Die nächsten Traditionsbetriebe geben auf – Insolvenzangst greift auf Start-ups über

Seit 1923 produzierte Trafo-Hersteller TRAMAG, seit 1940 Möbelhersteller hülsta. 2024 ist für beide Endstation – sie mussten Insolvenz anmelden. Aber auch unter Start-ups ist Krisenstimmung angesagt. Profitable Unternehmen wie BASF zieht es währenddessen zunehmend ins Ausland.
Fertigung von Solarmodulen im Werk der Solarwatt GmbH in Dresden.
Fertigung von Solarmodulen im Werk der Solarwatt GmbH in Dresden.Foto: Robert Michael/dpa
Von 30. Mai 2024

Erst vor wenigen Tagen hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer ihre Frühsommerumfrage vorgelegt. Diese unterstreicht, dass schwache Binnenkonjunktur und hartnäckige strukturelle Mängel den Standort Deutschland weiter unter Druck setzen. Mehrere Nachrichten aus jüngerer Zeit illustrieren die Konsequenzen dieser Situation im Alltag: Die Zahl der Insolvenzen ist weiter im Steigen begriffen. Unternehmen, die profitabel arbeiten, sichern ihre Gewinne zunehmend durch Abwanderung aus Deutschland ab. Die Flaute trifft Traditionsunternehmen ebenso wie Start-ups.

„Produktion am hiesigen Standort nicht profitabel“

Im mittelfränkischen Fürth hatte bereits am 3. Januar 2024 der Transformatoren-Hersteller TRAMAG Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte das Unternehmen seit 1923 erst für die Spielzeugindustrie, später aber auch für Industrie und Medizintechnik gearbeitet.

Immerhin, so schreibt der „Münchner Merkur“, hatten sich Anfang Mai Investoren gefunden. Das zur Phoenix Mecano Gruppe gehörige Unternehmen Redur hat sich dem „Münchner Merkur“ zufolge mit Insolvenzverwalter Patrick Meyerle auf einen Erwerb geeinigt.

Für die Mitarbeiter bedeutet dies dennoch keine gute Nachricht. In Fürth, so heißt es, sei es „aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, da die Produktion am hiesigen Standort nicht profitabel ist“. Konsequenz: Die neuen Eigentümer verlagern diese sukzessive zu einem Tochterunternehmen nach Tschechien.

Möbelwerke hülsta werfen nach mehreren Insolvenzen in Folge das Handtuch

Nicht ganz so lange wie TRAMAG, aber immerhin seit 1940 existierten die Möbelwerke von hülsta im münsterländischen Stadtlohn. Nun wird, wie lokale Medien berichten, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 1. Juni der Betrieb eingestellt. In den vergangenen Jahren hatte es mehrere Sanierungsbemühungen gegeben, um das Unternehmen mit seinen 280 Mitarbeitern zu retten.

Bereits 2022 und 2023 hatte hülsta Insolvenzverfahren hinter sich. Jedes Mal fand sich ein Investor für einen Einstieg. Erst im November hatte das Amtsgericht den im Juli von den Gläubigern akzeptierten Insolvenzplan von Insolvenzverwalter Dr. Christoph Morgen gebilligt. Nun jedoch hätten Umsatzrückgänge und eine schwierige Marktsituation auch die Nachfolgegesellschaften ins Aus manövriert.

Angst vor Insolvenzen erreicht Start-up-Branche

Nicht nur Traditionsunternehmen, auch Start-ups stehen der Konjunkturflaute zunehmend ratlos gegenüber. Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 172 Newcomern aus der Tech-Branche zufolge fürchtet mehr als jeder Zehnte davon ein Aus innerhalb der nächsten 12 Monate.

Der Anteil jener Start-ups, die über erheblich verschlechterte Bedingungen in Deutschland klagen, ist seit dem Vorjahr von 30 auf knapp die Hälfte angestiegen. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst zufolge, der sich gegenüber der ARD äußerte, sei dies besonders alarmierend, denn:

„Gründerinnen und Gründer sind von Natur aus zuversichtlich, das zeigt sich insbesondere beim Blick auf das eigene Unternehmen.“

Es habe vonseiten der Bundesregierung bereits Bemühungen gegeben, die Bedingungen für Start-ups zu verbessern. Dazu gehöre unter anderem eine erleichterte Finanzierung durch den Wachstumsfonds. Allerdings sei angesichts der eingetrübten Konjunktur ein Ausbau der Programme nötig.

Wintergerst nennt in diesem Kontext die sogenannten KI-Voucher, die von der Ampel angekündigt worden waren. Dabei soll es um die Möglichkeit eines Zuschusses für ein KI-Projekt gehen, solange der Auftrag dazu an ein deutsches Unternehmen gerichtet sei.

Solarwatt: Noch offene Standortentscheidung fiel gegen Deutschland aus

Auch in Dresden herrscht derzeit Unmut. Bei Solarwatt soll nicht nur – wie bereits zuvor angekündigt war – Ende Juni die Produktion von Solarmodulen enden. Gegenüber der „Sächsischen Zeitung“ hieß es jüngst aus dem Management, dass zum Jahresende auch die eigene Herstellung von Akkus für Solarstrom ausläuft. Diese Frage war zuvor noch offen geblieben.

Allerdings bestehe noch Hoffnung auf eine neue Generation von Stromspeichern auf dem Markt, die dann in Dresden produziert werden könne. Ein Teil der 750 Mitarbeiter sei in Vertrieb und anderen Bereichen tätig, in denen Arbeitsplätze erhalten bleiben könnten. Vom Ende der Produktion seien jedoch etwa 190 Beschäftigte betroffen.

Erst in der Vorwoche hatte der Ludwigshafener Chemiekonzern verkündet, eine Reihe von Produktionsanlagen in Deutschland stillzulegen. Stattdessen will man zehn Milliarden Euro in ein neues Werk in China investieren. BASF schreibt global Gewinne. Der Vorstand betonte jedoch, die hohen Energiepreise und die überbordende Bürokratie in Deutschland machten die hiesigen Standorte unrentabel.

Der Frühsommerumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zufolge spielen 37 Prozent der Mittelständler mit dem Gedanken, lieber in neue ausländische Standorte zu investieren als bestehende in Deutschland auszubauen. Auch in der Industrie ist die Stimmung weiter am Boden. Drei Viertel der energieintensiv produzierenden Unternehmen sehen in den hiesigen Preisen für Energie und Rohstoffe ein Geschäftsrisiko.



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