ESG-Kriterien: Louisiana und BlackRock gehen getrennte Wege

Nach Florida erteilt nun auch der US-Bundesstaat Louisiana sogenannten ESG-Anlagen eine Absage. Der Staat trennt sich daher von Investitionen bei BlackRock.
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Der Vermögensverwalter Blackrock ist eine international tätige US-amerikanische Investmentgesellschaft mit Sitz in New York City.Foto: Justin Lane/EPA/dpa/dpa
Von 23. Oktober 2022

Der US-Bundesstaat Louisiana wird künftig bei der Verwaltung seiner Treuhandfonds nicht mehr der Investmentgesellschaft BlackRock zusammenarbeiten. Dies hat der Schatzmeister des Bundesstaates, John M. Schroder, zu Beginn des Monats in einem Brief an die Gesellschaft angekündigt. Als Begründung für seinen Schritt nannte Schroder die Politik von BlackRock in Bezug auf sogenannte ESG-Kriterien.

Die Investmentgesellschaft, deren deutschen Aufsichtsrat CDU-Chef Friedrich Merz 2015 bis 2020 leitete, ist der weltgrößte Vermögensverwalter. Sie verwaltet Bestände in Höhe von etwa zehn Billionen US-Dollar und betreibt 70 Filialen in 30 Ländern.

Schroder wirft BlackRock Unterminierung wirtschaftlicher Interessen vor

In einem Brief Schroders an den CEO von BlackRock, Laurence D. Fink, den er am 5. Oktober verfasste, erklärt der Schatzmeister: „Ihre unverhohlene Anti-Fossilbrennstoff-Politik würde Louisianas Wirtschaft zerstören. Deshalb wird das Finanzministerium von Louisiana alle BlackRock-Investitionen bis Ende 2022 auflösen. Bis heute haben wir 560 Millionen Dollar veräußert. Die Veräußerung erfolgt strategisch über einen bestimmten Zeitraum, damit das Geld des Staates nicht zum Nachteil unserer Bürgerinnen und Bürger verloren geht.“

Sobald die Veräußerung abgeschlossen sei, würde BlackRock über 794 Millionen US-Dollar weniger verfügen. Dies betreffe sowohl Geldmarktfonds als auch Investmentfonds oder börsengehandelte Fonds (ETFs). Diese Desinvestition sei notwendig, um Louisiana vor einer Unterminierung seines Sektors für fossile Brennstoffe zu bewahren.

Die Unterstützung von ESG-Investitionen durch BlackRock sei unvereinbar mit den besten wirtschaftlichen Interessen und Werten Louisianas, so Schroder.

„Ich kann keine Institution unterstützen, die unserem Staat den Nutzen eines seiner stärksten Vermögenswerte vorenthalten würde. Einfach ausgedrückt: Wir können nicht an der Verkrüppelung unserer eigenen Wirtschaft beteiligt sein.“

„Politisierung der Kapitalmärkte“

Das Kürzel ESG steht für „environmental, social, and governance“. Es beschreibt ein Bewertungssystem, das Unternehmen und öffentliche Institutionen nach bestimmten Umwelt-, Sozial- und Führungskriterien kategorisiert. Dies soll Anlegern eine Einschätzung ermöglichen, welche Anstrengungen staatliche oder private Akteure in diesen Bereichen unternehmen.

S&P Global Ratings ist bereits dazu übergegangen, auch nationale und regionale Regierungen diesem System zu unterwerfen. In der EU will die Kommission ihre Taxonomie zur Nachhaltigkeit von Geldanlagen um solche des „gesellschaftlichen Nutzens“ zu erweitern.

Kritiker hingegen warnen vor einer „Politisierung der Kapitalmärkte“ und einer Art „Sozialkreditsystem“. Am Ende könnten willkürliche, nicht wirtschaftliche Erwägungen zur Grundlage für wirtschaftliche Einschätzungen werden – etwa im Bereich der Kreditwürdigkeit. Investitionsanalysen würden sich damit nicht länger an objektiven quantitativen Zahlen orientieren, sondern zunehmend an politischen und ideologischen Vorgaben.

