Vom Verbrenner zur E-Mobilität: Die Automobilkrise ist kein deutsches Phänomen
Die beiden japanischen Autobauer Honda und Nissan wollen angesichts des global harten Wettbewerbs bei Elektrofahrzeugen Medienberichten zufolge über eine mögliche Fusion sprechen. Wie die japanische Wirtschaftszeitung „Nikkei“ unter Berufung auf informierte Kreise berichtete, erwägen die Hersteller zu diesem Zweck die Gründung einer Holdinggesellschaft, in die sich auch Mitsubishi Motors einbringen möchte. Die beiden Konzerne teilten lediglich mit, man ziehe verschiedene Möglichkeiten für eine zukünftige Zusammenarbeit in Betracht, es seien aber noch keine Entscheidungen getroffen worden.
Kräfte gegen Tesla und China bündeln
Nissan und Honda hatten im März angekündigt, bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen und Softwaretechnologien zusammenzuarbeiten, um die Kosten zu senken und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Japanische Automobilhersteller sind in diesen Bereichen global ins Hintertreffen geraten. Mitsubishi Motors schloss sich den Gesprächen im August an.
Die japanischen Autobauer wollten ihre Ressourcen bündeln, um in einer sich rasch wandelnden Automobilbranche besser gegen Tesla und chinesische Elektrofahrzeugbauer konkurrieren zu können, heißt es in dem Bericht.
Japan hat mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie deutsche, europäische und amerikanische Autohersteller – sie alle haben nicht genug auf die Entwicklungen in China reagiert, dem weltweit größten Absatzmarkt für Autos.
E-Autos in China auf dem Vormarsch
Noch vor etwa 30 Jahren war China keine relevante Größe für Autohersteller. Das ist inzwischen vollkommen anders geworden. Im Jahr 2023 wurden laut „Statista“ über 30 Millionen Autos in China abgesetzt. So einen hohen Absatz hat sonst kein anderes Land auf der Welt. Allein zwischen 2022 und 2023 gab es bei der Entwicklung des Autoabsatzes in China ein Plus von gut zwölf Prozent.
Auf Chinas Straßen fahren aber immer mehr Autos mit Elektroantrieb. Laut einer im Juli vom Stuttgarter Forschungsinstitut ZSW veröffentlichten Analyse waren Ende 2023 weltweit knapp 42 Millionen Elektroautos unterwegs. Mehr als die Hälfte dieser Autos sind in China zugelassen, die USA belegen mit 4,8 Millionen E-Autos den zweiten Platz. Auf den dritten Platz kommt Deutschland mit knapp über einer Million elektrischen Fahrzeugen.
Immer mehr Chinesen setzen auf Elektroautos. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres werden die neuen Verhältnisse deutlich: Wie das „Handelsblatt“ Mitte August schrieb, ist der Absatz von Verbrennern in China in den ersten sechs Monaten um zwölf Prozent eingebrochen, während die Verkäufe von elektrischen und teilelektrischen Fabrikaten um 38 Prozent zugelegt hat.
Wurden 2020 noch 94 Prozent aller Neuwagen in China mit Benzin oder Diesel angetrieben, waren es im ersten Halbjahr 2024 nur noch 59 Prozent. Das belegen Zulassungszahlen des Automotive-Datenspezialisten Marklines.
Im Juli wurden laut dem chinesischen Autoverband CPCA sogar erstmals mehr E-Autos und Plug-in-Hybride ausgeliefert als reine Diesel und Benziner. In Chinas Metropolen gelten für Letztere schon längere Zeit Beschränkungen. In Peking werden Verbrenner-Zulassungen nur noch per Losverfahren vergeben – was manchem am Ende die Entscheidung zwischen E-Auto und Verbrenner abnimmt.
Dieser Elektro-Boom auf dem chinesischen Markt ist für europäische und japanische Autohersteller ein Problem.
Nicht schnell genug auf Marktveränderungen reagiert
Im August sagte Branchenexperten Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management gegenüber der „Tagesschau“, dass die deutschen Autohersteller nicht schnell genug auf die Entwicklungen in China reagiert hätten. „Wichtigste Einflussfaktoren der Absatzschwäche deutscher Hersteller sind sicherlich ein Unterschätzen der Elektrodynamik im chinesischen Markt, und zum Zweiten hat man nicht gedacht, dass die chinesischen Autobauer so schnell so gute und innovative Produkte an den Markt bringen“, sagte Bratzel.
Die Zahlen belegen das Dilemma: Die deutschen Autohersteller kamen im vergangenen Jahr laut Marklines nur noch auf 21 Prozent Marktanteil. Legt man die Zahlen des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zugrunde, dann sank der Anteil deutscher Automarken in China im ersten Halbjahr 2024 noch einmal auf 20,3 Prozent. Im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres betrug der Anteil noch 22,4 Prozent.
Die deutschen Absatzzahlen auf dem chinesischen Markt sind keine Ausnahme. Auch der Marktanteil japanischer Automarken in China nimmt laut „Statista“ kontinuierlich ab. Lag der Anteil im Jahr 2021 noch bei 22,6 Prozent, sank er bis 2023 auf 21,6 Prozent. Im Juni hatten die japanischen Autohersteller nur noch einen Anteil von 17,8 Prozent in China.
