Diesel-Affäre: Ex-VW-Manager scheitert mit Klage

Nach der Aufdeckung des Dieselskandals feuert Volkswagen einen früheren Entwicklungschef. Zurecht, meint ein Arbeitsgericht - und weist die Klage des Managers gegen seine Kündigung ab. Es geht vor allem um eine verschwundene Festplatte.
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Laut VW trägt der Ex-Manager des Unternehmens «eine erhebliche Mitverantwortung an der Dieselkrise».Foto: Sina Schuldt/dpa/dpa
Epoch Times25. November 2019

Die Daten sind für eine Aufklärung des Dieselskandals wohl für immer verloren: Für die Vernichtung einer Festplatte ist der frühere Entwicklungschef bei Volkswagen, Heinz-Jakob Neußer, aus Sicht des Arbeitsgerichts Braunschweig zurecht gefeuert worden.

Nach Auffassung des Richters verschwand der Datenträger im Zusammenhang mit der drohenden Aufdeckung der Dieselaffäre. Er wies die Kündigungsschutzklage des Ex-Markenvorstands ab.

Das Gericht gehe davon aus, dass sich die Kündigung auf einen dringenden Verdacht der Datenvernichtung stütze und damit gerechtfertigt sei, hieß es in der Urteilsbegründung.

Volkswagen hatte noch zwei weitere Kündigungen wegen unbefugter Nutzung von Dienstwagen und der Anklage durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig ausgesprochen. Für das Arbeitsgericht ist aber bereits die erste fristlose Kündigung vom August 2018 wirksam.

Firmeninterne Warnzeichen ignoriert oder vertuscht?

Bereits kurz nach dem Bekanntwerden der Diesel-Manipulationen und dem Rücktritt des damaligen Vorstandschefs Martin Winterkorn hatte es Darstellungen aus Konzernkreisen gegeben, wonach Neußer möglicherweise mehr über illegale Abschalteinrichtungen gewusst haben könnte, als er einräumte. Demnach soll er schon im Frühjahr 2014 von Kollegen aus den USA Hinweise auf mögliche Verstöße gegen US-Emissionsregeln erhalten haben.

Einige Medienberichte datierten den Zeitpunkt einer angeblichen ersten Warnung durch Motortechniker des Unternehmens schon auf das Jahr 2011. Neußer soll den Verdacht eines „defeat device“ demzufolge aber nicht an den Vorstand weitergeleitet haben. VW wies mehrfach zurück, dass es im Markenvorstand vor dem Sommer 2015 konkrete Kenntnisse über Probleme mit Abgaswerten von Dieselautos gegeben haben könnte.

Bei einem „Schadenstisch“, an dem Ende Juli 2015 neben Winterkorn der neue VW-Marken- und heutige Konzernchef Herbert Diess teilnahm, informierte Neußer die Runde dann über die Lage in den USA, wie in einem „statement of facts“ der US-Behörden nachzulesen war. Zusammen mit fünf früheren und aktuellen VW-Managern wurde Neußer in den USA auch strafrechtlich angeklagt.

Auch im aktuellen Prozess sagte Neußer, er habe erst im Juli 2015 von der Abgassoftware Kenntnis erlangt und unmittelbar für eine vollständige Offenlegung der Problematik gegenüber den ermittelnden US-Behörden plädiert. In einer Verhandlung Anfang November räumte Neußer ein, die Vernichtung einer leeren Festplatte veranlasst zu haben. Das passierte ihm zufolge aber, bevor er zur Aufbewahrung von Daten verpflichtet wurde. Ob und – wenn ja – was für Daten auf der Festplatte waren, will er nicht kontrolliert haben.

Das überzeugte Arbeitsrichter Ingo Hoppe nicht. Neußer habe keine Begründung dafür liefern können, weshalb er gerade zu diesem Zeitpunkt die Vernichtung veranlasst habe und wieso die Festplatte unbedeutend gewesen sein soll. Gegen das Urteil ist noch eine Berufung möglich. Für eine Stellungnahme war Neußers Anwalt zunächst nicht zu erreichen.

Volkswagen wertet das Urteil als Erfolg. „Wir sehen uns hierdurch darin bestätigt, dass wir bei einem Fehlverhalten ohne Rücksicht auf Hierarchien die erforderlichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen“, kommentierte ein Konzernsprecher die Entscheidung.

Mitverantwortung an der Dieselkrise

VW hatte in dem Verfahren betont, dass Neußer aus Konzernsicht „eine erhebliche Mitverantwortung an der Dieselkrise“ trägt. Im Unternehmen herrsche die Überzeugung, dass er bereits im Jahr 2011, spätestens aber Mitte des Jahres 2012 Kenntnis von der sogenannten Umschaltlogik hatte. Er habe aber nichts unternommen, sondern später sogar deren Weiterentwicklung um die sogenannte Lenkwinkelerkennung genehmigt.

Der Richter wiesen am Montag aber auch die Widerklage von VW ab, mit der der Konzern die Feststellung erreichen wollte, dass Neußer schadenersatzpflichtig ist. Der Manager wechselte im Oktober 2011 zu VW. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, dass er bereits zu diesem frühen Zeitpunkt Kenntnis von der unerlaubten Abgassoftware hatte und für deren Verwendung die sofortige Verantwortung trägt.

Mindestens fünf weitere hochrangige VW-Mitarbeiter sind gegen ihre Entlassung vorgegangen. Drei der Fälle sollen in den kommenden Wochen am Braunschweiger Arbeitsgericht verhandelt werden. (dpa)



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