Dunkelflaute und Preisschock auf dem Strommarkt: Netzagentur leitet Ermittlungen ein

Deutschland kämpft erneut mit den Folgen der Dunkelflaute: Am Freitagmorgen mussten rund ein Viertel des Strombedarfs durch teure Importe gedeckt werden. Während Preisspitzen die Industrie belasten, hagelt es Kritik von Nachbarländern und Experten. Die Bundesregierung sieht sich indes im Recht – doch die Probleme bleiben bestehen.
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Die Versorgungssicherheit sei „zu jeder Zeit gewährleistet“ gewesen, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck. Symbolbild.Foto: CreativeNature_nl/iStock
Von 14. Dezember 2024

Die sogenannte Dunkelflaute bleibt ein Thema in Deutschland. Am Freitag, 13.12., hat das Land erneut deutlich weniger Strom erzeugt, als die Endnutzer nachfragten. Zwischen 07:00 und 08:00 Uhr musste der Bedarf von knapp 64 Gigawattstunden zu knapp einem Viertel durch Importe aus dem Ausland gedeckt werden. In der darauffolgenden Stunde betrug der Verbrauch 65 Gigawattstunden, von denen 14 nicht aus eigenen Quellen geliefert werden konnten.

Die Preisspitzen auf dem Spotmarkt lagen am Freitagmorgen bei 253 Euro. Das waren deutlich weniger als am Donnerstag, als diese mehr als 900 Euro erreicht hatten. Dennoch hält sich das Preisniveau weiterhin deutlich über dem Vorjahresdurchschnitt von 95,18 Euro. Aus Frankreich mussten über den Tag verteilt zwischen 2,2 und 3,5 Gigawattstunden importiert werden, über drei Gigawattstunden kamen phasenweise aus der Schweiz.

Habeck-Ministerium: Versorgung war trotz Dunkelflaute jederzeit gewährleistet

Die Preisspitzen haben in einigen Unternehmen wie Feralpi Stahl in Sachsen zu einer Produktionsunterbrechung geführt. Zudem gab es scharfe Kritik aus Ländern wie Schweden und Norwegen, von denen Deutschland in Zeiten wie diesen Strom bezieht. Sie werfen der deutschen Politik vor, sich an Tagen der Dunkelflaute auf Importe aus dem Ausland zu verlassen – und damit auch dort zu hohen Strompreisen beizutragen.

Im Bundeswirtschaftsministerium ist man sich unterdessen keines Fehlverhaltens bewusst. Auf X äußerte das Ministerium von Robert Habeck, die Versorgungssicherheit sei „zu jeder Zeit gewährleistet“ gewesen. Man hätte zusätzlich bereitgestellte Reserven bei Bedarf aktivieren können.

Auch sei die über „Baltic Connector“ aus Schweden bezogenen Strommengen gering. Die hohen Preise vor Ort hätten hausgemachte, aber auch übergeordnete Ursachen – wie die Preise für Gas und CO₂-Emissionszertifikate. Schweden hatte auch vier Gebotszonen für seinen Strommarkt. Die südlichste, mit der Deutschland verbunden sei, weise nur wenige eigene Kraftwerkskapazitäten auf.

Deutschland liefere in Zeiten mit Windstromüberschüssen günstigen Strom nach Schweden – und nun nehme man das grenzüberschreitende System selbst in Anspruch:

„In Zeiten von wenig Wind importieren wir Strom aus Schweden, der dort aus Wasserkraft mit großen Speicherseen erzeugt wird. So funktioniert der Stromhandel.“

Spahn: „Ausbau ohne Sinn und Verstand“ muss ein Ende haben

Unterdessen kritisierte Unions-Fraktionsvize Jens Spahn „die teuerste, die komplizierteste, die verrückteste Strompolitik der Welt“, die es in Deutschland gebe. Gegenüber „Welt TV“ erklärte er, trotz Milliarden von Subventionen gebe es Phasen mit negativen Strompreisen und solche mit extrem hohen wie jüngst.

Es dürfe „keine Ausstiege mehr ohne Einstieg in gesicherte Leistung“ geben. Bei den Erneuerbaren müsse der „Ausbau ohne Sinn und Verstand“ enden. Derzeit beziehe man zu höheren Preisen Kernenergie aus Frankreich und anderen Ländern. Da sei es sinnvoller, zu überprüfen, welche eigenen Kraftwerke man wieder ans Netz bringen könnte“.

Auch die Wirtschaftsweise erklärte in demselben Format, ein Weiterlaufen der Kernkraftwerke hätte helfen können, Situationen wie die derzeitige zu verhindern. Je weniger es an ausreichenden Backup-Kapazitäten für solche Phasen gebe, umso häufiger würden Situationen wie die gegenwärtigen eintreten.

Wirtschaftsweise: Zonierung könnte Preisextremen in der Dunkelflaute entgegenwirken

Grimm plädierte für eine Zonierung nach Strompreiszonen. Dies würde auch die Anforderung von Strom aus Skandinavien auf Zeiten begrenzen, in denen man diesen tatsächlich auch leiten könne. Tatsächlich erwiesen sich die Handelssignale dort häufig als unverlässlich und der Strom könne gar nicht genutzt werden.

Strompreiszonen würden den Markt stabilisieren, ihn effizienter machen und Anreize für den Zubau von Kapazitäten zielgenauer setzen. Grimm riet auch dazu, statt der geplanten Verlegung von Erdkabeln zur Stromübertragung überirdische Lösungen zu wählen, die einfacher und günstiger wären:

„Das würde auch Milliarden sparen.“

Grimm resümierte, dass es nicht zielführend wäre, bestimmte Industriekapazitäten durch Subventionen abzusichern. Es führe kein Weg daran vorbei, die Energieversorgung in Deutschland strukturell deutlich günstiger zu machen.

Netzagentur leitet Ermittlungen ein – Backup-Gesetz scheitert an Ampel-Aus

Die Bundesnetzagentur hält es nicht für ausgeschlossen, dass es in den nächsten Wochen erneut zu Preisausschlägen wie am Donnerstag kommen werde. Sie prüfe derzeit auch den Verdacht auf „marktmissbräuchliches Verhalten“. Es stehe „die Frage im Raum, ob Kraftwerksbetreiber bewusst Leistung zurückgehalten haben – und damit verbotenerweise den Markt manipulieren“.

Ob sich dieses Narrativ einer vorsätzlich herbeigeführten Preisexplosion bestätigen lassen wird, bleibt offen. Es seien jedoch, so heißt es weiter aus der Bundesnetzagentur, „gesetzgeberische Maßnahmen für den Zubau steuerbarer Kapazitäten weiterhin dringend geboten“. Minister Robert Habeck wollte mit seinem Kraftwerksgesetz zumindest einen ersten Schritt in Richtung der Sicherung von Backup-Kapazitäten setzen. Dieses droht nun dem Ampel-Aus zum Opfer zu fallen.

Auf den Großteil der Endverbraucher haben die phasenweisen Preisspitzen an der Strombörse kaum Auswirkungen, da deren Versorger längerfristige Verträge hätten. Allerdings können Verbraucher mit Tarifen bei Billiganbietern und Unternehmen wie Feralpi Nachteilen haben, die Restbedarf kurzfristig beschaffen.

In Tübingen gab es am Freitag einen großflächigen Stromausfall. Dieser weckte Spekulationen über einen möglichen Zusammenhang mit der Dunkelflaute. Tatsächlich war jedoch ein Schaden an einem Stromkabel die Ursache.



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