DIHK: Lieferkettengesetz schwebt wie „Damoklesschwert über der deutschen Wirtschaft“

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat das geplante Lieferkettengesetz scharf kritisiert: Eine Mithaftung deutscher Firmen für Menschenrechtsverstöße, "die irgendwo in ihren Lieferketten passieren", sei nicht zumutbar. Beim Einzelhandel stoßen die Pläne der Bundesregierung ebenfalls auf Widerstand.
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Pakete auf einem Laufband. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times15. Juli 2020

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat das geplante Lieferkettengesetz zum Schutz der Menschenrechte und Umwelt in der Warenproduktion scharf kritisiert.

Es sei „nicht verantwortbar“, dass deutsche Unternehmen für mögliche Verstöße, „die irgendwo in ihren Lieferketten passieren“, in Mithaftung genommen werden sollten, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwochsausgabe). Das Gesetz hätte Rechtsunsicherheit bei vielen Betrieben zur Folge, warnte er.

„Diese Risiken würden für die nächsten Jahre wie ein Damoklesschwert über der deutschen Wirtschaft schweben“, sagte Dercks. Aufgrund der internationalen Ausrichtung der hiesigen Wirtschaft träfe das Gesetz „die Breite der Unternehmenslandschaft“ und damit auch kleine Firmen.

Im Extremfall drohe, dass deutsche Betriebe sich aus manchen Ländern zurückzögen, sollten sie die Rechtsrisiken als zu groß einschätzen.

Widerstand beim Einzelhandel

Beim Einzelhandel stoßen die Pläne der Bundesregierung ebenfalls auf Widerstand. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth, sagte der dpa: „Ein nationales Lieferkettengesetz würde die Textilhändler in Deutschland im internationalen Wettbewerb massiv benachteiligen.“

Die Unternehmen dürften nicht als „Ersatzpolizei“ für die Einhaltung von Recht und Gesetz in den Produktionsländern herhalten. „Wenn der Staat die Verantwortung ausschließlich bei den Unternehmen ablädt, ist das keine konstruktive Lösung.“

Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie, Uwe Mazura, kritisierte, die Minister planten ein „wettbewerbsverzerrendes, mittelstandsfeindliches Gesetz“. Deutsche Unternehmen würden belastet, ohne die Problemursachen zu lösen.

Müller will Lieferkettengesetz auf den Weg bringen

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatten am Dienstag angekündigt, das Lieferkettengesetz auf den Weg bringen zu wollen.

Sie begründeten dies mit mangelhaftem Engagement deutscher Unternehmen für Sozial- und Umweltstandards in den Lieferländern. Es habe sich gezeigt, „dass Freiwilligkeit nicht ausreicht“, sagte Heil.

Laut den Ministerien gaben nur 455 von etwa 2250 im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) befragten Unternehmen umfassend Auskunft darüber, inwiefern sie soziale und ökologische Mindeststandards in ihren globalen Lieferketten sicherstellen.

Grüne begrüßen das Vorhaben

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte das Gesetzesvorhaben einen „Hoffnungsschimmer“. Besonders in der Textilindustrie gebe es wegen fehlender Regeln gravierende Probleme.

„Sowohl die Näherinnen in Asien als auch die Verbraucher, die sich hierzulande ein T-Shirt aus dem Ladenregal nehmen, haben ein Recht darauf, dass daran weder Blut klebt noch dafür Flüsse und Grundwasser vergiftet worden sind“, sagte Göring-Eckardt der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Der Vorschlag von Heil und Müller dürfe nun kein „Papiertiger“ werden, sondern müsse „echten Wandel bringen und den weltweiten Handel fairer machen“ forderte die Grünen-Politikerin. Deutschland habe als starke Wirtschaftsmacht dafür die besten Möglichkeiten. (afp/dpa/nh)



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