Erntehelfer dürfen nicht mehr einreisen – FDP: „Horrormeldung für alle betroffenen Betriebe“
Landwirte in Deutschland müssen sich wegen der Corona-Krise weiterhin auf Engpässe bei Erntehelfern aus dem Ausland einstellen.
Wie das Bundesinnenministerium am Mittwoch mitteilte, wird den Saisonarbeitskräften die Einreise nach Deutschland im Rahmen der bestehenden Grenzkontrollen „bis auf Weiteres“ nicht mehr gestattet. Der Bauernverband und die FDP mahnten daraufhin rasche unbürokratische Regelungen an – andernfalls drohten erhebliche Einbußen bei der Ernte.
Dem Innenministerium zufolge ist die Neuregelung erforderlich, „um die Infektionsgefahren im grenzüberschreitenden Verkehr zu minimieren“. Deshalb habe Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach Abstimmung im Bundeskabinett die Einreiseeinschränkungen angeordnet, die ab Mittwoch 17.00 Uhr gelten.
Die Regelung gilt demnach für Einreisen aus Drittstaaten außerhalb der EU, für Großbritannien sowie für EU-Staaten, die nicht alle Schengen-Regeln voll anwenden – unter anderem Bulgarien und Rumänien – und für Staaten, zu denen Binnengrenzkontrollen vorübergehend wiedereingeführt wurden.
Der Deutsche Bauernverband forderte, der Einreisestopp müsse so kurz wie möglich gehalten werden. „Das Einreiseverbot für unsere Saisonarbeitskräfte trifft unsere Betriebe in der jetzigen Phase sehr hart“, erklärte Bauernpräsident Joachim Rukwied. „Insbesondere unsere Obst-, Gemüse- und Weinbaubetriebe, die auch Teil der kritischen Infrastruktur sind, brauchen dringend Arbeitskräfte.“
Klöckner will Arbeitslose und Migranten einsetzen
Außerdem müsse es kurzfristig unbürokratische und praktikable Lösungen geben, um Menschen aus Deutschland beschäftigen zu können. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatte zuletzt unter anderem den Einsatz von Arbeitslosen und Migranten als Erntehelfer ins Spiel gebracht.
In der deutschen Landwirtschaft sind nach Angaben des Bauernverbandes jährlich rund 300.000 Saisonarbeitskräfte beschäftigt, die überwiegend aus Osteuropa kommen.
FDP-Fraktionsvize Frank Sitta warnte, ohne schnelle und unbürokratische Regelungen drohe nun „vielerorts die Ernte auf dem Feld zu verderben“. Für die betroffenen Sonderkulturbetrieben bedeute dies erhebliche Liquiditätsschwierigkeiten.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann kritisierte das Einreiseverbot als „völlig unverhältnismäßig und eine Horrormeldung für alle betroffenen Betriebe“. Von den Arbeitern gehe „keine Gefahr aus, denn sie kommen nicht aus Risikogebieten“, erklärte er. „Hinzu kommt, dass die Saisonarbeiter sowieso isoliert leben in Deutschland.“
Die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat, bezeichnete den Einreisestopp für Saisonarbeitskräfte als „nicht nachvollziehbar“.
Einreisesperre trifft nur Erntehelfer – andere Gruppen nicht betroffen
Eine Einreisesperre, die nur ausländische Erntehelfer treffe, während andere Berufsgruppen weiterhin einreisen dürften, sei zudem „europarechtlich fragwürdig“. Es sei nun „unerlässlich, dass der Bund sich mit den betroffenen Bundesländern auf ein abgestimmtes weiteres Vorgehen einigt“.
Der Agrarökonom Sebastian Lakner von der Universität Rostock wies in der „taz“ (Donnerstagsausgabe) unterdessen darauf hin, dass die Grundversorgung mit Lebensmitteln auch ohne Saisonarbeitskräfte weitgehend gesichert sei. Rund 55 Prozent der Kulturen auf Ackerflächen in Deutschland seien bereits im Herbst ausgesät worden.
Engpässe könnte es demnach vor allem bei der Spargel- und danach bei der Erdbeerente sowie im Gemüse- und Obstanbau geben. Da die Produktion auch in Südeuropa wegen Corona erschwert sei, könnten die Importe etwa aus Spanien beispielsweise sinken. (afp)
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