Der Staat kauft sich bei Meyer Werft ein – mit 400 Millionen Euro und Kreditbürgschaften
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat am Mittwochmorgen grünes Licht für den staatlichen Einstieg bei der kriselnden Meyer Werft gegeben. Das verlautete aus Kreisen des Ausschusses.
Das Unternehmen aus Papenburg ist bekannt für seine Kreuzfahrtschiffe und steckt in einer existenzbedrohenden Finanzkrise. Um Tausende Arbeitsplätze zu sichern und die maritime Industrie zu erhalten, springt der Staat ein.
Der Bund und das Land Niedersachsen wollen nun für 400 Millionen Euro rund 80,7 Prozent der Meyer Werft kaufen. Hinzu kommen Kreditbürgschaften in Höhe von rund zwei Milliarden Euro.
In den Staatsbesitz über gehen damit die Werft in Papenburg sowie die Neptun-Werft in Rostock-Warnemünde. Die Meyer Werft im finnischen Turku soll hingegen im Besitz der Familie Meyer bleiben.
Niedersachsen wird ebenfalls noch zustimmen
Niedersachsens Landesregierung hatte den Einstieg Anfang vergangener Woche ebenfalls beschlossen. Auch hier muss noch der Haushaltsausschuss im Landtag zustimmen, was noch am Mittwoch geschehen sollte. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums soll die staatliche Unterstützung beihilfefrei erfolgen, also ohne EU-Genehmigungspflicht.
Bund und Land argumentieren, dass die Werft rund 3.800 Arbeitsplätze sichert, von großer Bedeutung für den deutschen Schiffbau ist und erheblichen Einfluss auf das schiffbauliche Know-how hierzulande hat.
Die Werft werde mit dem Bau von Plattformen für Windparks in Rostock-Warnemünde perspektivisch auch zur Energiewende beitragen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Gegebenenfalls könne sie auch eine stärkere Rolle im Marineschiffbau übernehmen.
Der Konzern mit dem Standort Papenburg in Niedersachsen und der Neptun-Werft in Rostock-Warnemünde benötigt in den kommenden Jahren rund drei Milliarden Euro.
Finanzierung muss bis zum 15. September stehen
Ein fixes Ausstiegsdatum für die Staatsbeteiligung gibt es nicht. Allerdings heißt es sowohl aus Berlin als auch aus Hannover, dass die Werft nicht auf Dauer in der öffentlichen Hand bleiben solle.
Aktuell sei ein Engagement des Staats aber unumgänglich, weil kein privater Investor gefunden werden konnte und das Unternehmen „von großer strukturpolitischer Bedeutung“ für Bund und Land sei, hatte Niedersachsens Landesregierung erklärt.
Die Meyer Werft muss zur Finanzierung von Schiffsneubauten bis Ende 2027 fast 2,8 Milliarden Euro aufbringen. Bis zum 15. September müssen die Einigungen dazu stehen.
Hintergrund der Krise sind nicht mangelnde Aufträge, sondern Verträge für neue Schiffe, die noch vor der Corona-Pandemie geschlossen wurden und keine Anpassung an die seither stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vorsehen.
Zudem werden in der Branche 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt – den Bau muss die Werft also mit Krediten zwischenfinanzieren.
Kanzler Scholz sieht Meyer Werft als „industrielles Kronjuwel“
Grundsätzlich muss Staatshilfe bei der EU-Kommission angemeldet werden, damit ein Land seinen Unternehmen mit Geld unter die Arme greifen darf. Eine Frist, bis wann die Kommission entscheiden muss, ob eine Beihilfe zulässig ist, gibt es nicht.
Zur Rettung der Meyer Werft teilte die Kommission mit, man führe konstruktive Diskussionen mit den deutschen Behörden. Nach Angaben aus Niedersachsen ist die Staatshilfe in diesem Fall so konzipiert, dass man rechtlich nicht auf eine Zustimmung der EU angewiesen ist. Man habe die EU trotzdem freiwillig über das Vorhaben informiert.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte dem Unternehmen die Unterstützung des Bundes Ende August auf der Werft in Papenburg zugesagt. „Die Meyer Werft ist ein Trumpf, den wir nicht aufgeben dürfen und den wir nicht aufgeben werden“, sagte der SPD-Politiker.
Die Stellung Deutschlands als drittgrößte Wirtschaftsnation der Welt erfordere eine starke maritime Wirtschaft, und die Meyer Werft sei ein „industrielles Kronjuwel“. (dpa/red)
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