Investmentgesellschaft versucht Schadensbegrenzung

BlackRock hat bis dato lediglich die Möglichkeit für Anleger geschaffen, auf freiwilliger Basis in ESG-Titel zu investieren. Dies war eine Reaktion auf Kritik von links, wonach die Investmentgesellschaft die sogenannten Nachhaltigkeitszielen der UNO zu wenig würdige.

In einer Reaktion auf jüngste Kritik am Bekenntnis von BlackRock zur „ESG-Integration“ versucht sich die Gesellschaft in Schadensbegrenzung. Dort heißt es: „Wir schreiben unseren Kunden nicht vor, wie sie investieren sollen, sondern bieten ihnen eine breite Palette von Möglichkeiten.“

Die große Auswahl an Anlageprodukten, die BlackRock biete, solle den Kunden helfen, ihre Anlageziele zu erreichen und ihre Prioritäten zu berücksichtigen. Man sei „keine Verpflichtungen oder Zusagen zur Einhaltung von Umweltstandards eingegangen, die unsere Fähigkeit einschränken, das Geld unserer Kunden in ihrem Namen und im Einklang mit ihren Zielen zu investieren“.

Die Entscheidung, wo investiert werden solle, liege am Ende beim Kunden selbst. Diese habe man auch in einer Erklärung zur Unterzeichnung der „Globalen Investorenerklärung zum Klimawandel 2014/15“ deutlich gemacht. Man werde, heißt es dort, „im Einklang mit unserer treuhänderischen Pflicht“ mit Unternehmen zusammenarbeiten, deren Fokus darauf ausgerichtet sei, Klimarisiken zu minimieren.

Die Investmentgesellschaft weist auch den Vorwurf zurück, sie würde Energieunternehmen boykottieren. In der Erklärung heißt es: „Das Gegenteil ist der Fall: Die Kunden von BlackRock gehören zu den größten Investoren in der Energiewirtschaft. Allein in den USA haben wir im Namen unserer Kunden 170 Milliarden Dollar in amerikanische Energieunternehmen investiert, darunter Pipelines und Stromerzeugungsanlagen.“

Auf der deutschsprachigen Seite ist der Tonfall jedoch ein etwas anderer. Dort heißt es, jedes Anlageteam sei „für die Umsetzung von ESG-Ansätzen im Einklang mit seinem Investmentmandat verantwortlich“. Zudem sei jedes davon „verpflichtet, seinen jeweiligen Ansatz durch eine formelle Stellungnahme zur ESG-Integration zu untermauern“.

Allerdings heißt es auch dort: „Unsere Portfoliomanager können ESG-Informationen in ihre Anlageprozesse einbeziehen und diese Informationen ebenso wie andere finanzielle Informationen ausklammern oder stärker gewichten.“

Larry Fink, Vorsitzender und CEO von BlackRock, am 10. Juli 2019. Foto: LUDOVIC MARIN/AFP via Getty Images

„Bei BlackRock erzwingen wir Verhaltensweisen“

Vor allem republikanisch regierte Bundesstaaten trauen den Bekenntnissen nicht über den Weg und ziehen sich aus BlackRock-Investments zurück. Sie befürchten, dass Fondsmanager über das Bekenntnis der Gesellschaft zur Null-Emissions-Wirtschaft bis 2050 Druck erfahren würden. Dieser würde in weiterer Folge die Freiheit ihrer Investitionsentscheidungen beeinträchtigen.

