Draghi: Wir werden aktuelle Inflationsraten nicht hinnehmen und Geldpolitik weiter lockern

Legt die EZB noch einmal nach? Trübe Konjunkturaussichten und schwache Inflation alarmieren die Währungshüter. Die Märkte sollten auf alles vorbereitet sein.
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EZB-Präsident Mario Draghi.Foto: Thomas Lohnes/Getty Images
Epoch Times18. Juni 2019

Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert auf eine Verschärfung ihres Anti-Krisen-Kurses zu.

Sollte sich der Wirtschaftsausblick nicht verbessern und die Inflation im Euroraum nicht anziehen, werde eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik erforderlich sein, sagte EZB-Präsident Mario Draghi bei der jährlichen Notenbankkonferenz der EZB im portugiesischen Sintra.

Draghi will alle Instrumente nutzen

„Wir werden alle Flexibilität innerhalb unseres Mandats nutzen, um unseren Auftrag zu erfüllen“, betonte Draghi. Schon bei der jüngsten Zinssitzung vor knapp zwei Wochen war im EZB-Rat über mögliche Maßnahmen diskutiert worden – etwa über eine Verschärfung des Strafzinses für Bankeinlagen. Zum EZB-Werkzeugkasten gehören auch Anleihenkäufe.

Draghi hatte wiederholt versichert, die Notenbank sei bereit, alle Instrumente zu nutzen, falls dies notwendig sei. „In den kommenden Wochen wird der EZB-Rat überlegen, wie unsere Instrumente entsprechend der Schwere des Risikos für die Preisstabilität angepasst werden können“, sagte Draghi in Sintra.

Die EZB strebt mittelfristig für den Euroraum eine Jahresteuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke.

Dauerhaft niedrige oder auf breiter Front sinkende Preise können Unternehmen und Verbraucher verleiten, Investitionen aufzuschieben. Das bremst die Wirtschaft.

Doch ihr Ziel stabiler Preise wird die EZB nach eigener Einschätzung absehbar verfehlen. Die Teuerung dürfte nach EZB-Prognose 2019 bei 1,3 Prozent liegen. Für 2020 erwartet die Notenbank eine Inflationsrate von 1,4 Prozent, 2021 dann 1,6 Prozent.

Im Mai lagen die Verbraucherpreise im Euroraum mit seinen 19 Ländern nach Eurostat-Angaben um 1,2 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Besserung ist nicht in Sicht

Draghi hatte nach der EZB-Sitzung Anfang Juni betont, die Notenbank werde die aktuellen Inflationsraten nicht auf Dauer hinnehmen.

Besserung ist nicht in Sicht: Zuletzt sind die Inflationserwartungen an den Finanzmärkten auf Rekordtiefstände gefallen. Was technisch klingt, ist für die Geldpolitik der EZB entscheidend: Notenbanken betreiben Geldpolitik in erster Linie über die Steuerung der Erwartungen von Unternehmen und Verbrauchern.

Wird der Notenbank nicht mehr zugetraut, ihre Ziele zu erreichen, kann das ihre Geldpolitik im Extremfall wirkungslos werden lassen.

„Wir sind weit entfernt von einer Normalisierung der Geldpolitik, weil die Welt weit entfernt von einer Normalisierung ist“, hatte Draghi vor zwei Wochen gesagt.

Neue Geldspritzen für Banken

Angesichts wachsender Risiken für die Konjunktur verschoben die Währungshüter eine erste Zinserhöhung bis mindestens Mitte 2020.

Der Leitzins im Euroraum verharrt vorerst auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken müssen weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

Mit neuen Geldspritzen für Banken versucht die EZB gegenzusteuern. Von September 2019 bis März 2021 stellt die EZB jeweils zweijährige Kredite zu besonders günstigen Konditionen zur Verfügung – im Fachjargon TLTRO genannt.

Der Zins dafür wird prinzipiell eng an den jeweils gültigen Leitzins gekoppelt. Ziel ist, die Kreditvergabe zu beflügeln und so Wirtschaftswachstum und Inflation anzuschieben.

An den Märkten sorgten Draghis Worte am Dienstag für erkennbare Ausschläge: Der Euro gab um einen halben Cent nach. An den europäischen Kapitalmärkten sanken die Renditen deutlich. In Deutschland fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf ein Rekordtief. Die Aktienmärkte reagierten zunächst positiv. (dpa)



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