Deutsche Wirtschaft sieht große Chancen bei Industrie 4.0
Das Vorantreiben der vernetzten Produktion – der sogenannten Industrie 4.0 – werde bis 2018 in Deutschland zu 10 000 zusätzlichen hochqualifizierten Arbeitsplätzen führen, sagte der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Reinhold Festge. Gesucht würden Informatik-Ingenieure, Software-Designer sowie Automatisierungstechniker. Aktuell gebe es etwa 2000 freie Stellen.
Auch die Elektroindustrie teilt diese Ansicht und wirbt für eine stärkere Vernetzung von Produktionsabläufen. Die zunehmende Digitalisierung sei unumkehrbar, sagte der Chef des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektroindustrie (ZVEI), Michael Ziesemer.
Dass dies auch Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation habe, sei klar: „Die Anforderungsprofile werden sich ändern.“ Künftig werde es weniger einfache Tätigkeiten geben, Mitarbeiter müssten zusätzliche Qualifikationen erlangen. „Neue Berufe brauchen wir aber nicht.“
Die Industrie 4.0 dürfte bis 2025 umgesetzt sein und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken. Der Standort Deutschland drohe aber im Kopf-an-Kopf-Rennen mit den USA und Japan zurückzubleiben. Am meisten dürften die Bereiche Automobil- und Maschinenbau, Elektrotechnik und Logistik profitieren, ergab eine Branchenumfrage unter 1300 Mitgliedsunternehmen. Als Risiken werden neben der IT-Sicherheit fehlende Normen und Standards gesehen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hob seine Konjunkturprognose deutlich an. Er rechnet im laufenden Jahr nun mit einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent. „Der niedrige Ölpreis, der günstige Wechselkurs und der starke private Konsum treiben die Konjunktur an“, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo.
Die guten Lohnabschlüsse sorgten für eine ordentliche Kaufkraft, und es gebe einen stabilen Zuwachs beim Auftragseingang. Auch innerhalb Europas festige sich die Erholung dank niedriger Zinsen, so Grillo.
Zuletzt hatte der BDI ein Wachstum von rund 1,5 Prozent erwartet. Ende März hatten auch die fünf „Wirtschaftsweisen“ ihre Prognose für 2015 auf 1,8 Prozent angehoben. Der BDI rief die Bundesregierung auf, den konjunkturellen Rückenwind für Strukturreformen zu nutzen. Nötig seien Ent- statt Belastungen der Industrie und mehr Investitionen, unter anderem in die digitale Infrastruktur. Statt nur auf Schuldenabbau zu schielen, müsse die öffentliche Hand Überschüsse im Haushalt für Investitionen nutzen, die die Wirtschaft ankurbelten.
Damit Europa beim Ausbau der Industrie 4.0 nicht gegenüber den USA ins Hintertreffen gerät, will sich die EU für einheitliche Normen und Standards stark machen. Nationale Regulierungen und Alleingänge führten oft noch zu kleinteiligen Märkten und Barrieren, sagte EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska. Die EU wolle Betrieben helfen, die digitalisierte und vernetzte Produktion voranzutreiben. Auch wenn die deutsche Industrie gut aufgestellt sei, gebe es derzeit europaweit einen Modernisierungs- und Investitionsstau.
Laut einer Umfrage des IT-Verbands Bitkom sieht die deutsche Wirtschaft ein großes Potenzial in vernetzten und intelligenten Produktionsabläufen. Drei Viertel aller befragten Unternehmen erwarteten von „smarten“ Produktionsanlagen einen wesentlichen Beitrag zum künftigen Florieren der deutschen Wirtschaft, sagte Bitkom-Präsidiumsmitglied Winfried Holz auf der Messe.
Gleichzeitig hielten 80 Prozent der Befragten die eigene Branche aber noch für zu zögerlich bei Industrie 4.0. Für jedes siebte Unternehmen ist die intelligente Produktion kein Thema. Haupthemmnisse seien hohe Investitionskosten, der Fachkräftemangel und die Datensicherheit.
Am schnellsten Einzug in die Produktionshallen finden wird die Industrie 4.0 laut der Bitkom-Umfrage über „soziale Maschinen“. Diese informieren etwa, wenn sie eine Wartung benötigen – und wissen auch, wer im Dienst ist oder Urlaub hat. 28 Prozent der Firmen haben schon solche Maschinen.
(dpa)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion