EU berät über Energiepreise – Chinas KP sichert sich Gas aus Katar
Seit 9 Uhr beraten die Energieminister der EU in Brüssel über die Bekämpfung der europaweit hohen Strom- und Gaspreise. Themen des Treffens sind unter anderem raschere Genehmigungsverfahren für Solaranlagen, aber auch eine mögliche Abstimmung der Einkaufspolitik. Um die Energiepreise in den Griff zu bekommen, will die EU-Kommission einen flexiblen Deckel auf Gaspreise im Großhandel beschließen.
Mehrere Versuche, eine verbindliche Preis-Obergrenze innerhalb der EU einzuführen, waren zuvor gescheitert. Länder wie Frankreich oder Italien hatten eine solche gefordert. Sie halten einen solchen Weg für erfolgversprechend, weil die Marktmacht einer gemeinsam einkaufenden EU groß genug wäre, um Preise zu beeinflussen. Skeptiker befürchten demgegenüber, dass Lieferanten den europäischen Markt gar nicht mehr ansteuern könnten, sollten ihnen die Preise als zu unattraktiv erscheinen.
Exzesskontrolle für Energiepreise an den europäischen Börsen
In der Vorwoche hatte die „Süddeutsche Zeitung“ die wahrscheinliche Stoßrichtung der geplanten EU-Gaspreisbremse angedeutet. Die Kommission hatte den Botschaftern aller 27 Mitgliedstaaten ein entsprechendes Konzeptpapier präsentiert.
Dem Konzept zufolge würde die EU keine verbindlichen Höchstpreise einführen. Allerdings würde sie sich einen sogenannten Marktkorrektur-Mechanismus vorbehalten, der unter bestimmten Bedingungen greifen würde. Er sollte demnach lediglich der Exzesskontrolle „vorübergehender“ oder spekulationsbedingter Preisbewegungen dienen. Als Beispiel nennt das Papier Megawattstundenpreise von 350 Euro, wie sie im August auf dem TTF-Terminmarkt zu verzeichnen waren.
Greifen soll die Bremse, wenn zum einen der einmonatige Terminkontrakt an der TTF-Börse ein bestimmtes Niveau überschreitet. Dazu könnte der Gipfel heute Details beschließen. Zum anderen muss sich die Preisentwicklung an den europäischen Börsen signifikant von jener an den übrigen weltweiten Börsen unterscheiden.
Sie würde also nicht greifen, wenn die Preisexzesse ein weltweites Phänomen darstellen würden. Zudem könne die EU ihre Gaspreisbremse jederzeit aussetzen, sollte diese „schädliche Folgen“ zeitigen. Solche könnten etwa eine Nachfragerally oder ein Anbieterboykott sein.
„Europäische Marktmacht nutzen, um Preise zu drücken“
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat unterdessen im „Handelsblatt“ Kritik zurückgewiesen, Deutschland würde durch Alleingänge ein gemeinsames Handeln mit Blick auf die Energiepreise blockieren. Die wahrscheinliche Einigung auf den flexiblen und dynamischen Preisdeckel sei eine tragfähige Lösung:
Aber ich bin skeptisch, wenn es um eine feste Preisobergrenze im Gasmarkt geht, weil diese entweder zu hoch oder zu niedrig wäre.“
Europa sei durch einen gemeinsamen Einkauf von Gas für die Überwindung der Krise gut aufgestellt. Die großen Energiekonzerne sollten „ihre europäische Marktmacht nutzen, um die Preise zu drücken, nicht um sich gegeneinander zu überbieten“.
Katar vereinbart längsten LNG-Liefervertrag seiner Geschichte
Ein möglicher alternativer Partner zur Russischen Föderation scheint Habeck unterdessen bereits abhandengekommen zu sein. Während Deutschland sich bemüht, die dortige Fußball-WM zu nutzen, um für Menschenrechte und LGBTQ-Anliegen „Zeichen zu setzen“, hat Katar einen LNG-Vertrag geschlossen.
Wie das „Manager-Magazin“ berichtet, wird das Golfemirat dem KP-Regime in China über die nächsten 27 Jahre jeweils vier Millionen Tonnen LNG liefern. Wie der Chef von QatarEnergy, Saad al-Kaabi, am Montag (21.11.) verkündete, wird das Flüssigerdgas an den ebenfalls staatlichen Versorger Sinopec gehen. Es sei die längste Laufzeit, die man jemals für einen LNG-Liefervertrag vereinbart habe.
Katar gehört zu den fünf wichtigsten Gasproduzenten der Welt und beutet derzeit das weltgrößte Erdgasfeld „North Field“ im Persischen Golf aus. Im März hatte Minister Habeck unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges das Emirat bereist. Er wollte Katar als Ersatzpartner für Russland im Bereich der Gasversorgung gewinnen.
