerhöhungen wie geplant umsetzen. Beide Seiten sind in dem Handelsstreit zudem bereits vor die Welthandelsorganisation (WTO) gezogen. (afp/dpa/red)
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