DLR-Verkehrsforscher: Noch läuft die Logistikbranche – aber es kann bald zu Ausfällen kommen
In der Corona-Krise können derzeit alle Lieferketten für Lebensmittel aufrechterhalten und sogar 20 Prozent mehr Lebensmittel transportiert werden – die größte Herausforderung für die Logistikbranche besteht aktuell in der Verfügbarkeit von Fahrern und Lastwagen.
Dies geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Kurzbefragung durch Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) über die Auswirkungen des Virus auf die Logistikbranche hervor.
Wissenschaftler des DLR-Instituts für Verkehrsforschung gingen demnach der Frage nach, ob die politischen Maßnahmen und ökonomischen Auswirkungen in der Corona-Krise einen Einfluss auf die Transport- und Logistikprozesse haben.
„Positiv ist, dass derzeit alle Lieferketten aufrechterhalten werden können und dass kein Bereich identifiziert wurde, bei dem die Logistik einen echten Engpass darstellt“, erklärte der DLR-Wissenschaftler Gernot Liedtke.
Steigerung um 20 Prozent mehr Lebensmittel
Während sich in vielen Transportbereichen ein Rückgang des Transportaufkommens abzeichnet, stellten die Forscher im Lebensmittelbereich eine Steigerung um etwa 20 Prozent über dem normalen saisonalen Niveau fest.
Damit werden vor allem leere Regale in den Supermärkten wieder gefüllt. Zu diesem Zweck strukturieren sich die Lieferketten den Angaben zufolge um – bei bestimmten Produkten werden die Läden demnach beispielsweise direkt von den Produzenten und Großhändlern beliefert.
Die Umfrage brachte laut DLR auch positive Effekte in Krisenzeiten hervor: So zeigte sich insbesondere, dass die nationalen Logistiknetzwerke weiterhin stabil sind. Dienstleister im städtischen Lieferverkehr freuen sich darüber, dass es keine Staus mehr gibt, auch nicht in den Spitzenzeiten.
Auch das Miteinander zwischen Dienstleistern und Empfängern ist der Befragung zufolge einfacher geworden. So berichten demnach Logistik-Unternehmen, dass sich die Zusammenarbeit mit dem Handel besser gestaltet als vor der Krise.
Die Kunden würden flexibler und seien gesprächsbereiter. Verzögerte Anlieferungen würden auch am nächsten Tag noch angenommen. „So etwas war vor der Krise nicht denkbar“, erklärte das DLR.
Weniger Fahrer und Fahrzeuge wegen Quarantäne-Maßnahmen
„Dennoch ist der ‚Mensch‘ der kritische Faktor, von dem letztlich das System abhängt“, erläuterte Liedtke. So stelle die Verfügbarkeit von Fahrern und Lkw für die Logistiker flächendeckend eine große Herausforderung dar.
Fahrer und Fahrzeuge stünden dem deutschen Transportmarkt nach und nach weniger zur Verfügung, da sie aufgrund von Quarantänemaßnahmen nicht mehr aus Polen zurückkehren könnten.
„Es ist daher nicht auszuschließen, dass dies in wenigen Tagen oder Wochen zu Ausfällen in den Transport- und damit den Logistikketten führt“, betonte der Verkehrsforscher. Ein zusätzliches Problem liege in der nachlassenden Pünktlichkeit im Lieferverkehr. Gerade bei grenzüberschreitendem Verkehr verzögerten Kontrollen die Lieferzeit.
In der Kurier-, Express- und Pakete-Logistik verzeichnen die Forscher einen Bedarf an neuen Konzepten. So werde zum einen erwogen, zusätzliche Dienstleistungen für Apotheken, Gesundheitsämter, Krankenhäuser und andere Einrichtungen im Gesundheits- und Pflegewesen anzubieten.
Zum anderen sei eine Umstellung auf kontaktloses Zustellen erforderlich, damit die Unterschrift des Empfängers als Zustellungsbestätigung entfällt. Zu diesem Zweck werden dem DLR zufolge nun Konzepte zu „unbemannten“ Übergaben entwickelt und getestet.
Agrarökonom: Keine Sorgen um Lebensmittelversorgung wegen Einreisestopp für Helfer
Der wegen der Corona-Pandemie verhängte Einreisestopp für osteuropäische Erntehelfer und andere Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft dürfte laut Einschätzung eines Experten die Versorgung mit Lebensmitteln nicht gefährden.
„Die Grundversorgung mit Lebensmitteln ist auch ohne Saisonarbeitskräfte weitgehend gesichert“, sagte Sebastian Lakner, Professor für Agrarökonomie an der Universität Rostock, der Tageszeitung „taz“ vom Donnerstag. Rund 55 Prozent der Kulturen auf Ackerflächen in Deutschland seien bereits im Herbst ausgesät worden.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärte gegenüber dem Blatt: „Grundnahrungsmittel wie Getreide und Kartoffeln werden vor allem maschinell geerntet. Der Selbstversorgungsgrad in Deutschland liege hier bei über 100 Prozent, genauso wie etwa bei Schweinefleisch, Käse und weiteren wichtigen Erzeugnissen.
Engpässe könnte es Agrarökonom Lakner zufolge vor allem bei der Spargel- und danach bei der Erdbeerente sowie im Gemüse- und Obstanbau geben. Da die Produktion auch in Südeuropa wegen Corona erschwert ist, könnten die Importe etwa aus Spanien beispielsweise sinken. (afp/nh)
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