Der Deal platzte: Katar bestand nicht nur auf längerfristigen Lieferverträgen und schloss eine Übergangslösung aus. Das Golfemirat bestand zudem auf eine Klausel, die einen möglichen Weiterverkauf des Gases ausschloss. Deutschland muss deshalb nun LNG aus den USA einkaufen und eigene schwimmende LNG-Terminals errichten. Die Kosten dafür drohen aus dem Ruder zu laufen.
Minister klagt über US-Subventionen
Habeck brachte auch mögliche Subventionen für die Industrie durch Mittel aus dem Programm „Repower EU“ ins Spiel. Dieses hatte die Staatengemeinschaft im Mai beschlossen, um die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu überwinden. Zudem solle es helfen, eine eigene Versorgungsinfrastruktur aufzubauen.
Die Subventionen seien erforderlich, meint Habeck, weil die USA über den Inflation Reduction Act (IRA) ebenfalls ihre Industrie subventionierten. Dies verzerre jedoch den Wettbewerb zuungunsten Europas und gefährde dessen „grünen Umbau“.
Habeck will mit den USA nun über „gleiche Wettbewerbsbedingungen“ sprechen – in Bereichen wie der Halbleiterindustrie, Batteriezellen, Elektrolyse sowie Solar- und Windanlagen. Der Minister räumt ein, dass die Solarindustrie nach umfänglichen Anfangssubventionen von Deutschland nach China abgewandert sei.
Nun wolle man an deren Wiederaufbau in Deutschland und Europa arbeiten, und die USA sollen dem nicht im Weg stehen:
Wir müssen verhindern, dass dies durch den IRA gefährdet wird – nicht nur wegen der schieren Summen, die Washington anbietet. Es geht auch um die Entscheidungsgeschwindigkeit.“
Energiepreise drohen zur Achillesferse für die EU zu werden
Manager wie der BASF-CEO Martin Brudermüller warnen vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Die Energiekosten in Europa könnten in der EU bald das Dreifache jener in den USA erreichen, warnte der Vorstandschef. Aber auch im Mittleren Osten seien die Konditionen deutlich günstiger.
Skeptiker deutscher und europäischer Energiepolitik sehen weniger Wettbewerbsverzerrungen anderer Länder, sondern die grüne Energiewende-Politik selbst als den wesentlichen Grund dafür. Habeck hingegen meint, durch „Technologieführerschaft“ und den Ausbau der Transformationstechnologie der Verknappung des bestehenden Angebots gegensteuern zu können.
Habeck: 2045 ist „rote Linie“ für Gas in Deutschland
Der Minister verteidigt dennoch sein Festhalten am deutschen Vorgehen. Man fahre zwar in der Krise kurzfristig Kohlekraftwerke hoch und lasse die Kernkraftwerke länger am Netz, um in Europa „solidarisch“ zu sein. Der deutsche Fahrplan sei jedoch klar:
Wir steigen aus der Kohle aus. Bis 2045 wird Deutschland klimaneutral. Der Anteil erneuerbarer Energien liegt bereits bei rund 50 Prozent, und wir wollen ihn bis zum Ende dieses Jahrzehnts auf 80 Prozent erhöhen.“
Diesem Ziel stünden auch längerfristige Gasbezugsverträge im Weg. Einen 20-Jahres-Vertrag ab 2023 würde Habeck noch akzeptieren, „aber 2045 ist eine rote Linie“. Da andere Länder „erst zehn Jahre später an diesem Punkt“ angelangt sein könnten, sollen Energieunternehmen auch Verträge über 2045 hinaus abschließen können. Sie könnten das LNG dann woanders verkaufen.
Aber wir werden fossile Brennstoffe hinter uns lassen und auf neue Energiequellen umsteigen, grünen Wasserstoff zum Beispiel.“
Erhebliche Folgekosten für Hausbesitzer möglich
Unterdessen erinnert das Bundeswirtschaftsministerium Eigentümer von Gebäuden in Deutschland selbst an deren Verpflichtung, alle zwei Jahre einen Heizungscheck zu veranlassen. Diese ist in der zweiten Energiesparverordnung geregelt, die seit dem 1. Oktober gilt. Die Erste war bereits im September in Kraft getreten und enthält unter anderem ein Verbot des Beheizens privater Schwimmbecken per Gas oder Strom.
Wie der „Focus“ schreibt, erinnert das Ministerium zudem an die Verpflichtung, mögliche Optimierungen in diesem Bereich vorzunehmen. Die Maßnahmen sind bis spätestens 15. September 2024 von Fachleuten durchzuführen – etwa Heizungsbauern, Schornsteinfegern oder Energieberatern.
Die Kosten für den Check selbst bleiben mit 100 bis 150 Euro erfahrungsgemäß im Rahmen. Optimierungsmaßnahmen wie etwa die Dämmung von Heizungsrohren könnten jedoch erhebliche Folgeinvestitionen nach sich ziehen.
(Mit Material von dts und afp)
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