Deutschlands wirtschaftlicher Niedergang bereitet Sorge: US-Medien befürchten „Point of no return“

Einen schleichenden Niedergang bescheinigen führende US-Medien Deutschland angesichts des Scheiterns der Ampel. Hoffnung auf eine Trendwende machen ihnen auch die vorgezogenen Wahlen nicht. Das Land sei tief gespalten und einem toxischen Cocktail aus Vorsicht und Ressentiment ausgesetzt.
Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft (Symbolbild)
Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft. (Symbolbild)Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Von 19. Dezember 2024

Die Vertrauensfrage, durch die Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag, 16.12., den Weg zur Neuwahl des Bundestages freigemacht hat, ist auch in den USA nicht unbemerkt geblieben. Die führenden Medien des Landes haben dies zum Anlass für eine umfassende Bestandsaufnahme gemacht. Ihre Prognosen mit Blick auf den weiteren Weg, den Deutschland nehmen wird, sind wenig optimistisch. Eine weitere Sorge, die anklingt: Die deutsche Krise könnte eine noch gravierendere gesamteuropäische nach sich ziehen.

Nicht mehr das Deutschland, das man kannte

Namhafte Formate weisen darauf hin, dass die Wirtschaft in den USA zwar gestärkt aus den Krisen der vergangenen Jahre hervorgegangen sei – trotz Pandemie und Inflation immerhin um 12 Prozent. Deutschlands Wirtschaft hingegen tat dies im gleichen Zeitraum nicht. Jenseits des Atlantiks hatte lange Zeit noch der Eindruck überdauert, Deutschland sei von Wohlstand, guten Autos und innerer Ordnung geprägt.

Mittlerweile stellen Beobachter fest, dass es das Deutschland, das man zu kennen meinte, nicht mehr gebe. Das „Wall Street Journal“ sieht in der Entwicklung in Deutschland ein „Symptom zunehmender politischer Instabilität in Europa“. Dies sei umso irritierender, als es sich dabei um das „noch zu Beginn der Jahrtausendwende stabilste Land in ganz Europa“ gehandelt habe.

Die politische Krise folge einer wirtschaftlichen Krise, die sich bereits Jahre zuvor eingestellt habe. Das Blatt verweist auf eine Warnung der Bundesbank. Diese befürchtet ein weiteres Jahr der Stagnation – das dann Dritte in Folge. Deutschland könne dies in besonderer Weise treffen, da die Exportwirtschaft mit wachsenden Handelsbarrieren konfrontiert sei:

„Wenn dann auch noch der designierte Präsident Donald Trump seine Drohungen wahr macht und hohe Einfuhrzölle auf europäische und chinesische Importwaren verhängt, könnte die deutsche Wirtschaft sogar noch drastischer abstürzen.“

Industrie vermisst das Licht am Ende des Tunnels

Bei „Barron’s“ findet Erwähnung, dass der ifo-Geschäftsklimaindex im Dezember mit 84,7 Punkten den niedrigsten Wert seit dem Corona-Jahr 2020 ausweist. Für diesen hatte das Institut etwa 9.000 Unternehmen befragt. Der Chef des Forschungsinstituts, Clemens Fuest, spricht von einer „chronisch“ gewordenen Schwäche der deutschen Wirtschaft.

Die Stimmung in der Wirtschaft verschlechtere sich durch fast alle zentralen Segmente. Im verarbeitenden Gewerbe seien die Unternehmen mit der aktuellen Lage „weniger zufrieden“ und mit Blick auf die Zukunft „deutlich pessimistischer“. Auftragseingänge seien rückläufig, Produktionskürzungen seien angekündigt, aber auch im Handel trübe sich die Stimmung ein. Es fehle der Industrie nach Jahren der Krise das „Licht am Ende des Tunnels“, erklärte KfW-Analyst Philipp Scheuermayer.

Andere Analysten verweisen auf die hohen Energiekosten, die durch den Ukrainekrieg, aber auch durch den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle explodiert seien. Die Regierung habe sich mit Investitionen zurückgehalten, gleichzeitig seien auch vergiftete Debatten über Migration und die Stärkung der politischen Ränder wenig geeignet, benötigte Fachkräfte anzulocken.

„Langsamer, stark verzögerter Niedergang“

Noch deutlich finsterer ist der Grundton bei „Bloomberg“. Dort ist sogar von einem „Point of no return“ die Rede, von dem an Deutschland keine Chance mehr auf eine Trendwende habe. Dass die Lage so prekär sei, sei zudem kein Geheimnis:

„Wirtschaftsführer wissen es, die Menschen im Land wissen es, aber Politiker finden keine Antwort.“

Nach fünf Jahren der Stagnation sei das Bruttoinlandsprodukt um fünf Prozent geringer, als es wäre, hätte sich die Wachstumsdynamik der Jahre vor Corona fortgesetzt. Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit mache jeden Haushalt um etwa 2.500 Euro im Jahr ärmer.

Was „Bloomberg“ in besonderer Weise umtreibt, ist die Einschätzung der Strategieberaterin Amy Webb vom „Future Today Institute“. Sie bezeichnet es als „das so absolut und abgrundtief Erschreckende“, dass Deutschland nicht einmal über Nacht zusammenbreche.

„Es ist ein sehr langsamer, sehr stark verzögerter Niedergang. Nicht der eines Unternehmens, nicht der einer Stadt, sondern der eines gesamten Landes – und Europa wird mit nach unten gezogen.“

Am Ende sinke stetig der Lebensstandard jedes Einzelnen.

Geringste Schuldenquote der G7 als Chance für Deutschland

Deutschland verliere an energieintensiver Produktion, und auch die Exporte gingen trotz wachsender Auslandsmärkte zurück, während die Unternehmen weniger im Inland investierten. Die Betroffenen suchten nach einem Schuldigen dafür, dass es ihnen trotz Arbeit immer schlechter ginge. Zukunftspessimismus trage zu sinkenden Geburtenraten bei, während die sozialen Spannungen dringend benötigte ausländische Talente vertreibe.

Der giftige Cocktail aus Vorsicht und Ressentiments greife in weiterer Folge auf ganz Europa über. Es sei nicht davon auszugehen, dass die bitter gespaltene und polarisierte Wählerschaft der künftigen Regierung ein kraftvolles Mandat erteilen werde. Die Ränder würden gestärkt, und selbst, wenn der favorisierte Friedrich Merz versuchen sollte, Reformen durchzusetzen, würde er mit weiter links stehenden Parteien regieren müssen, die diese ausbremsten.

Die „Wirtschaftsweise” Veronika Grimm äußerte gegenüber der Plattform, Deutschland könne einzig eine so tiefgreifende Veränderung helfen, wie sie Gerhard Schröder mit der „Agenda 2010“ geschaffen hätte. „Bloomberg Economics“ schätzt die Kosten für Maßnahmen, die Deutschlands Wirtschaft wieder in Gang bringen könnten, auf 160 Milliarden Euro – etwa ein Prozent des BIP. Immerhin habe das Land gegenüber dem Rest der G7 einen wesentlichen Vorteil: die geringste Schuldenquote innerhalb der Staatengruppe.



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