Durchreguliert bis in den Kleiderschrank

Die EU-Kommission will die Ökodesign-Richtlinie erweitern. Praktisch jedes Produkt – wie schon Glühbirnen – soll auf Nachhaltigkeit überprüft werden.
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Möglichst alles soll einem Nachhaltigkeit-Check in der neuen „Ökodesign-Richtlinie“ unterliegen – auch Kleidung will die EU regulieren.Foto: iStock
Von 22. März 2022

Regulierungs- und Kontrollwahn oder tatsächliches Interesse am Umweltschutz? Die Europäische Kommission will die Ökodesign-Richtlinie umfassend modifizieren und praktisch jedes Produkt bei seiner Herstellung auf Nachhaltigkeit überprüfen. Einen entsprechenden Antrag will die Kommission Ende März vorstellen, berichtet die „FAZ“, der der Entwurf eigenen Angaben zufolge vorliegt. 

Blicken wir kurz zurück auf das Jahr 2009. Damals hatte die Kommission den vermeintlichen Stromfresser Glühbirne verboten, stattdessen sollte die Energiesparlampe unsere Räume erhellen. Betroffen waren zunächst die 100-Watt-Birnen, bis 2012 dann auch alle anderen. Es gab viele Proteste gegen die Entscheidung aus Brüssel, skurrile Gerichtsverfahren und den Vorwurf, die EU würde mit ihrer Regulierungswut gar in die Freiheitsrechte der Bürger eingreifen. 

Die Mitglieder der EU-Kommission sind nun der Ansicht, dass die ehrgeizigen Klimaschutzziele durch Vorgaben bei Fernsehgeräten, Staubsaugern, Wasch- und Spülmaschinen nicht zu erreichen sind und legt daher kräftig nach, schreibt die FAZ. Die Behörde will die Ökodesign-Richtlinie, die ihr die Festlegung von Mindestanforderungen für den Energie- oder Ressourcenverbrauch ermöglicht, umfangreich erweitern.

Waren bislang nur Produkte betroffen, die Energie verbrauchen, soll es laut neuem Entwurf die „breitestmögliche Anzahl von Waren“ sein. Auch Textilien könnten künftig davon betroffen sein.

Neben den verpflichtenden Mindeststandards für den Verbrauch von Energie und Ressourcen will die Behörde auch andere Nachhaltigkeitskriterien festlegen. Dazu gehören neben Haltbarkeit, Wiederverwertbarkeit oder dem Anteil an recycelten Materialien auch kritische Inhaltsstoffe wie etwa Chemikalien sowie der CO₂-Fußabdruck.

Enorme Macht für EU-Behörde

Damit erhielte die Europäische Kommission „enorme Macht“, meint die FAZ. Zwar könnten das Europaparlament und die Mitgliedstaaten der EU die Vorschläge überprüfen und ablehnen. Weil es sich wie bei den umstrittenen Vorschlägen zur Taxonomie um delegierte Rechtsakte handelt, wäre die Hürde dafür aber sehr hoch.

Die Behörde greift mit der Überarbeitung eine Forderung aller großen Fraktionen im EU-Parlament auf. Diese hatten die Erweiterung der Ökodesign-Standards damit begründet, dass etwa 80 Prozent der Auswirkungen von Produkten auf die Umwelt bei ihrem Design festgelegt würden. Mit der Regelung könne man der Wegwerfgesellschaft ein Ende bereiten.

Die EU-Parlamentarier setzen sich auch für die Einführung eines digitalen Produktpasses ein. Er soll Informationen zum ökologischen oder auch sozialen Fußabdruck von Produkten enthalten und ob oder wie etwas repariert werden kann. Den Produktpass können Verbraucher mittels QR-Code auslesen und dann den gesamten Zyklus eines Produkts ab der Herstellung nachvollziehen. 

„Der Entwurf ist vielversprechend und im Großen [und] Ganzen geeignet, den Rahmen für eine Transformation hin zu klima- und umweltfreundlichen Produkten zu bieten“, kommentiert Elke Salzmann, Referentin für Ressourcenschutz beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, den Vorstoß. „Der Teufel steckt natürlich wie immer im Detail, denn diese werden erst in den Verordnungen geregelt“, erläutert sie auf Anfrage der Epoch Times und fordert, dass das „deutlich schneller gehen muss als bisher“.

Die Verbraucher hätten sich eine stärkere Regulierung gewünscht und von der bisherigen Richtlinie profitiert, glaubt Elke Salzmann. Es bestehe die Chance, dass Verbraucher zukünftig länger haltbare und reparierfähige Produkte in den Regalen finden und sie einfacher „nachhaltige Kaufentscheidungen“ treffen können.

Großzügige Regelung für Amazon

Dass der mit der Einführung verbundene Produktpass die Zentralisierung und Kontrolle durch die Europäische Kommission vorantreibt, sieht Elke Salzmann weniger. „Der Produktpass ist ein notwendiges Instrument für den Transformationsprozess, es wird darauf ankommen, wie er ausgestaltet wird“, sagt sie. Das sei derzeit aber noch offen. Doch auch jetzt schon könnten Verbraucher über einen QR-Code auf Produktinformationen zugreifen, wenn diese bereits reguliert würden.

Großunternehmen wie Amazon, von denen man weiß, dass sie zurückgesendete Artikel wegwerfen, sollen lediglich darüber informieren, welche und wie viele Artikel sie entsorgen – eine großzügige Regelung. Die Verbraucherzentrale begrüßt die Transparenzpflicht, „denn wir wissen derzeit gar nicht, wie viele noch gebrauchsfähige Waren überhaupt vernichtet werden“, meint Elke Salzmann und fügt hinzu: „Allerdings hätte die Kommission hier auch bereits ein Verbot formulieren können.“

Nach Ansicht von Elke Salzmann ist die Richtlinie grundsätzlich dafür geeignet, dass mit Umwelt und Ressourcen schonender umgegangen wird. Die Frage danach beantwortet sie mit einem „klaren Ja“, weist aber noch mal darauf hin, dass die Richtlinie nur der Rahmen sei, der ausgefüllt werden müsse. 



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