Dies spricht auch Schroder in seinem Schreiben an. Es gebe ein Schreiben von BlackRock an CEOs aus dem Jahr 2021. In diesem mache BlackRock deutlich, dass man „eine Wirtschaft anstrebt, ‚die bis 2050 nicht mehr Kohlendioxid ausstößt, als sie der Atmosphäre entzieht‘, was, wie Sie einräumen, ‚eine Umgestaltung der gesamten Wirtschaft‘ erfordert.“

Damit fordere BlackRock eine „Umgestaltung“ der gesamten Wirtschaft, die nicht durch einen demokratischen Prozess erfolgen werde. Stattdessen heiße es, dass man Verhaltensweisen ändern müsste, und man dies von Unternehmen verlange. Wörtlich zitiert John M. Schroder die Aussage: „Man muss Verhaltensweisen erzwingen. Und bei BlackRock erzwingen wir Verhaltensweisen.“

In einem ähnlichen Schreiben aus dem Jahr 2022 heißt es, man müsse „ehrlich mit der Tatsache umgehen, dass grüne Produkte oft mit höheren Kosten verbunden sind“.

Überordnung politischer Ziele über Rendite nicht erlaubt

Den Gesetzen der Logik zufolge würde dies jedoch, so Schatzmeister Schroder, bedeuten, dass eine Umsetzung der ESG-Richtlinien die Unternehmensgewinne und Anlegerrenditen schmälern würde. Dies verstoße jedoch gegen das Gesetz über treuhänderische Pflichten des Bundesstaates.

Dieses schreibe eine ausschließliche Konzentration auf finanzielle Erträge für die Empfänger staatlicher Mittel vor. Solche wären beispielsweise auch Rentenempfänger. Eine Überordnung politischer und sozialer Ziele gegenüber der Pflicht, die Renditen der Anleger zu steigern, sei nicht erlaubt.

„Nach dem Gesetz von Louisiana haben die Renditen der Anleger Vorrang. Ich bin überzeugt, dass ESG-Investitionen mehr als nur ein schlechtes Geschäft sind. Sie sind eine Bedrohung für unsere Gründungsprinzipien: Demokratie, wirtschaftliche Freiheit und individuelle Freiheit.“

Es sei untragbar, so Schroder, dass große Investmentfirmen über Beteiligungen Druck auf Unternehmen ausüben, politische Ziele zu verfolgen. Gegen die Schaffung von ESG-Investitionsmöglichkeiten für interessierte Anleger sei nichts einzuwenden. Eine „Verwendung der Nicht-ESG-Investitionen anderer Leute zur Förderung von ESG-Aktionärsinitiativen“ sei jedoch untragbar.

Bundesstaaten ziehen eine Milliarde US-Dollar von BlackRock ab

Neben Louisiana hatte auch Florida erklärt, seine Zusammenarbeit mit BlackRock infolge der „ESG-Integration“ zu beenden. Der „Financial Times“ zufolge ziehen demnächst noch weitere Bundesstaaten nach.

So habe der Schatzmeister des Bundesstaates South Carolina, Curtis Loftis, angekündigt, dass er bis zum Jahresende 200 Mio. US-Dollar aus BlackRock abziehen werde. Der Schatzmeister von Utah, Marlo Oaks, gab an 100 Mio. Dollar in BlackRock-Fonds liquidiert zu haben. Arkansas zog in diesem Jahr 125 Mio. US-Dollar ab.

Erst jüngst hat, wie die englischsprachige Epoch Times berichtet, UBS-Analyst Brennan Hawken, die Aktie von BlackRock (NYSE: BLK) von „Buy“ auf „Neutral“ herabgestuft. Das Kursziel senkte er von 700 US-Dollar auf 585. Als Begründung nennt er die Widerstände, die mit den ESG-Bemühungen von BlackRock verbunden sind.

„BLKs frühe und energische Übernahme von ESG-Prinzipien im Fondsmanagement und in der Aktionärsvertretung haben das Unternehmen unserer Ansicht nach als ESG-Führer positioniert. Da sich jedoch die Performance verschlechtert hat und das politische Risiko von ESG gestiegen ist, glauben wir, dass das Potenzial für verlorene Fondsmandate und regulatorische Prüfungen in letzter Zeit zugenommen hat.“

Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 67, vom 22. Oktober 2022.



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