Deutsche Bahn: Rund 1,2 Milliarden Euro Verlust bei 1,2 Milliarden Fahrgästen
Die Deutsche Bahn (DB) hat im ersten Halbjahr 2024 einen Verlust von 1,231 Milliarden Euro gemacht. Das geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Halbjahresbericht des Konzerns hervor. Der Umsatz lag demnach bei 22,31 Milliarden Euro und damit unter dem Umsatz im ersten Halbjahr 2023 mit 23,0 Milliarden Euro.
Die Profite der Logistik-Tochter DB Schenker hätten die Verluste im Kerngeschäft der Bahn nur teilweise ausgleichen können, so der Konzern.
Fast 1,2 Milliarden Fahrgäste nutzten in den ersten sechs Monaten die Züge der DB. Davon waren 64,2 Millionen Menschen mit Fernverkehrszüge der DB unterwegs – rund sechs Prozent weniger als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres.
Die Pünktlichkeitsquote betrug im ersten Halbjahr im Fernverkehr 62,7 Prozent, im gesamten Schienenpersonenverkehr des Konzerns bei 90,1 Prozent. Pünktlich ist laut Definition der Bahn ein Zug, der mit weniger als sechs Minuten Verspätung im Bahnhof eintrifft.
Baustellen, Wetter, Streiks
DB-Chef Richard Lutz erklärte, die Fußballeuropameisterschaft habe „wie unter dem Brennglas“ ins öffentliche Bewusstsein gerückt, wie hoch die Nachfrage nach klimafreundlicher Mobilität und wie groß gleichzeitig der Handlungsbedarf bei der Schieneninfrastruktur sei.
Die Nachfrage sei im ersten Halbjahr „intakt“ gewesen; im Juni habe die Bahn im Fernverkehr wieder ein deutliches Umsatzplus verzeichnet.
Die Schieneninfrastruktur aber sei „überaltert und störanfällig“. Zudem seien im ersten Halbjahr „so häufig wie noch nie“ Extremwetterereignisse aufgetreten, erklärte Lutz. Im ersten Quartal hätten außerdem die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL die DB „wirtschaftlich deutlich getroffen“.
Sie hätten sich auch negativ auf die Nachfrage im Güterverkehr ausgewirkt, „wo die betroffenen Unternehmen auf eine verlässliche und klimafreundliche Logistik angewiesen sind“. Die DB beförderte im ersten Halbjahr 92,9 Millionen Tonnen Güter, deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum mit 103,5 Millionen Tonnen.
Hohe Investitionen, Umsatz-Prognose leicht gesenkt
Für das Gesamtjahr 2024 hält der DB-Konzern grundsätzlich an seinem Ausblick vom März fest, mit „kleineren Anpassungen“ nach unten.
Die Investitionen in die Infrastruktur sollen 2024 auf einem „sehr hohen Niveau“ weiter steigen: die Brutto-Investitionen für das Gesamtjahr auf ungefähr 21 Milliarden Euro und die Netto-Investitionen unter Einbeziehung der Eigenkapitalerhöhung des Bundes auf rund elf Milliarden Euro.
Die Umsatz-Prognose wurde mit rund 45 Milliarden Euro leicht abgesenkt auf das Niveau des Vorjahres. Für das Gesamtjahr 2024 will der DB-Konzern einen operativen Gewinn (Ebit bereinigt) in Höhe von etwa einer Milliarde Euro erwirtschaften.
Kritik flammt auf
Angesichts der Bilanz übte der Fahrgastverband Pro Bahn scharfe Kritik an der Politik. Verbandschef Detlef Neuß sagte der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe): „Die Politik muss das System Bahn endlich ordentlich finanzieren. Wir kommen nicht zurecht ohne deutlich mehr Geld für die Bahn.“
Neuß ergänzte, wer eine funktionierende Bahn wie in der Schweiz wolle, könne dies nicht mit unzureichenden Mitteln erreichen. Mit Blick auf die Sanierung des Konzerns sagte Neuß: „Bahnchef Lutz ist nicht das Problem. Ich bin schon der Meinung, dass er das kann.“ Die Politik müsse handeln. „Man schickt auch niemanden zum Einkaufen, ohne ihm Geld mitzugeben.“
Neuß zeigte Verständnis für Überlegungen des Konzerns, wegen des Deutschlandtickets und wachsender Verluste Strecken auszudünnen. „Es gibt Strecken, da fährt der ICE nicht schneller als der Regionalexpress. Da fahren die Leute selbstverständlich mit dem Deutschlandticket als teuer im ICE“, so der Verbandschef. Außerdem handele es sich dabei schon immer um „problematische Strecken“ für die Bahn.
Auch Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, richtete Forderungen an die Politik: „Mit den heute vorgelegten Halbjahreszahlen der Deutschen Bahn wird einmal mehr deutlich, die Deutsche Bahn ist in keiner guten Verfassung. Leidtragende sind die Reisenden. Unpünktlichkeit, Zugausfälle und mangelhafter Service machen das Bahnfahren viel zu wenig attraktiv.“
Die politisch Verantwortlichen müssten „endlich gegensteuern“. Die Verbesserung der Reisequalität und der Kundenzufriedenheit müsse höchste Priorität haben. „Diese Kriterien sollten auch in die Berechnung der Boni des Bahnmanagements einfließen.“
Die Zufriedenheit der Verbraucher und die Qualität der Angebote müssten „unabhängig und nach wissenschaftlichen Kriterien“ gemessen werden. „Ein Qualitätsmonitor würde Mängel und auch Fortschritte sichtbar machen. Neutrale Kennzahlen würden auch der Politik eine bessere Entscheidungsgrundlage bieten, um das Unternehmen aus der Misere zu führen“, so Pop. (afp/dts/red)
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