Auf dem Weg zum drittgrößten Autokonzern
Würden die japanischen Autohersteller Honda und Nissan Motors durch die Gründung einer Holding zu einem Unternehmen zusammengefasst werden und würde auch noch der Nissan-Partner Mitsubishi Motors zum Bündnis hinzustoßen, entstünde eine Allianz mit globaler Auswirkung.
Mit einer jährlichen Produktion von über acht Millionen Fahrzeugen würde die neue Holding auf den dritten Platz der globalen Rangliste der Autohersteller aufsteigen – hinter Toyota und Volkswagen, aber vor der südkoreanischen Hyundai-Motor-Gruppe. Beide Unternehmen zeichnen sich zudem durch technologische Spitzenleistungen aus: Honda ist nach Toyota der zweitgrößte Anbieter von Hybridfahrzeugen und beide Hersteller sind führend in der Entwicklung von Batterietechnologien.
Bisher waren alle japanischen Allianzstrategien gescheitert. Vor einigen Jahren gingen Honda und der US-Gigant General Motors (GM) eine Kooperation ein, die im Jahr 2020 noch einmal vertieft wurde. Gemeinsam mit Honda sollten damals zwei Elektroautos entwickelt werden, die auf der Plattform von GM gebaut werden und GMs modulares „Ultium“-Batteriesystem nutzen sollten, schrieb damals unter anderem das „Handelsblatt“.
In der vergangenen Woche kündigten beide Konzerne nun ihre Zusammenarbeit bei Elektroautos auf. Honda muss sich jetzt nach einer neuen Elektrifizierungsstrategie auf dem US-Markt umschauen.
Weiter gab GM bekannt, sein Robotaxi-Start-up Cruise, an dem auch Honda beteiligt ist, aufzulösen. Für Honda bedeutet das einen weiteren Rückschlag: Noch im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen Pläne, selbstfahrende Autos in Japan zu testen. Doch mit einem Jahresabsatz von lediglich knapp vier Millionen Fahrzeugen ist Honda schlicht zu klein, um den Wettlauf um diese Technologie eigenständig zu bewältigen.
Die Situation bei Nissan ist noch bedrohlicher: 25 Jahre nach der Rettung durch den französischen Autobauer Renault steht das Unternehmen erneut vor großen Herausforderungen. Sinkende Verkaufszahlen, eine schwache Markenpositionierung und eine verfehlte Produktstrategie haben Nissan in eine tiefe Krise gestürzt.
Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres, das im September endete, fiel die Gewinnmarge drastisch von 5,6 Prozent im Vorjahr auf nur noch 0,5 Prozent. Anders als damals ist dieses Mal keine Unterstützung von Renault zu erwarten. Die einstigen Partner kooperieren nur noch punktuell und Renault sucht bereits aktiv nach Käufern für seine Anteile an Nissan. Das meldete Ende November das Portal „Business Insider“ und berief sich auf die „Financial Times“.
Die Traditionsmarken haben weltweit die große Herausforderung, neben ihren Verbrennermodellen auch Plattformen für Elektroautos zu entwickeln. Erschwerend kommt hinzu, dass ihnen der chinesische Schlüsselmarkt wegbricht.
Dominanz deutscher Hersteller gebrochen
In China entscheiden sich die Autofahrer immer öfter für die immer stärker werdenden lokalen Marken. Ein Beispiel dafür ist der chinesische Autohersteller BYD.
Die jahrzehntelange Dominanz deutscher Hersteller in China basierte vorwiegend auf Modellen mit Verbrennungsmotor. Deutsche Elektroautos scheinen aber nicht gut bei den chinesischen Verbrauchern anzukommen. Sie sind im Vergleich zu den chinesischen Modellen zu teuer, zu wenig digital vernetzt oder können bei vielen Daten nicht mit der chinesischen Konkurrenz mithalten.
So verliert der Volkswagenkonzern, der viele Jahre Marktführer auf dem chinesischen Markt war, in China immer mehr den Anschluss an den heimischen Autohersteller BYD. Das zeigen Zahlen des Datendienstleisters Marklines auf Grundlage aktueller Versicherungsdaten aus China, über die Ende Oktober das „Handelsblatt“ berichtete.
Die VW-Gruppe lieferte in China lediglich etwa 2,1 Millionen Fahrzeuge aus und verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Rückgang von zehn Prozent. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Zulassungen von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren bei Volkswagen stärker zurückgehen, als die Verkaufszahlen von Elektroautos und Plug-in-Hybriden zulegen können.
Der VW-Konzern konnte in China in den ersten drei Quartalen zwar etwa 30.000 E-Fahrzeuge mehr verkaufen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gleichzeitig ging der Absatz von Benzin- und Dieselfahrzeugen aller Konzernmarken in Fernost jedoch um rund 260.000 Fahrzeuge zurück – das entspricht in etwa der Jahresproduktion des VW-Werks in Zwickau.
Ob den Traditionsmarken der Anschluss gelingt, wird sich in den kommenden zwei Jahren zeigen. Zumindest VW, BMW und Mercedes haben für 2025 und 2026 ihre neuen Generationen smarter E-Autos angekündigt.
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