Die Verlierer der Teuerung: Preisbewusste Verbraucher bekommen „Cheapflation“ zu spüren
Aufgrund der massiven Teuerung der vergangenen Jahre, die vor allem Güter des täglichen Bedarfs betraf, haben viele Bürger ihr Einkaufsverhalten angepasst. Neben dem Verzicht auf den Erwerb mancher Artikel, zu denen sie vor der Inflation gegriffen hatten, war auch häufig ein Umstieg von Markenprodukten auf günstigere Eigenmarken der Handelsketten zu beobachten.
Verbraucher, die sich zuvor Markenprodukte leisten konnten, konnten durch diesen Wechsel ihre finanzielle Belastung verringern. Allerdings zeigen jüngste Studien, dass die dadurch bewirkte Ersparnis deutlich geringer als vor der Inflation war – dies hat mit einem Phänomen zu tun, das Forscher als „Cheapflation“ bezeichnen. Konsumenten, die bereits zuvor vorrangig zu den Eigenmarken gegriffen hatten, bekamen die Teuerung wiederum besonders massiv zu spüren.
Cheapflation besonders stark bei Orangensaft
Wie das Vergleichsportal „Smhaggle“ errechnet hat, waren die Eigenmarken vor Beginn des Ukraine-Krieges im Schnitt noch 46 Prozent günstiger als Markenprodukte. Mittlerweile hat dieser Unterschied sich auf 38 Prozent reduziert. Gestiegen sind die Preise in beiden Segmenten – allerdings bei den Billigangeboten seit Anfang 2022 um 24,9 Prozent. Die bereits zuvor teureren Markenprodukte haben im Schnitt um 14,5 Prozent im Preis zugelegt.
Am massivsten war der Effekt der Cheapflation bei Produkten wie Orangensaft zu bemerken. Bereits die Markenprodukte legten dabei massiv im Preis zu. Sie wurden im Schnitt um 62 Prozent teurer. Die Eigenmarken der Handelsketten legten demgegenüber um 169 Prozent.
Zwischen Januar 2020 und Mai 2024 sind einer Studie der Harvard Universität und der Bank of Canada zufolge die Preise für günstige Lebensmittelmarken sogar um 29 Prozent gestiegen. Der deutliche Preisanstieg im Billigsegment verringert vor allem für preisbewusste Haushalte die Möglichkeit, durch den Wechsel zu günstigeren Alternativen Geld zu sparen.
Preise für Grundnahrungsmittel besonders stark gestiegen
Der Effekt der Cheapflation wird nicht vollständig erfasst, was dazu führen kann, dass die tatsächliche Inflationsbelastung unterschätzt wird. Dazu kommt, dass Grundnahrungsmittel besonders stark von der Inflation betroffen waren.
Deutlich zweistellige Teuerungsraten waren in den vergangenen Jahren nicht nur beim Orangensaft zu verzeichnen. Im Vergleich zu Juli 2020 betragen die Mehrkosten für Olivenöl durchschnittlich 113 Prozent. Zucker ist um 83 Prozent teurer geworden, Kekse um 77 Prozent, Quark um 73, Ketchup um 65 und Gemüsekonserven um 65 Prozent.
Händler wollten Cheapflation für sich nutzen
Der Effekt der Cheapflation zieht sich jedoch auch durch andere Produktgruppen – von Schokolade über Kaffee bis hin zu Fertigpizzen. Grund für die Entwicklung ist wiederum die innere Logik der Handelsmarke. Der Erlös bei Handelsmarken ist gering, der Nutzen für die Hersteller liegt in erster Linie in der Masse.
Während in die Preisbildung von Markenprodukten Faktoren wie Werbung, Entwicklungskosten oder ein gewisses Sozialprestige einfließen, geht es bei der Handelsmarke allein um die optimale Kostenkalkulation. Wenn die realen Kosten für Energie, Transport, Personal und Rohstoffe jedoch steigen, wird die ohnehin geringe Gewinnmarge noch kleiner.
In jenen Monaten mit besonders stark ausgeprägter Inflation haben die Händler auch teilweise Markenartikel ausgelistet, als diese Preise erhöhen wollten. Dies geschah häufig vor dem Hintergrund, dass die Nachfrage bei Eigenmarken deutlich anstieg und diese damit die Position der Supermarktketten in den Verhandlungen festigten.
Es ging so weit, dass der Handel bereit war, den meist mittelständischen Herstellern der Eigenmarken preisliche Zugeständnisse zu machen. Diese gehören zu den Gewinnern der Inflation.
Eigenmarken qualitativ regelmäßig einwandfrei
Wie die Marktforscher von NielsenIQ herausfanden, stieg in den ersten zwei Dritteln des Vorjahres der Umsatz von Handelsmarken um mehr als 16 Prozent. Das Absatzplus im gleichen Zeitraum belief sich lediglich auf 0,7 Prozent. Der Anteil der Eigenmarken am Gesamtumsatz sei von elf Prozent im Jahr 2022 auf mittlerweile 15 Prozent angestiegen.
Allerdings sind die Vorlaufzeiten, bis eine Handelsmarke im Regal landet, länger als bei Markenartikeln. Die Hersteller der Markenprodukte verhandeln mit den Händlern nur über Konditionen für den Verkauf eines fertigen Produkts. Beim Günstigprodukt vereinbaren Produzenten und Handel auch die Spezifikationen – von den Geschmacksrichtungen bis zur Verpackung.
Die Qualitätsstandards bei Eigenmarken sind hoch. Die Händler, unter deren Namen das Produkt verkauft wird, haben höchstes Interesse daran, dass dieses keinen Grund zur Beanstandung gibt. Andernfalls fielen Unwägbarkeiten auf sie selbst zurück.
Entsprechend streng sind die Kontrollen. Gegenüber dem Hersteller – häufig sind es Mittelständler – ist die Verhandlungsposition des Händlers stark. In vielen Fällen verlagern Markenartikelhersteller ihre Produktion ins Eigenmarkensegment, wenn sie durch günstigere Markenkonkurrenz unter Druck geraten.
Markentreue durch Teuerung erschüttert
In Summe bleibt das Geschäft mit der Eigenmarke jedoch hart. Die Ausgaben für den durchschnittlichen Einkauf stiegen Erhebungen zufolge weniger stark als die Teuerung. Der Grund dafür jedoch war, dass die Bürger Konsumverzicht übten.
Um der Cheapflation entgegenzuwirken, helfen Konsumenten vor allem Strategien wie intensivere Preisvergleiche, der Kauf von Großpackungen oder die Nutzung von Rabattaktionen. Einer der Verlierer der Inflation in Deutschland ist jedenfalls die Markentreue.
Laut dem „Handelsmarkenmonitor 2024“ schwenkten 59 Prozent der Befragten von Markenprodukten auf vermehrten Kauf von Handelsmarken um. Einer Studie von Publicis Sapient zufolge gaben 22 Prozent der deutschen Verbraucher an, dass ihre Markentreue im vergangenen Jahr gelitten habe. Ein wesentlicher Grund dafür waren die hohen Preise.
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